Zum ersten Mal wird auch auf die
Manegenkästen rund um die kreisrunde Spielfläche verzichtet.
Dies soll zu einem noch direkteren Kontakt zwischen Künstlern
und Publikum führen, sozusagen Barrieren abbauen. Tatsächlich
sitzt man in der ersten Reihe praktisch mitten im Geschehen. Und
noch etwas ist neu: Erstmals steht kein Vertreter der Familie
Monti in der Manege – abgesehen von der persönlichen
Verabschiedung durch Direktor Johannes Muntwyler im Finale.
Dieser hat in den vergangenen zwei Jahren immer wieder betont, dass
man auf den kürzeren Tourneen eher noch größeren Aufwand als
bisher für die Shows betreiben werde. Und tatsächlich wurde ein
besonders üppiges Bühnenbild geschaffen, das eine urbane
Häuserkulisse zeigt. Das sechsköpfige, hervorragend aufspielende
Orchester sitzt vor einem Garagentor, das sich pünktlich zum
Showbeginn öffnet.
Artem Halai, Opening,
Ezra Weil
Das Opening zeigt, wie könnte es
anders sein, das Ensemble in einer hektischen
Großstadt-Szenerie. Neuankömmling ist hier Urana Marchesini
(Italien), die
als clownseke Figur Giulietta einen roten Faden durch das
Programm spinnt – sie sucht „Downtown Monti“ Anschluss und
Freunde und gelangt dabei von einem Abenteuer zum nächsten.
Zunächst beobachtet sie Ezra Weil (USA) bei seiner Arbeit am
Vertikalseil. Diese erhält besonderen Pfiff durch den Hut, den
er dabei mit sich führt. Mal auf dem Kopf, mal auf
dem Fuß „geparkt“, wird die Kopfbedeckung ständig ins Geschehen
eingebunden. Und auch ins Vertikalseil verknotet, um freie Hand
zu haben. Jongleur Artem Halai (Ukraine) beeindruckt drei Mädels
aus dem Monti-Ensemble mit seinen Kombinationen aus Breakdance
und äußerst gekonnten Balljonglagen. Bis zu sieben von ihnen
hält er in der Luft. Kein Wunder, dass die Damen anschließend
ein „Selfie“ mit ihm machen wollen. Beide Darbietungen werden
heftig beklatscht.
Mélodie Lamoureux, Edoardo
Mirabella, Lindsay Culbert-Ods und Kia Eastma
Mélodie Lamoureux (Kanada) lässt
auf charmante Weise die Hula Hoop-Reifen kreisen. Dieses Thema
nimmt auf komische Weise „Stadtstreicher“ Edoardo Mirabello
(Italien) wieder auf, wenn er einen großen Gummireifen um seine
Hüften rotieren lässt – und dies sogar, während er auf zwei
übereinander gestapelten Metallfässern balanciert. Diese
Kombination aus Comedy und Geschicklichkeit wird vom Publikum
begeistert aufgenommen. Nachdem Lindsay Culbert-Ods und Kia
Eastman (beide USA) beim Graffiti sprühen erwischt werden,
treten sie die „Flucht“ ans Trapez an. Dort überzeugen sie mit
ihrer Kombination aus schwierigen Haltefiguren und einem
gekonnten Salto. Die Pausennummer ist dann das, was man eine
kreative Weiterentwicklung des „Spaghetti-Finales“ bezeichnen
könnte: Edoardo Mirabella will eigentlich seine Angebetete
Giulietta zum
Pasta-Plausch empfangen. Doch immer wieder klingelt es an der
Tür, und weitere Gäste kommen hinzu. Und so wirft Mirabella
immer mehr Pasta in den Topf, der sich auf wundersame Weise noch
vergrößert. Und der Holztisch wird schlussendlich ums Dreifache
zur großen Tafel ausgezogen, an der das gesamte Ensemble Platz
findet und gemeinsam feiert. Noch weitere gelungene, dann aber
kürzere Ensembleszenen sind in das Programm eingeflochten.
Robin Leo und
Jean-Baptiste, David Ayotte, Antonio Vargas Montiel
David Ayotte (Kanada) erklimmt
zu Beginn des zweiten Programmteils immer wieder wieselflink den Chinesischen Mast, um sich dann das
Requisit hinunterstürzen – gleich einer „Sisyphos-Aufgabe“ immer
nur unter „Zwang“ dreier Beobachter. Antonio Vargas Montiel
(Spanien)
kombiniert in seiner ausdrucksstarken Arbeit
Handstand-Equilibristik auf einem Stuhl mit einem traditionellen
Flamenco-Tanz. Zu einem Markenzeichen des Cirque Nouveau ist in
den vergangen Jahren das Cyrrad geworden – kaum eine Produktion
kommt mehr ohne dieses Requisit aus. Robin Leo (Belgien) und
Jean-Baptiste (Frankreich) gewinnen dem Requisit immerhin ganz
neue Seiten ab, indem sie es im Doppelpack zu wilden Touren über
die Monti-Bühne nutzen. Und Clownin Giulietta, zu Beginn der
Show noch der „Neuankömmling“ beweist bei einer Fahrt zu dritt,
dass sie nun richtig zum Artistenvolk gehört.
Finale
Für einen starken und
schwungvollen Abschluss des Programms sorgen Hélène Leblanc,
Alexandra Saint-Jacques und Samuel Aubert (Kanada) aus dem Hause „Spicy
Circus“ mit ihren Salti und Sprüngen auf dem Trampolin mit
Hauskulisse. Riesenjubel ist der Lohn. |