Im Jahr
2014 noch als „Das Große Circus-Festival“ tituliert, wird seit
dieser Saison als „Circus Carelli“ gereist. Nach dem Start in
Pirmasens, wo der Veranstaltungsservice von Carelli-Chef Bossert seinen Sitz hat,
war die nächste Station Kaiserslautern. Dann folgte nach einem
gewaltigen 200-Kilometer-Sprung die Kreisstadt
Tauberbischofsheim im Norden Baden-Württembergs, ehe es mit
einem noch größeren Satz nach Straubing in Bayern ging.
Chapiteau, Zugmaschinen
In
Tauberbischofsheim spielte Carelli auf einem privaten
Wiesengelände, das hier seit vielen Jahren regelmäßig als
Circusplatz genutzt wird. Die Sattelauflieger präsentieren sich
fast ausnahmslos neu lackiert und mit „Carelli“-Schriftzug
versehen. Auch die Zugmaschinen tragen nun diesen Namen über dem
jeweiligen Führerhaus. Ein Wagen in der Front erinnert mit einem
großformatigen Foto und einer Widmung der Familie an die im
November 2014 viel zu früh verstorbene Circusdirektorin Rolina
Spindler-Barelli. Gespielt wird in einem klassischen
Sturmstangen-Chapiteau in Rot, Weiß und Blau mit passendem
Vorzelt. Der Prunk des legendären „Barelli-Palastes“ bleibt
natürlich weit entfernt. Doch auch hier wird sichtlich alles
unternommen, um ein möglichst gepflegtes Ambiente zu bieten.
Unter anderem mit ansprechend gestalteter Restauration,
Verbindungstunnel zwischen Vorzelt und Chapiteau, Lichterketten
und geschmackvollem Artisteneingang in blauem Samt.
John
Henry und Franz Spindler
Clown
Timmy Barelli eröffnet die Vorstellung mit seinem Glockenspiel,
ehe John Henry Spindler das hochverehrte Publikum begrüßt. Eine
schwungvolle Freiheitsdressur mit vier Kamelen lässt gleich
Stimmung unterm Carelli-Chapiteau aufkommen. Franz Spindler
führt diese vor. Seine Schwester Ramona ist anschließend in
einer klassischen Vertikalseilnummer zu erleben. In vollem Tempo
lässt sie sich ausdrehen. John Hendry Spindler bringt den
Friesenhengst Zorro in die Manege. Schulschritte ohne Zaumzeug
und Zügel, Steiger und das Durchdrücken des Kopfes zwischen den
Vorderbeinen lassen das Publikum staunen.
Ashley,
Francesco jun., Timmy Barelli
Ein
Orchester gibt es zwar aktuell nicht, doch Orgelspieler und
Schlagzeuger akzentuieren die Musik vom Band. Zudem ist die
Auswahl mit vielen fetzigen und mitreißenden Stücken überaus
gelungen, so dass die musikalische Begleitung – wie es stets
auch im Circus Barelli war – einen ganz wichtigen Teil zur
gelungenen Vorstellung beiträgt. Und so klatscht das Publikum
auf den sehr gut besetzten Rängen begeistert mit, wenn John
Henry Spindlers Enkeltochter Ashley die Hula Hoop-Reifen zu „Danza
Kuduro“ kreisen lässt. Und nicht zuletzt ist es auch ganz
erstaunlich, mit welcher Verve sich die Zehnjährige dem Publikum
präsentiert. Danach gehört die Manege dem „Superhund Balu“ und
seinem Vorführer Franz Spindler. Für den Fall, dass es hier mit
dem Reifenspringen mal nicht klappen sollte, wird gleich
anschließend die „Zweitbesetzung“ vorgestellt: Der kleine
Francesco bugsiert Plüschhund „Balu II“ durch einen Metallreif.
Mit der „Eintrittskarte“ – im bewährten Zusammenspiel mit Vater
und Bruder – und seiner viel beklatschten Regenschirm-Jonglage
zeigt Clown Timmy Barelli in der ersten Programmhälfte zwei
echte Klassiker seines Repertoires. Gemeinsam mit dem etwas
störrischen Esel Manolito sorgt er auch für die Pausennummer.
Das Tier trinkt aus der Flasche und richtet sich auf, indem es
die Vorderbeine auf Timmys Schultern legt. Nicht fehlen darf
natürlich die Mutter aller Tierschauansagen. John Henry Spindler
hat nichts von seinem Rhetoriktalent verloren und fordert nicht
nur zum Tierschaubesuch auf. Vielmehr machte er deutlich, dass
jeder Zuschauer dazu beitragen kann, dass es weiter Circus in
Deutschland gibt. „Gehen Sie in jeden Circus, und wenn er noch
so klein ist“, lautet sein Appell.
Dmitry
Azarov, Timmy Barelli, Salima Folco
Nach der
unterhaltsamen ersten Hälfte folgt ein deutlich stärkerer
zweiter Teil. Eröffnet wird dieser mit der eleganten
Handstandartistik von Dmitry Azarov. Im vergangenen Winter war
er noch bei „Dinner for Fun“ zu sehen. Timmy Barelli begeistert
– gemeinsam mit seinem Bruder Franz als seriösem Part – wieder
einmal mit seiner Version von „Musizieren ist hier verboten“.
Nachdem er Trompete und Saxofon abgeben muss und ihm letztlich
keine Instrumente mehr zur Verfügung stehen, singt er einfach
ein gekonntes „O Sole Mio“. Natürlich dürfen auch zahlreiche
Wortspiele und sonstige Gags nicht fehlen. Neu für uns war
Timmys Feuershow. Mit irrem Lachen zündet er immer größere
werdende Feuerwerkskracher in seiner Hand. Nicht ohne Appell an
die Kinder: „Nicht zu Hause nachmachen – nur in der Schule!“.
Nicht nachmachen sollten die Kids wohl auch den zweiten Teil der
Nummer. Hier zieht sich Timmy einen Gummihandschuh über den Kopf und
bläst ihn bis zum Platzen auf. Formidabel ist die doppelte Hohe
Schule, die gemeinsam und im Wechsel von den beiden
Schwägerinnen Salima Folco und Ramona Spindler zu spanischer
Musik geritten wird.
Franz
Spindler, Kevin Stipka
Mit zwei
echten Highlights geht das Programm seinem Höhepunkt entgegen.
Franz Spindler präsentiert eine exzellente Freiheitsdressur mit
sechs weißen Arabern, vielen anspruchsvollen Lauffiguren und
abwechslungsreichen Steigern. Der jugendliche Kevin Stipka lässt
einen Tennisschläger auf zwei Devilsticks tanzen und begeistert
mit der Jonglage von bis zu fünf Tennisschlägern. Seine frische,
jugendliche Ausstrahlung und hohe Manegenpräsenz machen die
Darbietung vollends zum Vergnügen. Darauf folgt das ausgiebig
zelebrierte Finale. |