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Circus Nock - Tour 2016
www.nock.ch ; 112 Showfotos

Aarau, 19. März 2016: Häufig wirken Programm-Mottos im Circus wie reiner Zufall. Doch mit der Beschreibung „Ritmo y Pásion“ trifft der Circus Nock in dieser Saison den Nagel auf den Kopf. Und das nicht nur, weil uns eine spanische Flamenco-Tanzgruppe mit „Rhythmus und Leidenschaft“ durchs Programm begleitet. Nein, für Rhythmus sorgen auch wiederum die hervorragende Livemusik des Orchesters von Tadeusz Król sowie der flüssige Ablauf der Show. Und die Leidenschaft fürs Circusmachen ist in jeder Minute spürbar.

Nach dem Vorjahr präsentiert der Circus Nock abermals ein neues Logo und Plakatdesign – und diesmal ein besonders gelungenes. Frisch und modern, aber zugleich nach echtem, traditionellem Circus sieht es aus. Auch das Personal im Restaurationszelt trägt einheitliche schwarze Poloshirts, die mit dem neuen Logo bestickt wurden. Und die Büffetwagen erstrahlen in frisch lackiertem Rot. Geleitet wird die Circus-Gastronomie von Alexandra Nock.


Flabaret, Moustache Brothers

Die Show, wiederum gestaltet von Franziska Nock und Alejandro Milla, beginnt mit einem Charivari aller Artisten. Bruno Fratani, der jüngere der beiden „Moustache Brothers“, singt live dazu. Dann wird es zum ersten Mal tierisch. Die hauseigenen Exoten zeigt in dieser Saison Paolo Finardi. Jeweils zwei Kamele, Lamas und Esel präsentiert er. Schon in der zweiten Stadt der noch jungen Tournee sitzt das Repertoire perfekt und wird mit viel Applaus bedacht. In Sachen Clownerie haben Gaston und Roli nach fünf Saisons im Circus Nock große Fußspuren hinterlassen. Ersetzen kann die Erzkomödianten wohl niemand, aber doch ist eine gute Nachfolgelösung gelungen. Die beiden „Moustache Brothers“, die bereits im vergangenen Jahr als Kaskadeure und mit einer komischen Einlage im Programm waren, haben ihre Präsenz ausgebaut. Nun sind Bruno Fratani und Nelson Cavalcante auch als Clowns zu erleben. In ihrem ersten Auftritt blödeln sie sich als Arzt und Patient durch eine Praxis mit recht eigenwilligen Heilmethoden. Sie gefallen mit Spielfreude, sympathischem Auftreten und eigenständigen Ideen. Als vollwertige Nummer ist der erste Auftritt des vierköpfigen Flamenco-Balletts "Flabaret" aus Spanien angelegt. Drei Damen und ein Herr sitzen zunächst rings um einen Tisch und trommeln mit den Handflächen auf der Tischplatte. Dann wird auf dem Tisch getanzt. Geräuschvoll klackern die Absätze auf dem Holz, elegant werden die Fächer bewegt. Das hochklassige Tanzen, stolz und schön, fügt sich gut in dieses Programm ein.


Alexandra Nock, Moustache Brothers, Duo Romance 

Neu zusammengestellt hat Franziska Nock ihren Sechserzug in Groß und Klein mit jeweils zwei schwarzen und zwei weißen Pferden sowie zwei Ponys. Am Ende stehen die Friesen mit den Vorderfüßen auf den Manegenkästen, während sich Andalusier und Shetlandponys zu einem Karussell en miniature formieren. Die Ponys laufen dabei unter den Friesen hindurch. Nicht fehlen dürfen die traditionellen Steiger zum Abschluss der Freiheitsdressur. Auch die Moustache Brothers haben ihren großen Auftritt, die Kaskadeurnummer, neu gestaltet. Anstatt mit weißem Hemd, Fliege und Weste treten sie nun in neuen Outfits in Pastelltönen auf. Zu ihren komisch-artistischen Einlagen werden Popsongs wie „Happy“ in Bewegung umgesetzt. Das Programm läuft nun schon eine ganze Weile, als nach Dressuren, Tanz und Komik die erste rein artistische Darbietung folgt. Mit dem Duo Romance hat der Circus Nock einen hervorragenden Griff gemacht. Adelina Maria Boldojar und ihr Mann Alex Bogdi vom rumänischen Circul Globus waren zwar bereits bei Roncallis „Salto Vitale“ zu sehen, sind ansonsten in unseren Breitengraden aber noch eher unbekannt. Zu Unrecht, denn ihre Strapatenkür vereint auf wunderbare Weise Sinnlichkeit mit Risiko.


