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Circus Belly Wien - Tour 2017
www.bellywien.nl ; 92 Showfotos

Brackenheim, 5. Juni 2017: Einige Jahre lang stand der Circus Belly Wien weit oben auf meiner Circus-Wunschliste. Nun endlich klappte es mit dem Besuch. Nach langem Aufenthalt in Holland und einem kurzen Abstecher nach Irland reist die Familie von Roman Zinnecker nun wieder in der deutschen Heimat. In Brackenheim im Landkreis Heilbronn war der Circus zu bewundern – mit prächtigen, rot lackierten Zugmaschinen, eindrucksvollen Wohnwagen der Familie und traditionellen Tonnendachwagen, die unter anderem die schöne Kasse mit Leuchtschrift beherbergen.

Die Pferde verfügen über großzügige Boxen-Stallungen in umgebauten, aufklappbaren Containern plus Außengehege. In einem großen Paddock grast die stattliche Kamelherde, und die drei Elefanten von Franz Renz sind im Stallzelt mit Außenpaddock untergebracht. Blau-gelb ist die einheitliche Farbgebung von Wagenpark und Chapiteau. Im Inneren des Spielzeltes gruppieren sich Logenreihen und Schalensitzgradin um die Manege. Ein samtroter Vorhang bildet den Artisteneingang.


Evgeny und Nikita Boutorine, Mandy Zinnecker, Nadja Scholl 

Gekonnt singend eröffnet Nadja Scholl das Programm mit „Life is a cabaret“, Direktor Roman Zinnecker begrüßt das Publikum. Das Drahtseil für den Auftritt von Mandy Zinnecker ist bereits durch die Manege gespannt. Sie präsentiert Tanzschritte im Latin-Rhythmus und Figuren bis hin zum Spagat. Engagiert wurden die Clowns Boutique alias Evgeni und Svetlana Boutorine mit ihrem 21-jährigen Sohn Nikita. Im ersten ihrer durchweg sympathischen und originell gestalteten Auftritte probieren Vater und Sohn sich im Hüte fangen und kombinieren dies mit Tanz und Jonglagen.


Marlon und Roman Zinnecker
 

Die besondere Stärke des Circus Belly Wien sind die exzellenten Tierdressuren. Roman Zinnecker macht den Auftakt und präsentiert ruhig und mit gewinnendem Lächeln einen Viererzug Kamele. Nach Lauffiguren in exakter Formation liegen die Tiere bereitwillig ab, nur von sparsamen Gesten angeleitet. Kein Assistent muss nachhelfen. Leider frei von Ausstrahlung ist dagegen der irische Artist Daragh Merritt, der mit seiner starken Schminke einen eher düsteren, geheimnisvollen Typ verkörpern möchte. Mit solidem Können lässt er die Hula Hoop-Reifen kreisen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Nach diesem Motto zeigt der 30-jährige Direktionssohn Marlon Zinnecker, dass er ebenfalls ein hervorragender Tierlehrer ist. Mit leichter Hand und voller Schwung stellt er seine Tierdarbietungen vor, zunächst ein doppeltes Groß und Klein. Unter anderem werden mehrere Tricks, bei denen die Ponys unter den Pferden hindurchlaufen, vollkommen flüssig aneinandergereiht.


Aron und Marlon Zinnecker 

Sein zehn Jahre jüngerer Bruder Aron hat sich der Jonglage verschrieben. Jeweils fünf Bälle und Keulen, sieben Ringe und zum Abschluss drei Fackeln sind die Requisiten seiner versierten Arbeit. Heiter geht es weiter, wenn Evgeny Boutorine seiner Frau Svetlana einen Streich spielen möchte. Natürlich ist er selbst es, der sich am Ende auf ein rohes Ei setzt und dieses mit dem Hosenboden zerdrückt. Für einen idealen Abschluss des ersten Programmteils sorgt dann Marlon Zinnecker mit den drei mächtigen asiatischen Elefantenkühen. Laufarbeit, Abliegen und Hochsitzer sind Elemente dieser Tiernummer.


Marlon Zinnecker 

Und auch nach der Pause gehört die Manege Marlon Zinnecker. Nun zeigt er seine fulminante Freiheitsdressur mit acht herrlichen Friesen und äußerst anspruchsvollen Lauffiguren. Aus dem normalen Gegenlauf gehen die Tiere nahtlos in den gegenläufigen Fächer über, voltieren dann in der Vierergruppe und wiederholen beides noch einmal. Darauf folgt nahtlos wieder der klassische Gegenlauf – Respekt. Mit einem Potpourri feuriger Araber-Steiger in unterschiedlichsten Varianten beschließt Marlon Zinnecker seinen Auftritt.


Mandy Zinnecker, Nikita Boutorine, Daragh Merritt

Zwei weitere schön gespielte Szenen der Clowns Boutique rahmen den Auftritt von Mandy Zinnecker am Luftnetz ein. Temperament- und gefahrvoll sind ihre Flugpassagen in großer Höhe, gewagt die Abfaller. Technisch hervorragend ist das Können von Daragh Merritt als Kontorsionist, doch auch hier agiert er gewollt düster, in sich gekehrt, zurückhaltend. Schade. Das glatte Gegenteil verkörpert Nikita Boutorine. Der junge Mann mit der Elvis-Tolle ist ein gut gelaunter Wirbelwind, ein echter Entertainer, der offensiv den Kontakt zum Publikum sucht und findet. Mit seinen rasanten Balancen auf der freistehenden Leiter, selbstredend zu Rock’n’Roll-Musik, findet das Programm seinen Abschluss. Es ist mit modernem LED-Licht und schwungvoller Musik vom Band in Szene gesetzt. Noch einmal gibt Nadja Scholl zur Einleitung des Finales eine Kostprobe ihres gesanglichen Könnens. Ihre Tüchernummer dagegen pausiert an diesem Tag. So wie diese Programmbesprechung überhaupt nur eine Momentaufnahme sein kann. Kurze Zeit nach dem Besuch in Brackenheim zeigte der Circus Belly Wien exklusiv in Krefeld ein artistisch verstärktes Programm mit den vom „Supertalent“ bekannten Gebrüdern Scholl auf dem Trampolin, den Antipodenspielen von Marilyn Zinnecker, Kimberly und Talina Scholl als „Duo Silverstars“ am Ringtrapez sowie Alfred Scholl an den Strapaten. Dafür wurde auf die Elefantennummer verzichtet. Inzwischen hat der Circus sein Engagement im Wunderland Kalkar angetreten, wo täglich Kurzvorstellungen für die Freizeitparkbesucher präsentiert werden.

Insgesamt war es ein äußerst lohnenswerter Erstbesuch im Circus Belly Wien, der mit seinem eindrucksvollen rollenden Material, einem schönen traditionellen Programm und besonders den Dressurnummern überzeugen konnte. So wird eine Wiederholung hoffentlich bald folgen.

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Text und Fotos: Markus Moll