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Zirkus des Grauens - Tour 2015
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Wien-Donauinsel, 19. April 2015: Aeternitas. Dieser mystische Begriff beschreibt im Lateinischen die Ewigkeit, und in der Sagenwelt verbirgt sich hinter der Tochter des Jupiters die zur Person gewordene Göttin der Unendlichkeit. Auf der Donauinsel in Wien präsentiert der Zirkus des Grauens unter dem Motto „Aeternitas“ eine fulminante Show unter der Zirkuskuppel, deren roter Faden sich entlang der Kante zwischen Diesseits und Jenseits spannt. Weit entfernt von klassischer Zirkuskunst, erlebt der Besucher ein in sich schlüssiges Programm, das in dieser Aufmachung und Choreographie in Österreich einmalig und absolut sehenswert ist. Inmitten der grünen Lunge der Bundeshauptstadt strahlen die rot-gelben Zeltanlagen des Zirkus des Grauens gen Himmel.

Direkt gegenüber der schwimmenden Schule am Donauinselplatz präsentiert sich das Unternehmen der Familie Reinhard von seiner besten Seite. Bereits an der Kasse zeichnet sich das Motto des diesjährigen Saisonprogramms ab: Kalkweiße Gesichter mit pechschwarzen Augen begrüßen freundlich die Gäste. Nach dem Einlass führt der Weg im ersten Vorzelt durch ein aufwendiges, langes Labyrinth, bestückt mit lebenden Geistern und beeindruckenden Licht- und Soundeffekten zu Zelt Nummer zwei, wo die wohlsortierte, dem Motto (im positiven Sinne) angepasste Restauration wartet. Der Weg ins große Spielzelt gleicht dann dem Besuch einer Geisterbahn, der Einlassbereich gleicht einer Grabkammer.

 
Andrè, Maria und Markus Reinhard 

Nach der Begrüßung durch den Chef des Hauses, Direktor Markus Reinhard, folgt zu schaurigen Klängen eine Hula-Hoop-Darbietung von Maria Reinhard. Nach dem Tanz mit den Reifen verirrt sich ein Clown der alten Schule ins Chapiteau, der jedoch von Horrorclown Attila (Pascal Reinhard) kurzerhand mit einem gezielten Schuss ins Herz auf dem kürzesten Weg ins Jenseits befördert wird. Nach dem Intermezzo eines Schlächters – dargestellt von Andrè Reinhard – mit Schürze und Motorsäge leitet dieser kräftige Akrobat über zur Darbietung der Handstandakrobatik. Über den Treppenlauf und diverse Schaubilder gestreckter und gedrehter Figuren findet die Nummer ihren Höhepunkt im Auf- und anschließendem Abbau zweier Klotz-Pyramiden. Unterbrechung findet die Handstandnummer durch zwei gruselige Hinrichtungsakte im Pranger mit Kettensäge und Hacke. Nun folgt der Höhepunkt des ersten Programmteils: Der aus der TV-Show bekannte Mr. Extrem, alias Kurt Späth, kommt zu seinem ersten Auftritt. In einer US-Polizeiuniform, ausgerüstet mit Schusswaffe und Tonfo-Schlagstock, betritt der an vielen Stellen tätowierte Star die Manege und eröffnet seine Darbietung mit einem Schuss aus der Pistole mit verbundenen Augen, wobei das Ziel auf dem Kopf seiner Partnerin platziert ist. Nichts für schwache Nerven ist die im Anschluss gezeigte Maximalbelastung menschlicher Organe. Mit einem Fleischerhaken durch seine Zunge zieht Kurt Späth am dünnen Stahldraht eine Dame aus dem Publikum auf einem Dreirad nach vorne weg. Es scheint, dass jeden Moment seine Zunge abreißen will. In der nächsten Übung geht es an die Dehnbarkeitsgrenzen der Ohren. An kurzen Ketten an den Ohrringen befestigt hebt Mr. Extrem eine 15 Kilogramm schwere Auto-Starterbatterie hoch und schleudert diese im Kreis, die Dehnung seiner Ohren erreicht beinahe die doppelte Länge. Ganz im Stile eines Fakirs schluckt Späth den 50 Zentimeter langen Meißel eines elektrischen Abbruchhammers. Die Nummer endet mit dem Wurf einer Bowlingkugel aus großer Höhe auf den Bauch des auf dem Rücken liegenden Künstlers, wobei im Moment des Einschlages ein Porzellanteller die Energie aufnimmt und in tausend Scherben zerspringt.