Duo Romance, Paolo Finardi mit Tänzerin, Costin Bellou 

„Let me entertain you“, spielt das Orchester beim Auftritt von Costin Bellou. Das muss man diesem Muster-Artisten nicht zweimal sagen. Auf dem Trampolin kombiniert er artistisches Können mit Ausstrahlung und Unterhaltungswert und sorgt damit für eine mitreißende Pausennummer. Den zweiten Programmteil eröffnet wiederum das Duo Romance, nunmehr am Chinesischen Mast. Wenn Alex den Mast erklimmt, dienen seine Unterarme der Partnerin als „Stufen“. So geht es gemeinsam hinauf. Die meiste Zeit gemeinsam, aber auch im Wechsel wird das anspruchsvolle Repertoire gezeigt. Am Ende drückt Alex Bogdi eine Flagge am Mast, während seine Partnerin auf seinem Oberkörper steht. Allerdings wird dieser Schlusstrick in der besuchten Vorstellung nur ganz kurz gehalten. Mit ihrem komischen Stierkampf leiten die Moustache-Brothers nach Spanien über. In seinem zweiten großen Auftritt umrahmt das spanische Ballett die Hohe Schule, die von Franziska Nock und Paolo Finardi geritten wird. Wenn Mensch und Pferd gemeinsam in der Manege tanzen, entstehen wunderschöne Bilder. Gleichermaßen wird die Präsenz des Balletts mit zwei größeren Sequenzen und zusätzlichen Kurzauftritten auch nicht überstrapaziert – Bravo!


The Robles, Duo Serjo 

Noch einmal wird es heiter, wenn Costin Bellou mithilfe von „Freiwilligen“ das Box-Entree zelebriert. Viele eigenständige Ideen und große Spielfreude machen dies zu einem großen Vergnügen. Nicht mehr viel sagen muss man wohl zum Duo Serjo, denn dieses Duo war in den vergangenen Jahren mit seiner exzellenten Hand-auf-Hand-Arbeit in nahezu allen großen Manegen zu erleben. Nun bereichern die beiden Artisten das Programm des Circus Nock. Mit einer Reprise im Wortsinn nehmen die Moustache Brothers das Thema „Partnerakrobatik“ im Anschluss nochmals auf. Was dann folgt, ist ein einmaliger Höhe- und Schlusspunkt der Show. Über zwei Schrägseile geht es für „The Robles“ aufs Hochseil. Sprünge über einen und zwei auf dem Seil kauernde Partner, Bock- und Seilspringen sowie ein Zwei-Mann-Hoch mit Unterfrau werden präsentiert. Als Schlusstrick bestens geeignet wäre schon die Dreierpyramide auf zwei Fahrrädern und einem Stuhl. Doch den Abschluss bildet die legendäre Siebener-Pyramide – vollkommen ungesichert, ohne Netz, ohne Longen, ohne Luftkissen. Und dies nicht für den begrenzten Zeitraum eines Festivals oder einer Weihnachtsproduktion, sondern während einer acht Monate währenden Tournee. Wahnsinn!

Elegante Atmosphäre, straffer Ablauf, hervorragende Musik, ebensolches Licht und ein starkes Programm – die Familie Nock bleibt sich auch in dieser Saison treu, mit Rhythmus, Leidenschaft und echtem Circus.  Die Besucher im sehr gut besetzten Chapiteau danken es mit tosendem Beifall.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber