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Circus Harlekin - Tour 2017
www.circusharlekin.ch ; 120 Showfotos

Steffisburg, 24. März 2017: Die Erfüllung eines Lebenstraums feiert in dieser Saison ihren 25. Jahrestag. Denn am 1. Mai 1993 hatte der Circus Harlekin von Monika Aegerter und Pedro Pichler seine Weltpremiere in Thierachern bei Thun. Anfangs sollte das Unternehmen für einen begrenzten Zeitraum vor allem Feriengäste erfreuen. Schnell wurde es jedoch selbstverständlich, dass der Harlekin sechs Monate im Jahr vorwiegend durchs Berner Oberland und das Wallis reist. Die heimische Bevölkerung ist zum treuen Stammpublikum geworden.

Zwischen Saisonpremiere und -schluss, die jeweils in Thun stattfinden, bringt der Circus Harlekin „Ambiance und Qualität“ auch in kleine und kleinste Dörfer. Mit seinen liebevoll restaurierten, schmucken Baustellenwagen versprüht er einen besonderen Zauber. Seit dieser Saison gruppieren sie sich um ein fabrikneues, weiß-blaues Chapiteau, das vierte in der Harlekin-Geschichte. Wie bisher hat es einen Durchmesser von 24 Meter. Dafür ist die Kuppel mit neun Metern höher bzw. sind die Masten mit elf Metern länger als zuvor.


Abendstimmung ums neue Chapiteau

Dieses Jubiläumsjahr ist auch für uns ein besonderes, denn in der 10. Saison in Folge haben wir den Harlekin gesehen. Unvergesslich sind die Besuche in Spiez. Dort steht das Unternehmen stets zu Ostern an einem der schönsten Orte der Schweiz, an der Bucht zwischen dem Thunersee und steil aufragenden Bergen. Unvergesslich auch der Besuch im winzigen Örtchen Bätterich, wo gefühlt die Bevölkerung der ganzen Umgebung aus allen Himmelsrichtungen zu ihrem Harlekin eilte. Und unvergesslich natürlich die wunderbaren Programme, die wir hier erleben durften. Wir denken an die großen Truppen beispielsweise aus China 2009, 2010 und 2012, an die Motorradkugel 2013 und an Namen wie das Duo Viro (später bei Roncalli), Suellen Sforzi oder das von Bouglione bekannte Trio Aphelion. Das Verhältnis von kleinem Circuszelt und hoher Qualität macht dieses Unternehmen so besonders. Gleiches gilt für die im besten Sinne volkstümliche Präsentation und die besondere Herzlichkeit und Nähe zum Publikum. Hier werden die Gäste gerne mit Handschlag verabschiedet. Man kennt sich eben.


Duo Lameth, Nicole Pichler, Paola Medina 

Das Programm 2017 beginnt mit einem Lied, gesungen von Direktorin Monika Aegerter. Sie erinnert an den großen Bubentraum ihres Geschäfts- und Manegenpartners Pedro Pichler. Den Traum vom eigenen Circus, der für beide wahr geworden ist. Dazu zeigen die Kinder der engagierten Artisten, was sie bereits gelernt haben – Angelina Lagroni mit Hula Hoops, Paola Medina an den Tüchern und ihr Bruder Marlon an den Strapaten. Live begleitet wird dieses Opening vom sechsköpfigen Harlekin-Orchester. Es pausiert während der Vorstellung nur wenige Male zugunsten von Bandmusik. Heiter geht es weiter mit der Truppe Alexander und ihrer Version der „Alten Kameraden“. Ein Zuschauer darf sich hier am Schleuderbrett versuchen und „zerbricht“ es natürlich. Das Duo Lameth besteht eigentlich aus dem brasilianischen Artisten Eduardo Lamberti, der aus einer Circusfamilie stammt, und seiner ungarischen Ehefrau Nemeth Boglarka. Sie wurde an der Circusschule Budapest ausgebildet und hat vor wenigen Wochen ein Kind bekommen. Daher wird sie aktuell von Tito Medinas Ehefrau Nanou vertreten. Gemeinsam zeigen Eduardo und Nanou anspruchsvolle Haltefiguren. Tito Medina selbst ist natürlich auch im Programm. Er wurde mit seiner Frau aus der Vorsaison prolongiert. Der Komiker bringt in seiner ersten Reprise als „Dompteur“ einen wilden Spielzeug-Löwen zum Salto schlagen. Pedro Pichlers Tochter Nicole ist einer der Fixpunkte aller Harlekin-Shows. Nach einem Sechserzug Friesen im Vorjahr zeigt sie heuer vier prächtige Kamele. Sie kommen wieder vom schwedischen Cirkus Olympia und beherrschen ein umfangreiches Repertoire. Nicole Pichler ruft es mit ihrem eleganten und charmanten Vorführstil ab. Zwei springende Lamas beschließen die Darbietung.


