Bereits beim äußeren
Erscheinungsbild fühlt man sich in die Vergangenheit versetzt.
Der blaue Viermaster ist auf einem Brachland zwischen Baumärkten
errichtet. Nur wenige Wagen und das Stallzelt für die
hauseigenen Pferde gruppieren sich darum herum. Dem Material
sieht man Alter und Verschleiß deutlich an. Einzige Ausnahme
sind die modernen Wagen für die Reklamenummer – die Seelöwen von
Adriana Spindler. Natürlich gibt es für die Meeressäuger auch
ein großzügiges Außenbecken.
Chapiteau
Im Zeltinneren werden links
neben der Manege Plakate getrocknet; rechts steht eine kleine
Restauration zur Verfügung. Sitzplätze gibt es neben den Logen nur frontal.
Jeder Besucher – egal ob in der Loge oder auf dem sechsreihigen
Gradin – nimmt auf weißen Plastiksesseln Platz. Der
Artisteneingang besteht aus einem Bühnenwagen mit zwei
seitlichen Eingängen. Alles hier wirkt ein wenig altbacken,
angestaubt – und hat gerade deswegen einen so ganz eigenwilligen
Charme. Auch die Darbietungen lassen sich durchweg sehen – wenn
man sie denn im wahrsten Sinne des Wortes in Gänze sehen könnte.
Größter Schwachpunkt des Programms ist nämlich die Lichtanlage.
Die LED-Scheinwerfer an den Masten sind zu schwach, weiteres
Licht kommt nur vom Bühnenwagen hinten. So agieren die Akteure
meist ziemlich im Dunkeln. Ein frontaler Verfolger würde hier
wohl Wunder tun.
Alex Polach junior
Gleich vier Auftritte
bestreitet Alex Polach junior selbst. Seine Version des „Human
Slinky“ ist wirklich gefällig und auch die Präsentation der vier
hauseigenen Pferde besticht mit vielen exakten
Fächer-Variationen. Steiger vermisst man hingegen. Wirklich
ausgezeichnet ist seine Leiterbalance. Eingeleitet wird diese
mit einer kurzen Kubusjonglage; anschließend balanciert Polach –
sich zugleich auf der freistehenden Leiter bewegend –
unterschiedlichste Requisiten. Dazu gehört zuletzt ein Fangkorb
auf seiner Stirn, in den er kleine Bälle wirft. Auch die Leiter
balanciert er gleich selbst auf der Stirn, nicht ohne sich
hinzusetzen und dann um die eigene Achse zu drehen, samt Leiter
verständlich.
Alex Polach junior, Anna Polach
Noch spektakulärer ist jene
Darbietung, mit der Polach das Programm beschließt. Als Requisit
dient ihm eine Konstruktion, die an ein Todesrad erinnert.
Laufkessel gibt es aber keine; auf der einen Seite gibt es eine
Vorrichtung, um Handstände zu drücken, auf der anderen zwei
Metallringe, die es ermöglichen, sich beispielsweise mit den
Füßen einzuhaken und sich so kopfüber in die Tiefe zu stürzen.
Zudem gibt es Balancen auf dem Requisit und zum Schluss
zahlreiche Überschläge. Das Publikum zeigt sich begeistert. Was
nicht wirklich verwundert, denn bei allen Auftritten kommen bei
Alex Polach Junior technisches Können, blendendes Aussehen und
eine hohe Ausstrahlungskraft zusammen – eine Kombination, die –
wenn man an seine Schwester Helena denkt – offenkundig in der
Familie liegt. Denn auch Mutter Anna steht nach wie vor in der
Manege. Sie moderiert das Programm und ist darüber hinaus mit
einer Hula-Hoop-Darbietung zu sehen.
Adriana Spindler
Große Reklamenummer sind indes
die bereits erwähnten Seelöwen von Adriana Spindler. Zusammen
mit ihrem Partner Matthias Richter präsentiert sie zwei Tiere – reichlich
Fisch-Belohnung inklusive. Gerade das mächtige Tier, Boris,
macht Eindruck. Zunächst gibt es Balancen mit Bällen. Auch der
Flossenstand gehört zum Repertoire. Boris demonstriert seine
Gesangseinlagen. Heute selten zu sehen und wohl eine Reminiszenz
an die berühmte Seelöwen-Darbietung von Gasser ist jener Trick,
bei dem das Tier seine menschliche Partnerin auf der Schnauze
durch die Manege trägt. In der Pause haben die Besucher zudem
die Gelegenheit, sich mit Boris fotografieren zu lassen und
nutzen dies auch zahlreich. In Deutschland war diese Darbietung
schon bei den Weihnachtscircussen in Gelsenkirchen und Krefeld
zu Gast.
Jindra Berousek und Tatiana Lenta
Ebenfalls in Deutschland
bereits bekannt ist das Duo Berosini, Tatiana Lenta und Jindra
Berousek. Sie waren unter anderem beim Circus Voyage. Sie
eröffnen das Programm mit der gemeinsamen Darbietung am
Fangstuhl. Zunächst werden zahlreiche Haltepositionen gezeigt.
Abschluss sind Überschläge von Tatiana mit Hilfe eines
Beckengurtes, den Jindra an Schlaufen hält. Solo arbeitet
Tatiana Lenta ebenfalls in der Luft, am Ringtrapez. In schneller
Folge wechseln sich die Tricks bis hin zum Zehenhang ab. Jindra
Berousek hingegen übernimmt die Rolle des Clowns mit bekannten
Szenen wie „Das Musizieren ist hier verboten“ oder der
Golf-Reprisen sowie mit einem sympathischen Zusammenspiel mit
einem kleinen Hund. |