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Národni Cirkus Originál Berousek 2016
www.berousek.cz

Prag, 15. Oktober 2016: Jedes Jahr im Herbst zieht es die tschechischen Circusunternehmen nach Prag. Allen voran den Circus Original Berousek, welcher der größte des Landes ist. Geleitet wird das Unternehmen von Jiri Berousek sen. sowie dessen Kindern Renata und Jiri junior. Sie sind in Deutschland keine Unbekannten, waren sie doch mit ihren erstklassigen Dressuren beim Heilbronner, Offenburger und Dresdner Weihnachtscircus sowie bei Busch-Roland zu erleben. Um sich von den anderen Berousek-Circussen des Landes abzugrenzen, schmückt man sich zusätzlich mit dem Titel „Národní“ („National“).

Dieser Zusatz scheint für dieses Unternehmen allerdings keinesfalls zu hoch gestochen. Das Programm beginnt mit der Begrüßung durch Jiri Berousek senior, welcher persönlich durch die fast dreistündige Vorstellung führt.


Duo Peris, Jiri Berousek jun.

Mit der Rollschuhnummer des Duo Peris folgt die erste Darbietung, bei der zu „Far from over“ von Frank Stallone alle gängigen Tricks von Spagat bis Genickhangwirbel gezeigt werden. Auch ein Zuschauer wird hierbei einbezogen. Als erste Tierdarbietung sehen wir die grandiosen Pferdedressuren des Hauses. Dieser umfangreiche Block startet mit einer dreifachen hohen Schule, geritten von Jiri Berousek junior, seiner Schwester Renata und seiner Frau Petra. Daraufhin tummeln sich sechs weiße Araber im Nebel, ehe sie von Renata Berousek zu diversen Gruppenläufen und Pirouetten angeleitet werden. Nach kurzer Zeit gesellen sich sechs braune Araber hinzu, und Jiri Berousek jun. übernimmt die Peitschenführung. Sehr sicher und ohne Ausbinder werden die schwierigsten Tricks gezeigt. Besonders interessant ist zum Beispiel der Aufbau des Fächers, bei dem sich immer das letzte Pferd der Gruppe löst und entgegen läuft. Ein doppelter, sich überkreuzender Rundsteiger von Jiri und Renata Berousek leitet zu einer Vielzahl verschiedener Steiger über. Diese Pferdedressuren gehören auf jeden Fall zu den besten in Europa.


Miguel Peris, Sidney Balder, Jennifer Reuher 

Es schließt sich der erste Auftritt von Clown Sidney Balder an, in dem er einen originellen Kampf mit den Tücken eines Klaviers zeigt. Balder müsste auch vielen deutschen Circusfreunden bekannt vorkommen, da er mehrere Jahre zusammen mit seinen Brüdern bei Barum zu erleben war. Als Clownstrio trennten sie sich vorletztes Jahr. In seinem zweiten Auftritt vor der Pause entführt er die Zuschauer in das Reich der Zauberei und lässt unter anderem seinen Kopf verschwinden. Außerdem überbrückt er mit seiner Trompete den Aufbau des Flugtrapezes und gründet mit vier Besuchern eine Band. Dabei ist sehr zu loben, dass keiner seiner Auftritte zu lange gerät und sie stets mit eigenen Einfällen versehen sind. Jennifer Reuter lässt uns in den Genuss einer starken, traumhaft aufgemachten Strapatennummer kommen. Zu „A Thousand Years“ von Christina Perri zeigt sie eine sehr anspruchsvolle Arbeit, die in einem freihändigen Spagat mit anschließendem Abfaller in den einseitigen Fußhang gipfelt. Sie ist die Freundin von Adrian Ramos, Truppenchef der Flying Ramos. Nach den Strapaten tritt Miguel Peris als Human Slinky auf.


Jiri jun. und Renata Beroussek

Als Pausennummer präsentiert Jiri Berousek jun. die Exoten des Hauses. Der ca. 20-minütige Dressurblock wird von zwei Bauchtänzerinnen eingeleitet und beginnt mit der umfangreichen Laufarbeit von sechs Zebras. Weiter geht es mit jeweils vier Dromedaren und Kamelen sowie im Anschluss vier Rindern und sechs gescheckten Eseln. Ein großer Hingucker ist die 51-jährige Elefantendame Mala. Sie zeigt unter anderem Hochsitzer und Handstand. Tierisch geht es auch nach der Pause weiter, nämlich mit Renata Berousek und ihren Papageien. Ungewöhnlich beginnen sie ihre Darbietung mit Freiflügen, ehe sie sich als Fahrradfahrer beweisen oder eine Fahne hissen. Eine klassische Tuchdarbietung zeigt danach Alicia Peris. Dass Jiri Berousek junior nicht nur ein hervorragender Tierlehrer ist, sondern auch manegenreif jonglieren kann, beweist er uns mit seiner Jonglage im Tennis-Look. Variationsreich werden hier bis zu fünf große Tennisbälle und fünf Tennisschläger in die Luft geworfen. Den Aufbau der kommenden Nummer überbrückt Clown Sidney auf der Tribüne mit seiner Trompete.


Flying Ramos, Jiri Berousek jun.

Als artistischer Höhepunkt des Programms folgt nun die Flugtrapeznummer der neu gegründeten Flying Ramos, welche ihren ersten Auftritt beim letzten „Great Christmas Circus“ der Familie Wille in Frankfurt hatten. Die fünf Personen, darunter Strapaten-Artistin Jennifer Reuter sowie die von den Flying Costa (u.a. Charles Knie)  bekannten Künstler Adrian Ramos und Saulo Mendoca, zeigen alle klassischen Tricks inklusive dem dreifachen Salto, welcher in der von uns besuchten Vorstellung im zweiten Versuch gelang. Der „Todessprung“ aus der Kuppel beendet die Darbietung. Die „Flying Ramos“ sind über Weihnachten im Europa-Park Rust zu erleben. Traditionell als Schlussnummer ist die große Bärendressur von Renata und Jiri Berousek jun. platziert. Was man vor zwanzig Jahren auch hierzulande noch bei einigen Unternehmen erleben konnte, ist bei Berousek ein fester Bestandteil der Show und wird vom zahlreich erschienenen Publikum mit viel Beifall honoriert. Die beiden Tiere aus eigener Zucht beginnen ihre Darbietung mit dem Rollerfahren. Jeweils einer der Bären  balanciert danach auf dem Schlappseil oder einer Kugel, jongliert eine Walze mit brennenden Enden mit den Füßen, fängt Reifen während er auf einem Leitergestell steht oder springt über Hürden. Zum Schluss fährt eines der gepflegten Tiere mehrere Runden auf dem Motorrad. Toll, so etwas in Europa noch erleben zu können.

Mit einem Finale, in dem alle Künstler namentlich vorgestellt werden, endet eine Show, die keinerlei Wünsche offen lässt. So kann man einen Besuch nur empfehlen. Auch eine weitere Anreise lohnt sich. Leider spielt man mit dem Gedanken, den Reisebetrieb in einigen Jahren einzustellen, um sich anderen Projekten zu widmen. Hoffen wir, dass es nicht so kommt und man noch lange diesen erstklassigen Circus erleben kann.

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Text: Simon Preißing; Fotos: Národni Cirkus Originál Berousek