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Circus Krone - Tour 2014
www.circus-krone.de ; 68 Showfotos

Nördlingen, 4. Mai 2014: Das ist ein bisschen wie Autokino: Nachdem wir bei Ellwangen die Autobahn verlassen haben, kommen uns nach kurzer Zeit immer wieder Gespanne des Circus Krone entgegen. Der größte Circus Europas rollt nach Ellwangen, und wir zu ihm nach Nördlingen. Dort finden an diesem sonnigen Sonntag die letzten beiden Vorstellungen auf der Kaiserwiese statt. Das blaue Riesenzelt steht natürlich noch, und alles, was für die Show gebraucht wird, ist auch noch da. Während der Abbau auf Hochtouren läuft, rollt die Nachmittagsvorstellung praktisch unverändert ab.

Ein Video über die 109-jährige Geschichte des Circus Krone leitet die Vorstellung ein. Auf der großen Showtreppe spielt Weißclown Yann Rossi „La vie en rose“ auf seinem Saxofon, eine Dame des Balletts dreht sich am Luftring – und dann geht dieser romantische Prolog in das große, farbenprächtige Charivari mit allen Akteuren über.


Elefantendressur, Fratelli Rossi, Truppe Dalian

Gleich im Anschluss sorgt die zehnköpfige Truppe Dalian mit ihren haushohen Sprüngen, Salti und Pirouetten von der doppelten russischen Schaukel in ein Sprungtuch für manches Raunen im Publikum – ohnehin herrscht die ganze, gut besuchte Vorstellung über gute Stimmung im Krone-Chapiteau. Bei der folgenden Fingerpfeifen-Reprise hat inzwischen Pierre Rossi, der jüngere der beiden Neffen von Weißclown Yann, den Part des Augusts übernommen. Gegenüber früheren Krone-Programmen wurde die Zahl der Ballettauftritte zwar reduziert, doch als Einleitung zur Elefantennummer haben die Tänzerinnen und Tänzer – insgesamt zehn Frauen und drei Männer – einen ihrer ganz großen Auftritte, hier zum Thema „Holly-Bollywood“. Und der ist längst nicht nur schöne Kostümparade, auch tänzerisch und choreographisch wird hier Qualität geboten. Von den sechs Krone-Elefanten treten an diesem letzten Gastspieltag drei asiatische auf, allesamt beritten und von James Puydebois – im Hintergrund assistiert von Jana Mandana – vorgeführt. Seitdem das aktuelle Programm „Celebration“ im April 2011 seine Uraufführung auf der Münchner Theresienwiese feiert, wird die Show im Prinzip unverändert gezeigt. Nun gab es zum Beginn der Saison 2014 eine kleine Umbesetzung: Für die Anastasinis rückten die Fratelli Rossi ins Programm, ebenfalls mit ikarischen Spielen zu Swingmusik. Ebenso wie ihre Vorgänger zeigen die beiden Nachwuchsartisten in dunklen Hosen und Westen sowie weißen Hemden eine geradezu klassische Trickfolge dieses Genres. Nach einem geschickt verkauften Scheinsturz feuert das Publikum kräftig an, ein Doppelsalto und abschließend 16 Flic Flacs am laufenden Band bilden den mit viel Applaus bedachten Abschluss.


Flying Zuniga, Les Rossyann, Jana Mandana

Die stilvollen Rossyann-Clowns demonstrieren in den Abendvorstellungen mit zahlreichen Instrumenten vor allem ihr musikalisches Können. Jetzt, am Nachmittag, steht beim „Fangen der Pistolenkugel mit dem Mund“ dagegen der Humor im Vordergrund. „Mit Charme und Eleganz“ soll August Hector nach den Weisungen seines Partners agieren, doch er beweist lieber ein gerüttelt Maß an Tollpatschigkeit. Das zweite große Ballett-Schaubild entführt in ein „Tango-Café“ nach Argentinien. Erst gemeinsam mit dem Ballett, dann alleine in der Manege zeigt Juniorchefin Jana Mandana eine vorzügliche, temporeich gerittene Hohe Schule. Im zweiten Teil des Schaubilds wechselt das Thema zum spanischen Flamenco, und Jana Mandana zeigt einen Zwölferzug Cremellos. Den Aufbau des Flugtrapezes überbrücken „Les Rossyann“ mit ihrem Akkordeonspiel im Publikum. Die wunderbare Filmmusik aus „Dreamgirls“ leitet die Darbietung der Flying Zuniga ein. Doppelsalto gestreckt, Salto mit Schraube, die Passage ausgeführt von den beiden Damen und der dreifache Salto blind gesprungen sind die wesentlichen Tricks dieser Darbietung, in der immer wieder die unvergleichliche Eleganz des groß gewachsenen Fliegers Marlon Michael begeistert.


Martin Lacey jun., Truppe Elena Drogaleva

Bei seiner großen Raubtiernummer arbeitet Martin Lacey jun. in seinem spektakulären Netzkäfig mit neun Löwinnen, während Mähnenlöwe Kassanga und zwei weitere Löwen im Hintergrund über das Geschehen wachen. Nach neunfachem Hochsitzer und Sprüngen am Käfig entlang zur Löwenbar folgen der Fächer und der Teppich mit vier Tieren sowie der Sprung eines Löwen über drei Artgenossen. Von einem der Löwen lässt sich Lacey überspringen, auf einem anderen reitet er Richtung Tunnel, nachdem sich das mächtige Tier voll am Käfig aufgerichtet hat; auf den am Boden liegenden Kassanga legt sich Lacey gar in voller Länge drauf. Die Fahrt des weißen Löwen King Tonga auf der Spiegelkugel und – nach Käfigabbau und Hutjonglage der Rossyann – der Kurzauftritt der Exoten (Kamele, Zebras, Lamas) sowie die Präsentation des Nashornbullen Tsavo beschließen den umfangreichen Dressurblock nach der Pause. Großen Anklang finden an diesem Nachmittag die Jonglagen der Truppe Elena Drogaleva. Die Namensgeberin als elegantes Marlene-Dietrich-Double und ihre drei Gentlemen in stilvollen Nadelstreifen-Outfits sorgen für einen der schönsten Momente dieses Programms.


Crazy Wilson, Finale, Roland Duss

Unsere tierischen Favoriten sind dagegen die vier Seelöwen und der kleine Hund von Petra und Roland Duss. Immer wieder begeistern die zahlreichen und äußerst rasant vorgetragenen Tricks, bei denen die Tiere häufig auch miteinander agieren – eine bessere Seelöwennummer kennen wir nicht. Großen Schauwert hat die Darbietung von sechs der Chinesen, nunmehr als Truppe Chy Fu Dey, die an einem großen „Metall-Ufo“ in die Kuppel schweben. Von dort stürzen sie sich an Bungees in die Tiefe und sorgen mit ihren fluoreszierenden Kostümen für schöne Bilder im abgedunkelten Zelt. Zum Abschluss des Programms garantiert Crazy Wilson bei seiner waghalsigen Todesradnummer noch mal Nervenkitzel. Da ist es schon ein Vergnügen, die vielen Entsetzensschreie im Publikum zu hören und die hinter Handflächen verborgenen Gesichter zu beobachten. Neu ist seit einiger Zeit, dass Wilson zwischendurch vom Laufkessel des Rades flink auf die andere Seite seines glänzenden Requisits, hin zu dem Gegengewicht, und wieder zurück spurtet. Für die Ansage seines Saltos auf der Außenseite des rotierenden Rades wurde nun der Text geändert. Somit ist Crazy Wilson nicht mehr der „einzige Artist auf der Welt“, sondern „war der erste“, der diesen äußerst spektakulären Tricks zeigte. Schließlich kann man dieses Kunststück inzwischen beispielsweise auch bei den Navas und den Vanegas erleben. Ersparen sollte sich Wilson allerdings das offensive Einfordern von Standing Ovations - es wirkt doch eher befremdlich.

„Celebration“ ist insgesamt ein sehr starkes Programm, wie man es während einer Reisesaison heute kaum noch zu sehen bekommt. Nach drei Stunden Show und Riesenbeifall im großen, als Shownummer choreographierten Finale hat sich indes die Nördlinger Kaiserwiese weiter geleert, noch mehr Fahrzeuge und Wagen sind bereits Richtung Ellwangen unterwegs. Auf der Heimfahrt überholen wir nun auf der Autobahn einige Krone-Fahrzeuge – und freuen uns auf 2015. Dann soll eine neue Krone-Produktion nach vier Jahren „Celebration“ ablösen. Wir sind gespannt, was kommen wird.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber