Leverkusen
und Koblenz waren in diesem Jahr die Spielorte. Bei unserem Besuch in
Koblenz ist das Chapiteau bestens gefüllt, die Stimmung von Beginn an
glänzend und zum Finale gibt es lange Standing Ovations. Was also
ist das Erfolgsgeheimnis? Sicher ist es die mitreißende Musik, viele
bekannte Titel inklusive. Ganz sicher sind es zudem die großartigen
Darbietungen in der erhöhten Manege. Hier scheinen gerade eher
Circus-untypische Genres wie Sandmalerei, Seifenblasenkunst und Sanddornbalancen eine
besondere Wirkung zu entfalten. Tiere sind in diesem Jahr leider nicht
dabei. Und das, wo der Bandname das kölsche Wort für Hühner ist. Ihre
ganz besondere Magie bekommt die Show aber durch das brillante
Zusammenspiel der einzelnen Elemente. Die Musik der Höhner passt
perfekt auf die jeweiligen Darbietungen. Bei einzelnen Nummern werden
Bandmitglieder in den Ablauf einbezogen. Allerdings nicht mehr so stark
wie noch in den Vorjahren. Denken wir etwa an Janus Fröhlich und seinen
Auftritt mit einem Seelöwen der Familie Duss oder den Lauf im Todesrad
von Jens Streifling.
Lisa Rinne, Trio Balagan, Burl
Die
Produktion steht wie gehabt unter dem Titel "Sternzeiten". Mit ihrer
Himmelsleiter begibt sich Lisa Rinne noch vor dem Opening Richtung
nächtlichem Himmelszelt. Die Akrobatik an der Strickleiter ist aber nur
der Auftakt zu ihrer grandiosen Kür am Schungtrapez. Ihre Tricks sind
sehr gewagt und werden mit einer Longe gesichert. Alles andere wäre
unverantwortlich. Lisa Rinne aber agiert mit solch einer positiven
Ausstrahlung, dass die Gefahr fast in den Hintergrund tritt. Zurück auf
dem Boden begleitet sie gemeinsam mit Svyatislav Rasshivkin das
Opening. Die Artisten bringen in einer stimmigen Choreographie die
Symbole der Sternzeichen herein. Sie geben den Rahmen für die folgende
Show. Und die geht mit jugendlichem Schwung weiter. Mittels
Schleuderbrett katapultieren sich die Mitglieder des Trio Balagan in
die Luft. Anspruchsvolle Sprünge, ansteckende Heiterkeit und
eine coole Präsentation sorgen weiter für beste Stimmung. Nachdem
Andrey Jigalov und Partnerin als verspätete Gäste den Ablauf "gestört"
haben, zaubert Darren Burrell alias Burl faszinierende Gebilde aus
Seifenblasen. Vor einigen Jahren konnten wir ihn bereits im
Hauptgeschäft von Roncalli erleben. Die kurzlebigen Kunstwerke sind
zerbrechlich und vielleicht gerade deswegen von besonderer Schönheit.
Einem Magier gleich lässt er immer wieder neue mit seinen Händen
entstehen, hüllt gar ein Kind in eine große Säule aus dieser ganz besonderen
Flüssigkeit.
Duo Laos, Yulia Rasshivkina, Naima Rhyn Rigolo
Ein
artistisches Ausrufezeichen setzt das Duo Laos. Ihre Partnerakrobatik
führen Pablo und Mercedes in einer Intensität auf, die das
Beziehungsspiel bis in die letzten Reihen des Gradins transportiert.
Ihre Tricks sind außergewöhnlich. Teilweise selten gezeigt und von
höchster Schwierigkeit. Doch auch die sieht hier beneidenswert leicht
aus. Etwa wenn Pablo seine Mercedes mit nur einer Hand auf ihrem Nacken
balanciert. Das Publikum feiert sie frenetisch. Entspannung beim Spiel
um einen Schokoriegel von Andrey Jigalov und Höhner-Frontmann Henning
Krautmacher. Klar, wer bei diesem zunächst vermeintlich ungleichen
Spiel gewinnt. Dank Yulia Rasshivkina nimmt das Programm wieder Schwung
auf. Die blonde Russin mit der Traumfigur lässt wie entfesselt Hula
Hoop-Reifen um ihren Körper kreisen. Es ist ein sinnlicher Tanz, bei
dem Rasshivkina ihre Ringe souverän im Griff hat. Sohn Svyatsilav ist
in diese Darbietung eingebunden. Gleich darauf überreicht er Naima Rhyn
Rigolo eine Feder, die das fragile Gebilde aus letztendlich 13
Palmästen im Gleichgewicht zu halten scheint. Schritt für Schritt baut
die Balancekünstlerin ihr immer größer werdendes Mobile auf.
"Hey Johannes" ist eines der Lieder, das die Höhner dazu behutsam
spielen. Die wunderschöne Ballade von der Endlichkeit des Lebens lässt
träumen und verleitet dazu, einfach mal die Augen zu schließen. Der
Applaus für Naima Rhyn Rigolo kommt erst am Ende ihres Auftritts. Er
ist dafür aber umso großzügiger.
Svyatislav Rasshivkin, Johan Wellton, Marina Sakhokiia
Nachdem
sich das Publikum mit dem einen oder anderen Glas Kölsch erfrischt hat,
erwartet die Gäste auf der Rundbühne ein Pas de Bleu. Vier Artistinnen
tanzen in blauen Kleidern, die mit insgesamt 2000 Lichtern erleuchtet
sind. Svyatislav Rasshivkin zeigt eine ausgefeilte, kraftraubende Kür
an den Strapaten. Kaum zu glauben, dass der fröhliche Blondschopf erst
zwölf Jahre jung ist. Absolut professionell zeigt er seine 2012 in
Wiesbaden prämierte Nummer. Immer wieder erfrischend ist Johan Wellton.
Der blonde Wirbelwind ist ein echter Schwiegermutter-Traum.
Zumindest auf den ersten Blick, denn der Schwede hat es faustdick
hinter den Ohren. Ständig ist er in Bewegung. Genauso wie die
unzähligen gelben Bälle, mit denen er jongliert. In seine Touren baut
er unter anderem einen Tisch und einen Stuhl ein. Er wirft seine
Requisiten sowohl nach oben als auch zum Boden. Action garantiert. Ist
Wellton ein bereits bekannter Star der Höhner Rockin' Roncalli Show,
gibt Marina Sakhokiia dort in diesem Jahr ihr Debüt. Ruhig und souverän
zeigt die zweifache Europameisterin der Akrobatik ihre Handstände. Es
ist ein sympathisches Solo, welches eindrucksvoll die Möglichkeiten des
menschlichen Körpers demonstriert. Soweit man denn so gelenkig ist
wie Marina Sakhokiia.
Andrey Jigalov, Svetlana Goncharenko, Leosvel & Diosmani
Andrey
Jigalovs Glanznummer ist das verhinderte Konzert mit Wassereinsatz.
Höhner-Gründungsmitglied Peter Werner gibt den seriösen Part. In Frack und Zylinder
will er ein Stück auf der Trompete zur Aufführung bringen. Jigalov
stört ihn immer wieder, schüttet ihm Wasser in den Hut. Doch nass wird
zunächst nur der Kleine, der ewige Verlierer. Aber auch hier dreht sich
die Geschichte am Ende. Einen weiteren starken Moment hat die Show mit
der Sandmalerei von Svetlana Goncharenko. Exzellent begleitet werden
ihre Gemälde aus kleinsten Körnern von einem Medley auf der akustischen
Gitarre. Die liebevoll gezeichneten Geschichten von Sevtlana
Goncharenko und die Musik der Höhner gehen dabei eine traumhafte
Symbiose ein. Nach einer Saison bei Brazil Jack in Schweden sind
Leosvel und Diosmani zur Höhner Rockin' Roncalli Show zurückgekehrt.
Die Kubaner mit den Adoniskörpern stehen wie keine Zweiten für
kraftvolle Akrobatik am Masten. Mit leichten Händen erklimmen sie die
vertikale Stange. Eindrucksvoll sind die Figuren, die sie daran zeigen.
Finaltrick ist nach wie vor der Einarmer auf dem im rechten Winkel vom
Mast gehaltenen Oberkörper des Partners. Überbordender Applaus ist
ihnen sicher. Noch bevor dieser endet, beginnt das Finale. Ein zweites Mal
bringen die Mitwirkenden die Symbole der Sternzeichen herein. Es gibt
kleine Zugaben, die Stimmung ist fantastisch. Und endlich erklingt mit
"Viva Colonia" das bekannteste Lied der Höhner. Erst nach zig Vorhängen
ist die Vorstellung dann wirklich zu Ende.
|