Seraina Imholz, Clowns,
Renè Dombrowski

Anspruchsvolle Artistik wird geboten in den Nummern von Seraina Imholz am Rhönrad, die alle erdenklichen Schwierigkeitsgrade scheinbar spielend meistert. Blendend inszeniert ist die Einleitung zur Darbietung von Michele Klein an den Tüchern, die als kleines Mädchen im Bett schlafend von Fredy Krüger unsanft aus dem Schlaf gerissen wird und die Flucht nach oben sucht. Mit der Hinrichtung eines Auswählten aus dem Publikum auf dem elektrischen Stuhl leiten die Clowns über zur Pause. Den zweiten Teil des Programms beginnt Andrè Reinhard mit seiner Rola-Rola-Balance auf hohem Plateau, verbunden mit diversen Jonglagen und Feuerspielen. Ein Schauspiel der anderen Art ist die Parallel-Akrobatik an den Tüchern von Michele Klein und Seraina Imholz. Dunkle Kostüme mit Gerippe-Zeichnungen lassen im Eindruck des Schwarzlichts zwei Skelette durch das Chapiteau schweben, wobei der artistische Gehalt dieser Nummer leider in der Dunkelheit verschwindet. Nach einem Intermezzo der Clowns mit einer gruseligen Zerstückelung des Opfers unter der Decke folgt die Feuershow, präsentiert im Teufelsgewand von Renè Dombrowski. Dem Spiel der Flammen schließt sich das artistische Highlight an, die Arbeit am Schwungtrapez von Michele Klein. Ohne jegliche Sicherung zelebriert die Absolventin der Berliner Artistenschule am höchsten Punkt im Circuszelt eine trickreiche Abfolge von Schwüngen, Drehungen, Salti und Pirouetten im Genickhang. Mit jugendlicher Leichtigkeit und ohne jede Angst bewegt sich Michele Klein in dieser luftigen Höhe als stünde sie auf festem Boden. Absolut sehenswert!


Kurt Späth alias Mr. Extrem

Als Schlussnummer der zweistündigen Veranstaltung ist der zweite Teil von Kurt Späth als Mr. Extrem zu erleben. Nach der Entfesselung aus der Zwangsjacke versucht er mit einem großen Messer, sich den Arm abzutrennen. Die hervorragende Präparation dieser Requisiten lässt den Einschnitt in den Unterarm und den einhergehenden Blutaustritt so täuschend echt wirken, dass Zuschauer, die kein Blut sehen können, gern mal in Ohnmacht fallen. Diesem Szenario eins drauf setzt er dann, indem er sich mit einem Metallhammer einen zehn Zentimeter langen Nagel in die eigene Nase schlägt und sich anschließend diverse Kanülen und Spritzen in den Hals sticht, welche zum Beweis der Authentizität von Zuschauern wieder herausgezogen werden. Diese Show ist live, hier gibt es keinen doppelten Boden, es ist hart an der Schmerzgrenze, aber die Zuschauer gehen mit, wollen das sehen, fordern sogar noch mehr. Das bekommen sie auch, wenn ein Opfer aus dem Publikum auf einem Sessel fixiert und augenverbunden plötzlich eine lebende Vogelspinne auf seinen Armen krabbeln spürt. Doch dem nicht genug: Die Augenbinde wechselt den Besitzer, und der Künstler schneidet mit einer elektrischen Kettensäge zwei Salatgurken in den Händen der Zuschauerin in dünne Scheiben. Nur wenige Millimeter über den Fingern seines Opfers erfolgt der letzte Schnitt mit diesem gefährlichen Werkzeug. Überwältigend ist dann der Schlusstrick: Mit einer messerscharf geschliffenen Metalllanze, die Spitze unterhalb seines Kehlkopfes angesetzt, schiebt Mr. Extrem seine auf einem Gefährt sitzende Partnerin in die Mitte des Rings. Ein würdiger Abschluss dieser schrägen Show. Nach dem großen Finale mit der Vorstellung aller Künstler verabschiedet sich Direktor Markus Reinhard vom zahlreichen Publikum. Während des Auslasses besteht große Nachfrage an gemeinsamen Fotos mit den Untoten und Verblichenen, und auch in der Restauration herrscht reger Betrieb an der Bar, wo es dem Thema der Show angelehnte Drinks aus dem Jenseits gibt.

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Text und Fotos: Thomas Kroker