Mit dem
„Hofgang“ der Gefangenen beginnt die Vorstellung. In
einheitlichen grauen „Anstaltsklamotten“ und zu sparsamer
Musikbegleitung schlendern die Artisten über die Bühne,
unterhalten sich, zeigen kleine Kostproben ihres Könnens. Dieses
Charivari der anderen Art geht über in die erste Darbietung.
Expendables,
Nicolai Kuntz, Airtrack-Trampolin
Die vier „Expendables“
zeigen die typische, stets publikumswirksame Mischung aus
Kraftakrobatik und Handvoltigen, wie sie von Truppen wie
„Atlantis“ und „Seaworld“ geprägt wurde. Einer der vier Herren
wird zudem als „Springseil“ gedreht, über den ein weiterer
Partner springt. Auch bei dieser ersten Nummer ist die Musik
nicht mehr als ein leises Hintergrundgeräusch. Doch dann fällt
der große Vorhang vor dem Bühnenportal. Dabei handelt es sich um eine
gewaltige Konstruktion aus Stahlgitterkäfigen. Sie stellen die
Gefängniszellen dar und umrahmen ein großes Tor, den
Artisteneingang. Nun ist der Blick auf die sechsköpfige Band mit
Sängerin frei. Die Musiker wurden auf der obersten Ebene des
Bühnenportals platziert. Ab diesem Moment ist die Musik ein
bestimmender Teil der Show. Bandleader Samuel Beck hat den
größten Teil selbst komponiert und die
deutschsprachigen Texte geschrieben. Und auch das Licht hat eine
tragende Rolle. Die zahllosen Scheinwerfer sind unter anderem an einer
beweglichen Metallspinne unter der hohen Zeltkuppel installiert.
Für Tempo sorgen nun Pawel Apostol Horbacz und sein Team auf
dem langen Airtrack-Trampolin, das über die runde Bühne
führt. Sprünge, Salti und Pirouetten werden präsentiert. Diese
sind auch das Metier von Nicolai Kuntz, ebenso wie waghalsige Abfaller. Er
vollführt sie direkt im Anschluss in großer Höhe
am Schwungtrapez.
Larissa Kastein,
Julia Galenchyk, Steve Eleky
Nur einer
widersetzt sich in diesem Programm zunächst der grauen
Anstaltskleidung. Vielmehr kreuzt er im Schottenrock auf. Steve
Eleky ist zurück, und nach wie vor sind seine Späße praktisch
unerreicht witzig. Im ersten Programmteil zeigt er seine Comedy-Jonglage, im zweiten die komischen Illusionen – dann
tatsächlich im Gefangenenoutfit. Eine bekannte Flic Flac-Künstlerin ist auch Julia Galenchyk. Einmal mehr präsentiert sie
ihre anmutige, riskante und trickstarke Kür an den Netzstrapaten. Flic Flac-Juniorchefin Larissa Kastein
zeigt ihre erotisch-laszive Poledance-Nummer
inmitten farbenfroher Lichterspiele zum französischen Chanson „Je suis malade“.
Russische Schaukel, Master of
Hellfire, Dima & Dima
Wenn man
von einem Circusprogramm richtig begeistert ist, dann liegt das
häufig daran, dass es richtig viel zu lachen gibt. Hierfür sind bei
„Höchststrafe“ alle Voraussetzungen geschaffen, denn außer Steve Eleky ist auch der „Master of Hellfire“ alias Hubertus Wawra
zurückgekehrt. 2003 war er von Benno Kastein für den Circus
entdeckt und engagiert worden, 2007 war er Teil der ersten
XXL-Show „No Limits“ im Achtmaster, und nun ist er abermals in
einer Flic Flac-Tourneeproduktion zu erleben. Seine Kombination
aus Feuershow, Pyro-Effekten und Comedy begeistert nach wie vor.
Wenn der „Arsch für die Umbaupausen“ in brennender Jacke Gitarre
spielt. Wenn er droht, auf eine Zuschauerin mit der Feuerkanone
zu schießen. Und wenn er mit Dynamitstangen seinen „Anti-Terror-Rap“
auf dem Schlagzeug spielt. Die letzte artistische Nummer vor der
Pause bilden hohe Sprüngen von der Russischen Schaukel. Sie
enden zum Teil in einem großen Netz, zum Teil auf einer Matte.
Die Flugkünstler sind die gleichen, die zu Beginn der Show übers
Trampolin sprangen. Den zweiten Teil des Programms eröffnen Dima
& Dima mit ihrer kraftvollen Partnerakrobatik, die unter
Mitwirkung des Ensembles wieder als Kampf zweier Banden
choreographiert ist. Zum Abschluss schlägt der Obermann einen
Rückwärtssalto von und zu den Schultern des Partners.
Laura Miller, Julia Galenchyk und Dmytro Turkeiev,
Nicolai Kuntz
Die
Luftnummern bilden einen besonderen Schwerpunkt dieses
Programms. Laura Miller taucht zwischen den einzelnen Passagen
ihrer Luftring-Nummer immer wieder in ein Wasserbecken ein.
Schon die Wegstrecke, die sie zwischen dem Bassin und dem
höchsten Punkt des Zeltes zurücklegt, ist beeindruckend.
Schlussendlich lässt sie sich aus großer Höhe ins Wasser fallen
und erntet starken Applaus. Am Boden bleibt dagegen der
sympathische und übers ganze Gesicht strahlende Nicolai Kuntz mit seinen Diabolos. Bis zu drei
von ihnen lässt er äußerst gekonnt fliegen. Gemeinsam mit ihrem
Lebensgefährten Dmytro Turkeiev hat Netzakrobatin Julia
Galenchyk noch eine zweite Luftnummer einstudiert. Zum Popsong „Another
love“ wird an den Strapaten Romantik zelebriert. Mann und Frau
wechseln sich als Porteure ab. Später schwebt Julia freihändig
im Spagat an den Strapaten. Schlussendlich hängt sie mit einem
Fuß in einer Strapatenschlaufe, am anderen Fuß hängt ihr
Partner. Zurück auf dem Boden küssen beide sich
leidenschaftlich.
Pinillo-Motos, Tatjana Kastein, Mad Flying Bikes
Tatjana
Kastein zeigt ihre kunstvollen, hochklassigen Handstände wieder
in Choreographie mit vier männlichen Partnern, die sie auf
Händen tragen. Dann folgt der spektakuläre Abschluss der Show:
Mit bis zu zehn Fahrern rast das Team von José Antonio Pinillo
durch die Motorradkugel. Wie schon gewohnt, hält es nach diesem
Act nicht mehr alle Zuschauer auf den Sitzen, einige
applaudieren im Stehen. Und das Smartphone erweist sich einmal
mehr als moderner Gradmesser der Begeisterung: Reihrum werden
die Geräte ausgepackt und wird das Geschehen in bewegten Bildern
festgehalten. Aus einer der oberen Reihen der steil aufragenden
Tribüne blicken wir auf ein Meer aus leuchtenden Displays. Noch
mehr werden es dann bei den „Mad Flying Bikes“. Der
Treppenaufgang im mittleren Eingang wurde flugs gegen eine
Sprungschanze ausgetauscht. Und so fliegen die mutigen
Hasardeure auf ihren Motorrädern über die große Motorradkugel,
die immer noch in der Manege steht – und landen krachend auf der
großen Rampe dahinter. Vorher werden in der Luft waghalsige
Manöver wie der „Backflip“ – ein Rückwärtssalto – oder „Whips“ –
bei denen die Maschine in der Luft zur Seite gedreht wird –
gezeigt.
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