Claudie Bremlov, Lügg, Tito Medina und Eduardo Lamberti 

Von Beginn an bildeten Monika Aegerter und Pedro Pichler in ihrem Circus nicht nur die Direktion. Nein, sie stehen alljährlich auch als Hausclowns „Les Nicas“ in der Manege. Seit einigen Jahren werden sie von Lukas Böss alias „Lügg“ unterstützt. Dieser ist auch als Platzmeister unentbehrlich im Circus Harlekin. Zum Jubiläum hat Monika Aegerter wieder einmal das Kostüm des klassischen Weißclowns gewählt, wie zuletzt beim Jubiläumsprogramm 2012. Und so wird ein traditionelles Musikal-Entree gespielt. Schnell ist ein Zuschauer in eine „Kuh“ verwandelt, die gemolken wird und - als musikalischen Beitrag - ihre umgehängte Glocke klingen lässt. Und Lügg wird flugs „kürzer gemacht“, damit er hinter die niedrige Trommel passt. Das ganze Spektakel ist ein bodenständiger, aber nicht zu derber Spaß. Herzlich gelacht haben wir auch über das Entree „Leitung erstellen“ wenig später, bei dem ein Feuerwehrschlauch mitten durchs Gradin ausgerollt wird. Natürlich müssen die Tribünengäste fleißig mithelfen, diese „Löschkette“ aufzubauen. Claudie Bremlovs Antipodenspiele sind bestens bekannt, u.a. von Universal Renz und Flic Flac. Der Spezialtrick der attraktiven Lady ist weiterhin, wie sie auf ihren Füßen einen Stapel aus vielen Koffern errichtet und wieder abbaut. Als Pausennummer wurde eine schöne Mischung aus Artistik und Humor platziert. Eduardo Lamberti und Tito Medina produzieren sich am Fangstuhl mit Genickhangwirbel und Blindsprung sowie haarsträubenden Gags wie einem Scheinsturz am Gummiband. Ihr Luftapparat wirkt unter dem kompakten Chapiteau geradezu gewaltig.


Duo Lagroni, Eusebiu Alexander junior, Susanne Mani 

An Tito Medina ist es auch, den zweiten Programmteil zu eröffnen. Nunmehr will er auf seiner Posaune „Romantica“ zaubern. Selbstverständlich möchte die strenge Weißclownin Madame Nica alias Monika Aegerter dies unterbinden. Für eine große Überraschung sorgt der 16-jährige Eusebiu Alexander junior. Sein Vater ist Chef der Truppe Alexander. In seiner sehr starken Handstandarbeit baut Eusebiu nicht nur zwei Türme aus Klötzchen auf und wieder ab, während er darauf Handstände drückt. Nein, zum Abschluss gibt es auch noch einen Klötzchen-Abfaller mit einer großen Zahl dieser "Bausteine". Seit 2008 besuchen wir regelmäßig den Harlekin, und ebenso lange ist Susanne Mani bei diesem Circus eine wichtige Stütze. In der Administration, im Barwagen und in der Manege mit ihren jährlich wechselnden und selbst erarbeiteten Haustierdressuren. Für diese Saison hat sie eine gemischte Freiheit mit Pferd, Ponys und Zwergmulis zusammengestellt. Dank Kostüm und passender Musikbegleitung verwandelt sie sich bei ihrem Auftritt in das berühmteste Kindermädchen der Welt, Mary Poppins. Elegante Kleiderwechsel im Sekundentakt zeigen wenig später Claudie Bremlov und ihr Mann Dominik Lagroni in ihrer schönen Quickchange-Darbietung.


Truppe Alexander, Pedro Pichler und Monika Aegerter, Nanou und Tito Medina

Eine zweite Handstanddarbietung, ebenfalls im zweiten Programmteil platziert, zeigt Nanou. Sie stellt Eleganz und Charme in den Vordergrund. Auch diese Nummer erhält eine humorvolle Note, wenn Einblick ins Innenleben des Requisits gewährt wird: Ehemann Tito Medina bewegt die auf- und abfahrenden Handstäbe scheinbar mit Muskelkraft auf und ab. Noch etwas ist in diesem Harlekin-Programm wie bei unserem Erstbesuch 2008: Für die Schlussnummer sorgt die siebenköpfige Truppe Alexander, inzwischen bestens bekannt aus großen Manegen wie dem Heilbronner und Offenburger Weihnachtscircus, dem Cirque d’Hiver Bouglione on Tour oder dem Circus Nock. Auch hier begeistern die mannigfaltigen Sprünge und Salti vom Schleuderbrett bis zum Fünf-Mann-Hoch. Amüsantes Detail am Rande: Nachdem sich ein Artist verletzt hat, springt vorübergehend ein marokkanischer Zeltarbeiter für ihn ein. Im Circus muss man eben alles können.

Ausgiebig zelebriert wird das Finale, wie immer mit einem gemeinsamen Linien-Tanz des Ensembles. Standing Ovations des gesamten Publikums sind der verdiente Lohn für ein gelungenes Jubiläumsprogramm. Es vereint wiederum Humor und Herzlichkeit, artistische Stärke und Publikumsnähe in der typischen Harlekin-Mischung. Hoffen wir, dass dieser Circustraum noch viele Jahre weitergeht.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber