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Circus Roncalli - Tour 2014
www.roncalli.de ; 90 Showfotos

Köln, 11. Mai 2014: Roncalli ist zu Hause. Das merkt man sofort. Von der ersten Minute an feiern die Zuschauer im vollbesetzten Zelt auf dem Kölner Neumarkt die Akteure in der Manege enthusiastisch. Im Finale hält es sie nicht mehr auf den Sitzen. Es mag auch ein wenig der Heimvorteil sein, aber die Begeisterung ist nachvollziehbar. Endlich schöpft Roncalli wieder aus dem Vollen: eine gelungene Mixtur aus den typisch poetisch-surrealen Nummern und modern-heiteren Darbietungen, feudales Licht und grandiose Live-Musik machen das Programm zu einem erstklassigen Circus-Erlebnis.

Für den im Vergleich zu den Vorjahren deutlich positiveren Gesamteindruck sorgen vor allem ein optimierter, wesentlich harmonischerer und zugleich abwechslungsreich zusammengestellter Ablauf, ein deutlich eingespielteres Clowns-Quintett und nicht zuletzt auch der Wechsel einiger Darbietungen. Trotz der stets gebotenen Qualität hatte man sich als regelmäßiger Roncalli-Gast an manchen langjährigen Künstlern „satt“ gesehen – und so tun die neuen Gesichter der Show merklich gut.


Rokashkov

Eines dieser neuen Gesichter ist Andreis Jacobs. Der Amerikaner ist einer von mittlerweile acht „Rigolo“-Künstlern, die sich der Balance von Sanddornästen verschrieben haben. Die faszinierende Darbietung schafft jedes Mal aufs Neue erstaunliche Momente: trotz der Länge des Auftritts herrscht absolute Stille im Zelt, die Gäste folgen gespannt dem Aufbau und geraten aufgrund des überraschenden Endes in erlösende Verzückung. Auch der Spanier Sergi Buka ist neu bei Roncalli. Eigentlich Illusionist, eröffnet er hier das Programm, indem er Laserstrahlen durchs Zelt wandern lässt. Dieses Genre ist zurzeit in immer mehr Manege zu finden, meist sehr futuristisch inszeniert. Bukas Auftritt ist dagegen – ganz seinem Arbeitsplatz entsprechend - poetisch gehalten. So verwandeln sich seine Laserstrahlen beispielsweise in Uhrzeiger und stehen somit als Symbol für das Programmmotto „Time is Honey“. Noch in Vorbereitung befindet sich ein zweiter Auftritt von Sergi Buka, in der er seine Fähigkeiten als Schattenspieler demonstrieren kann. Zudem gibt es heuer auch ein Wiedersehen. Die Truppe Rokashkov, bereits von 2003 bis 2005 einer der Höhepunkte im Roncalli-Programm und anschließend auch in anderen Produktionen des Unternehmens zu sehen, ist wieder zurück mit auf Tournee; wohlgemerkt in teilweiser neuer Besetzung. Artistische Höchstleistungen und perfekt abgestimmte Inszenierung sind indes gleich geblieben. So verwundern die starken Reaktionen des Publikums auf die die vier mehrfach preisgekrönten Artisten auch heuer nicht.


Geraldine Philadelphia, Jemile Martinez, Bingo

Die weiteren Darbietungen sind zwar aus dem Vorjahr bekannt, profitieren aber allesamt von den bereits angeführten Umstellungen im Ablauf. Das gilt insbesondere für die beiden Neuzugänge des letzten Jahres. Das Duo Viro an den Tüchern sowie die Goldmenschen vom Trio Laruss wurden damals aus unterschiedlichen Gründen, nicht aber aufgrund ihrer Leistungsstärke ihrem Potenzial nicht gerecht. Diesmal ist das anders. So gehören sowohl das sinnlich-sensationelle Luft-Pas de Deux als auch die atemberaubenden Adagio-Posen heuer zu den besonders starken Momenten des Programms. Wunderbar auch der Auftritt von Geraldine Philadelphia. Abwechselnd zu ruhiger und dann wieder „wilderer“ Musik lässt sie mit viel Ausstrahlung ihre Reifen kreisen, jongliert und balanciert sie in immer neuen Posen. Vivian, Adrian und Lilian Paul sowie Partner Jemile Martinez bewegen sie auch in diesem Jahr auf Rollschuhen durch die Manege und demonstrieren alle relevanten Tricks dieses rasanten Genres. Jemile Martinez darf zudem erneut seine Ball-Jonglagen zeigen. Mit einem bunten Charivari (u.a. Rola Rola, Schlaufenwirbel, Tücher) und am Duo-Trapez sorgen fünf Mitglieder des Circus-Theaters Bingo in ihrer bekannt mitreißenden Art für Stimmung.


Karl Trunk

Nach wie vor sind Karl Trunks Ponys die einzigen Tiere im Programm. Doch die Klasse dieser Darbietung macht dies vergessen. Die Vorführung ist einfach fabelhaft anzusehen. Trunk hat einige neue Elemente integriert. Zunächst flechten drei große Ponys, anschließend umrunden sie Pylone. Erst dann ergänzen weitere fünf Vierbeiner den Reigen, die bekannte Nummer mit allen Figuren einer ausgereiften Freiheit nimmt ihren Lauf. Nach dem Groß & Klein mit gewaltigem Shire Horse runden Steiger den Auftritt ab.


Roncalli-Clowns mit Patrick Philadelphia

Die tragende Rolle im Programm hat auch in diesem Jahr das Clowns-Quintett inne. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen die Fünf sich deutlich eingespielter und erreichen so auch eine deutlich bessere Wirkung. Edouard „Eddy“ Neumann hat in Anatoli Akermann einen neuen Partner gefunden. Zusammen bilden sie die KGB-Clowns. Fulgenci Mestres (Gensi), Oriol Boixader und Devlin Bogino komplettieren das Quintett. In einigen Szenen mischt zudem Sarah Melbinger als weibliche Verstärkung mit. Einige Zwischenspiele sind aus dem vergangenen Jahr bekannt, beispielsweise das sich verselbstständigende Auto, die Music Box-Reprise, das Vivaldi-Glockenspiel oder die lebende Statue. Neu sind etwa die herrlich surreale Dressur eines Huhns – indem Oriol steckt - durch Gensi sowie die Zigarrenkisten-Jonglage, die Anatoli Akermann auf skurrile Weise mit Stepptanz verbindet. Wesentlich poetischer ist da die Schmetterlingsjagd von Clown „Eddy“ und Jade Devine. Als Zeremonienmeisterin leitet das ehemalige Captain Girl des Moulin Rouge auch weitere Darbietungen ein. Begleitet werden alle Nummern mit Ausnahme der Rokashkovs durch die grandiose Live-Musik des Orchesters unter Georg Pommer, die Begrüßung des Publikums übernimmt einmal mehr Patrick Philadelphia.


Finale

Mit dem traditionell ausgiebig zelebrierten Finale schließt auch die diesjährige Show. Sie vereint – wie man es mit diesem Circus verbindet - Spitzenartisten und wunderbare Clowns im nostalgischen Ambiente, virtuos unterstützt durch Licht und Musik. In diesem Jahr harmoniert dies alles noch ein wenig mehr als zuletzt. Es ist der beste Roncalli seit Jahren.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Stefan Gierisch