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Circque d'Hiver Bouglione on Tour 2016
www.cirquedhiver.com ; 126 Showfotos

Strasbourg, 26. Dezember 2016: Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Nach 35 Jahren Pause ist der Cirque d‘Hiver Bouglione wieder mit einem Reisegeschäft auf Tournee. Und das bereits seit mehr als einem Jahr, nun schon mit der zweiten Produktion. Ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Im März soll die aktuelle Show „Festif“ durch ein neues Programm ersetzt werden. Über die Weihnachtszeit gastierte das Unternehmen wiederum in der Grenzstadt Strasbourg, perfekt erreichbar auch für deutsche Circusfreunde. Wobei sich für dieses Unternehmen auch eine weitaus längere Anreise lohnen würde.

Der Anblick lässt das Herz jedes Circusfreundes höher schlagen: Einen ganz neuen Groß-Circus haben die Bougliones im Oktober 2015 wie aus dem Nichts erschaffen. Mit schneeweißen Zeltanlagen, einem mehr als imposanten Fuhrpark, einem edel und komfortabel ausgestatten Chapiteau. Es bringt viel vom Glanz des herrlichen Pariser Circusgebäudes in andere Städte Frankreichs. Nachdem immer mehr große und bekannte Circusse ihren Reisebetrieb eingestellt haben, tut diese Entwicklung besonders gut.


Truppe Donnert, Don Christian, Natalia Egorova-Bouglione 

Untypisch für Bouglione beginnt das Programm mit einer Clownreprise: Abendregisseur Stéphane Danetto spielt ein besonderes „Hütchenspiel“, bei dem Clown Don Christian immer unter einem anderen Eimer auftaucht. Erst dann folgen die Ouvertüre und ein erster, eleganter Auftritt der fünf bildhübschen Salto Dancers. Die nicht minder attraktive Mme Loyale Arta Sosnowski-Danetto begrüßt das hochverehrte Publikum. Die Manege gehört nun der Truppe Donnert mit ihrer herrlichen Jockeyreiterei im traditionellen, folkloristischen Stil. Anspruchsvollste Tricks wie der Rückwärtssalto von Pferd zu Pferd gehören zum Repertoire. Wieder unterhält uns Don Christian. Diesmal bläst er einen kleinen Luftballon auf wundersame Weise zu einem Riesenballon auf. Daran hängend schwebt er letztlich in einigen Metern Höhe durch die Circuskuppel. Don Christian spielt stets mit vollem Einsatz und ist ein im besten Sinne „bodenständiger“ Clown. Kein Spaßmacher der leisen Töne, sondern ein Entertainer mit leicht verständlichen Geschichten. Für „Festif“ hat er im Vergleich zum Vorjahr durchweg neue Szenen im Gepäck. Darunter ist seine Variante des „Orchesters“, die er mit eigenen Ideen umsetzt. Bestens bekannt ist dagegen Natalia Egorova-Bougliones Strapaten-Arbeit, die Kraft, Charme und Eleganz auf ideale Weise vereint.


Gianni d'Ambrosio, Flying Mendonca 

Wo Bouglione drauf steht, ist auch Bouglione drin. Und so erleben wir noch weitere Vertreter dieser großen Circusfamilie: Die sympathische Marion Bouglione stellt gekonnt ein Groß und Klein vor, ehe Gianni d’Ambrosio mit seinem schwarz-weißen Fünferzug die Peitschenführung übernimmt. Die Tiere tragen klassische Federpuscheln und absolvieren ihre vielfältigen Lauffiguren zunächst zu Marschmusik. In die Pause geht es mit den eleganten Salti und Pirouetten der Flying Mendonca am Flugtrapez. Nachdem die Trampolinnummer von Max Weldy verletzungsbedingt ausfallen muss, endet dieser erste Programmteil bereits nach 40 Minuten. Und ist damit deutlich zu kurz.


Duo Caveagna, Tom Dieck jun., Sampion Bouglione jun. 

Nach der Pause präsentiert Tom Dieck jun. seine hervorragende, bestens bekannte Raubtiernummer mit vier Tigern, zwei Löwen und zwei Ligern – eine bessere Wahl hätte die Familie Bouglione kaum treffen können. Pyramide, Fortbewegung im und auf dem markanten „Hamsterrad“, Sprünge über Artgenossen, Hochsitzer, Scheinangriff und Steiger gehören unter anderem zu der attraktiven Trickfolge. Absolut fehlerfrei präsentiert Sampion Bouglione jun. seine Bouncing-Jonglagen, die er noch mit Pirouette und Rückwärtssalto kombiniert. Ein kurzer Auftritt der Salto Dancers genügt, und schon ist sein Podium ausgewechselt gegen den Tisch des Duo Caveagna. Mit ihrer Hand-auf-Hand-Nummer lassen die beiden jungen Italiener Andrea und Davide, ausgebildet an der Circusakademie von Verona, bei einigen ihrer Tricks bereits an die Alexis-Brothers denken. Sie werden bald noch an Sicherheit gewinnen.


Elvis Errani, Les Robles 

Ein Routinier ist dagegen natürlich Elvis Errani mit seiner großartigen Elefantennummer. Als Reiterinnen agieren hier drei Girls aus den Reihen der Salto Dancers. Mutig lassen sie sich von Elefantin Baby überschreiten, während Errani außerhalb der Manege per Mikrofon die Kommandos gibt. Insgesamt vereint „Festif“ gleich mehrere der aktuell besten Tierdarbietungen unter einem Chapiteau. Für den prickelnden Abschluss sorgen „Les Robles“ auf dem Todesrad. Jesse Brandao ist für die Arbeit auf dem Außenrad zuständig. Unter anderem springt er Seil, wagt den Blindlauf und zeigt atemberaubend hohe Sprünge.


Glanzvolle Show

Insgesamt hat uns diese Ausgabe des Cirque d’Hiver Bouglione on Tour viel besser gefallen als die Version des Vorjahres. Sie hat uns wirklich begeistert. Und das nicht nur wegen der hervorragend gelungenen Zusammenstellung des Programms. Anders als vor Jahresfrist wird auch nicht ständig versucht, alle erdenklichen Möglichkeiten der voluminösen Lichtanlage zu demonstrieren. Die Nummern werden sinnvoll unterstützt anstatt sie in einem Lichtgewitter untergehen zu lassen; es gibt Stimmungs- und Tempowechsel, rasante und ruhigere Momente.

Die Hektik der Vorjahresshow ist einer angenehm schwungvollen und straffen Regie gewichen. Und so wird hier alles, was man sich von einem klassischen Circusprogramm wünscht – insbesondere auch Wild-Tiernummern der Spitzenklasse – in exzellenter Verpackung dargeboten. Schade nur, dass das Vergnügen nach zwei Stunden inklusive Pause schon beendet ist.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber