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Cirque de Bruxelles (Pauwels) - 2015
www.cirque-bruxelles.de ; 120 Showfotos

Krefeld, 22. August 2015: Die nagelneuen rot-weißen Zeltanlagen mit gelben Applikationen strahlen mit der Sonne über dem Sprödentalplatz um die Wette. Bei bestem Wetter feiert die belgische Circusfamilie Pauwels hier mit ihrem "Cirque de Bruxelles" die Premiere auf deutschem Boden. Hatte man sich bisher vor allem mit dem jährlichen Winter-Gastspiel in Brüssel einen Namen gemacht, wagt man nun den Schritt einer Tournee außerhalb der Heimat. In Steven Jones, der etwa für Roncalli und Afrika! Afrika! tätig war, hat man sich einen erfahrenen Partner an die Seite geholt, um das couragierte Projekt anzugehen.

Eigentlich war der Start des "Cirque de Bruxelles" in Deutschland schon für einen früheren Zeitpunkt vorgesehen gewesen. Doch insbesondere aufgrund der verspäteten Lieferung des neuen Materials musste die Premiere verschoben werden. Das Warten hat sich allerdings gelohnt: Die schmucken Zelte sorgen für ein einladendes und harmonisches Bild.


Entree und Chapiteau

Im Vorzelt sorgen Waffel- und Crêpe-Stände für belgisches Flair, und ein Karussell erfreut die kleinen Gäste. Ein Gradin aus Klappsitzen für rund 500 Gäste, eine hohe, rote Gardine und aufwendig verkleidete Masten sorgen dann im Hauptzelt für einen edlen und zugleich intimen Rahmen. Da auf die Mitwirkung von Tieren verzichtet wird, konnte statt einer klassischen Manege eine erhöhte Rundbühne angeschafft werden, deren Mitte sich zudem hydraulisch weiter in die Höhe fahren lässt. Die Musik kommt vom Band; die Lichtanlage ist bestens bestückt und lässt zahlreiche Stimmungen zu. Zwar werden aufgrund der kurzen Probenphase noch nicht alle Möglichkeiten voll ausgenutzt, dennoch zeigt sich die Vorstellung bereits zur Premiere in weiten Teilen rund.


Ensemble

Für diese Wohlfühl-Atmosphäre sorgt in erster Linie die Familie Pauwels - der erst 24-jährige Direktor Samuel Pauwels, sein Vater Marquis und Patentante Celia Berthier-Caroli, Enkelin des berühmten Weißclowns Francesco Caroli - selbst. Jeder ihrer Auftritt kommt äußert sympathisch, fast familiär daher. Mit sichtlich Spaß und Spielfreude ist das Trio dabei. Es gibt der Show ihr Gesicht und ihr Herz. Das merkt man zu jedem Moment. Zusammen übernehmen sie auch die Eröffnung des Programms. Marquis Pauwels spielt den klassischen Dummen August mit roter Nase, Samuel Pauwels mimt "TicTac" – eine komische, leicht verschroben wirkende Figur – und Celia Berthier-Caroli gibt dazwischen die stilvolle "Madame Loyal". Während die Herren mit ihrem Trompeten-Spiel ein erstes Mal ihr musikalisches Können beweisen, übernimmt sie die Begrüßung des Publikums. Dann entsteht ein kleines Charivari, in dem das restliche Ensemble hinzustößt und kleine artistische Kostproben gibt.


Duo Frénésie, Domenico Dakotas, Dolana Oskal-Ool

Aufgebaut ist dabei schon der Chinesische Mast für das Duo Frénésie. Die jungen Künstler sind eine echte Neuentdeckung. Mit ihrer Darbietung können sie auf ganzer Linie überzeugen. Unterschiedlichste Haltepositionen, solo oder im Duo, prägen den Auftritt. Stark ist etwa, wie er Handstände auf ihren Beinen, mit denen sie sich am Mast hält, drückt. So bieten sie gleich einen ersten Höhepunkt zu Beginn des Programms. Nach einem Xylophon-Intermezzo von Samuel Pauwels folgen die tanzenden Teller von Domenico Dakotas und Celia Berthier-Caroli. Dolana Oskal-Ool hingegen lässt auf vielfältige Weise die Hula Hoop-Reifen kreisen. Zum Schluss beherrscht sie eine Vielzahl der Reifen, während sie auf der hydraulischen Bühne ein Stück gen Kuppel fährt.


Curatola Brothers, Samuel Pauwels, Leroy Quaiser

Es übernehmen die Curatola Brothers. Mit ihrer bekannten Hand-auf-Hand-Darbietung und italienischem Charme begeistern sie auch hier. Aktuell vertreten die beiden Brüder das noch fehlende Strapaten-Duo Urban, welches Anfang September zum Unternehmen stoßen wird. Die Curatola Brothers gehen dann wieder mit Roncallis "Salto Vitale"-Einheit auf Tournee. Dann ist die Familie Pauwels erneut selbst an der Reihe. Marquis Pauwels und Celia Berthier-Caroli lassen zusammen auf Glocken Melodien erklingen. Den temporeichen Schlusspunkt unter den ersten Programmteil setzt Samuel Pauwels. Der junge Mann ist nicht nur Direktor und Komiker, sondern auch ein herausragender Jongleur. Dies beweist er mit Ringen und Keulen. Dabei beherrscht er auch schwierigste Tricks sicher und vergisst nicht, seinen Auftritt mit ordentlich Esprit zu würzen. Eine mehr als verdiente Pausen-Nummer. Ähnlich stark geht es nach der Unterbrechung weiter. Leroy Quaiser aus der deutschen Circusfamilie demonstriert seine Handstand-Qualitäten auf einem illuminierten Piedestal. Mehrere Versionen des Einarmers und der berühmte Klötzchen-Trick sind in seinem Ablauf zu finden und lassen bekannte Vorbilder erkennen.


Alison, Celia Berthier-Caroli und Samuel Pauwels, Eliane Baranton

Den ruhigen Kontrastpunkt dazu setzt Alison mit ihrer Darbietung an weißen Tüchern. In einen Zwist um die "Vorherrschaft" am Mikrofon geraten daraufhin Celia Berthier-Caroli und Samuel Pauwels alias "TicTac". Während sie ihre Gesangskünste unter Beweis stellen möchte, kommt eben "TicTac" auf dieselbe Idee. So entspinnt sich ein amüsanter Wettstreit zwischen beiden Akteuren. Zusammen mit ihrem Partner Loïc Molla zeigt Dolana Oskal-Ool auch eine Quick Change-Performance. Beide beginnen dabei in asiatischen Gewändern, ehe sie am Ende und nach zahlreichen Musik- und Kleiderwechseln im weißen Abendkleid und Anzug erscheinen. Das große, klassische Entree wird in französischen und belgischen Circus-Unternehmen seit jeher gepflegt; so auch bei der Familie Pauwels. Hier produziert sich Celia Berthier-Caroli als Kunstschützin, welche auf Luftballons oberhalb der Köpfe von Marquis und Samuel Pauwels zielen möchte. Keine Frage, dass die meistens schon vorher kaputt gehen… Der Programm-Schluss gebührt dann einer ganz besonderen "Grand Dame". Mit über 70 Jahren und viel Grandezza steht Eliane Baranton nach wie vor in der Manege und lässt mit Tempo die verschiedenen Requisiten wie Bälle, Rollen und gar einen Tisch auf ihren Füßen rotieren. Wahnsinn!

Im Finale versammeln sich alle Artisten unter dem Trompeten-Spiel von Marquis Pauwels auf der Bühne. Die erste Vorstellung des "Cirque de Bruxelles" liegt erfolgreich hinter allen Beteiligten. Wenn sich die Pauwels dann in den Armen liegen, wird es spätestens für alle sichtbar: das Herzblut dieser Familie für den Circus. Die Zuschauer (auch wir) spenden stehenden Applaus - begeistert von einem schönen, unterhaltsamen Programm mit viel liebevoller Clownerie und ausgewählten hochkarätigen artistischen Darbietungen, aber auch voller Anerkennung für den Mut der Familie Pauwels.

 

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Stefan Gierisch