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Budapest - Zero Gravitation 2014
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Budapest, 16. November 2014: „Zero Gravitation the flying circus“ ist anders, anders als die vorangegangenen Programme im Budapester Circusbau. Seit József Richter den Bau vor zwei Jahren übernommen hat, dominierte eine klassische Ausrichtung mit dem bekannten Dreiklang aus Artistik, Clownerie und Tieren die Programme. Der Gummi-Belag in der Manege war dem Sägemehl gewichen. Jetzt sind die Späne wieder verschwunden, denn die aktuelle Produktion verzichtet (mit Ausnahme von Hunden) auf tierische Akteure. Stattdessen hat man Artisten ausgewählt, die sich – mal mehr, mal weniger der Schwerkraft und deren Überwindung widmen.

Völlig unabhängig von der Schwerkraft ist das Licht. So auch jene Lichtstrahlen, die der Italiener Andrea Prince als „Laserman“ gleich zu Beginn durch den Kuppelbau wandern lässt. Es ist schon erstaunlich, wie Trends in der Genreauswahl sich immer wieder in der Circus-Landschaft ausbreiten. Die Lasershows sind da nur das aktuellste Beispiel, das doch umso mehr verwundert, da im Grunde doch nur technische Finesse und nicht artistische Leistung gezeigt wird.


Cherifian Troupe, Enrica Stauberti 

Fehlende artistische Leistung kann man dem Duo Stauberti bei ihrer Perche-Darbietung wirklich nicht vorwerfen. Verkauf und Kostümauswahl der beiden Tschechen hingegen wirken ein wenig altbacken; das gilt auch für Enrica Staubertis Zopfhang-Solo. Wirklich gelungen inszeniert sind die Auftritte der achtköpfigen Cherifian Troupe aus Marokko, die gleich zweimal in Erscheinung tritt. Im ersten Teil erscheinen die Artisten als ägyptische Tempeltänzer und bauen ansehnliche Pyramiden; nach der Pause entern sie als Piraten mit unterschiedlichsten Sprungvariationen die Manege, leben aber hier vom Schauwert.


4 Pantheras, Paolo Folco 

Ebenfalls doppelt vertreten sind vier junge Studentinnen der Ungarischen Artistenschule, die sich nun im Circusbau beweisen dürfen. In fluoreszierenden Kostümen fliegen sie zunächst an Bungee-Seilen durch die Kuppel. Unter dem Original-Namen „4 Pantheras“ lassen sie im zweiten Teil eine Darbietung vergangener Tage wieder aufleben: an zwei rotierenden Masten, die wie eine Luftperche eingesetzt sind, werden Partnertricks bis zum Genickwirbel synchron gearbeitet. Die einzigen Vierbeiner im Programm sind die Hunde von Paolo Folco. Die Nummer des Italieners mit einer übertrieben hohen Anzahl an Tieren wirkt überzogen und irgendwie aus der Zeit gefallen. Wenn das alles wenig begeistert klingt, so trifft es den Kern. „Zero Gravitation“ ist eindeutig eines der schwächeren Programme im Budapester Circusbau. Gerade der erste Teil des Programms, durch das Gyula Maka in bewährter Weise führt, plätschert in weiten Strecken vor sich hin. Doch es gibt auch Lichtblicke.


Lisa Rinne, Alex Bobylev, Inner Mongolia Troupe 

Einer ist Clown Alex Bobylev, der nun erstmals allein arbeitet. Der Russe hat dafür seine bekannten Reprisen – beispielsweise das Ping Pong-Spiel mit anschließender veritabler Mund-Jonglage der kleinen Bälle oder die Wasserschlacht mit jungen Gästen – umgestellt. Die fünf Damen der Inner Mongolia Troupe aus China fangen mit dem Kopf kleine Metallschüsseln, die sie sich mit den Füßen zuwerfen, während sie sich dabei auf hohen Einrädern durch die Manege bewegen. Einmal mehr begeistern kann auch Lisa Rinne aus Deutschland mit atemberaubenden Leistungen und authentischer Leichtigkeit an Schwungtrapez und Strickleiter.


Catwall Acrobats

Für einen fulminanten Schluss sorgen dann sechs Akteure aus dem Pool von „Catwall Acrobats“. In immer neuen Varianten stürzen sich die Kanadier aus dem durchsichtigen Sprunghaus auf ihre Trampoline und landen nach Sprüngen, Drehungen und Salti wieder im oder auf dem Gestell. Immer wieder ein Hochgenuss ist zudem das achtköpfige Live-Orchester unter Attila Maka, das auch die schwächeren Passagen des Programms trägt und bei den starken Darbietungen umso mehr auftrumpft.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Circusbau Budapest (
Fővárosi Nagycirkusz)