Gespielt
wird im gleichen, rot-gelb gestreiften Chapiteau mit Klappsitzen. Im
Vorzelt stehen die aus Karlsruhe bekannten Verkaufsbuden. Nur käme hier
keiner darauf, an einen Weihnachtsmarkt zu denken. Denn das gesamte
Vorzelt ist dank sehr üppiger Dekoration nicht weihnachtlich-gemütlich,
sondern gruselig-unheimlich gestaltet. Sogar das Popcorn ist
vermeintlich in Blut getränkt. Im Spielzelt gibt es statt Logen nun
Gruften. Die große Rundbühne ermöglicht viele spektakuläre
Feuereffekte. Und schon die Begrüßung ist alles andere als herzlich.
Schubweise werden die Zuschauer durch einen Grusel-Parcours geschickt,
in dem Furcht erregende Gestalten für Schreckmomente sorgen. Überhaupt
sind alle Mitwirkenden in und an der Manege in passende Outfits
gekleidet. An Schminke wird definitiv nicht gespart.
Nosferatut,
Ballett, Maleficus
Wie
schon 2013 gibt es wiederum eine Rahmenhandlung: Der böse Vampir
Nosferatu entdeckt eines Tages einen fröhlichen Zirkus und
transformiert ihn in den Zirkus des Horrors. Alle Artisten geraten in
seine Fänge. Nur eine kann entfliehen - Camilla (Mona Sperlich). Die
anderen
Mitwirkenden unterstützen Nosferatu (Giovanni Biasini) nun bei der
Suche nach seiner
geliebten Camilla, damit auch sie Teil der dunklen Welt wird. Wie bei
viele derartigen Produktionen ist diese Handlung nicht essentiell, um
die Show zu verstehen. Sie gibt ihr aber einen gewissen Rahmen.
Nosferatu hat immer wieder seine Auftritte. Des weiteren begleiten uns
die vier Tänzerinnen des Balletts durch den Abend. Immer haben
sie effektvolle Einsätze, die natürlich ganz dem Horror-Thema gewidmet
sind. Zweimal erleben wir Clown Maleficus (Milano Kaiser). Zunächst
holt er allerlei
unappetitliche Gegenstände aus einer Popcornpackung und verteilt sie an
das Publikum. Dann darf sich ein Zuschauer als Hund produzieren, um
kurz darauf am Messerbrett zu stehen. Mag dieser Auftritt schon
grenzwertig
sein, werden beim zweiten Grenzen überschritten. Der negative
"Höhepunkt" ist erreicht, wenn sich der gleiche Zuschauer am Pranger
wiederfindet und sein Hinterteil entblößt wird.
Pain Solution
Für
den größten Horror der Show wurde wiederum die Formation Pain Solution
engagiert. Der Name sagt eigentlich schon alles. Wenn die drei Norweger
auftreten, gibt es immer wieder ein paar Zuschauer, die das
Chapiteau verlassen. Andere lassen das Spektakel über sich ergehen, und
wieder andere scheinen damit kein Problem zu haben, im Gegenteil. Wie
für so ziemlich alles, hat sich auch für derartige Performances eine
Anhängerschaft gefunden. Die hat ganz offensichtlich Gefallen daran,
wenn sich einer der Akteure lange Nadeln durch Gesicht und Arme steckt.
Das ist natürlich noch nicht alles. Die Steigerung folgt im zweiten
Programmteil. Dann bekommt eine der beiden Damen Haken in die Haut am
Rücken gesteckt, mit denen sie nach oben gezogen wird. Daran schwingt
sie "fröhlich" durch die Luft. Beim Blick auf die Facebook-Präsenz der
Formation offenbart sich, dass hier noch weitere Spielarten im Angebot
sind.
Virgilia Riedesel
und Sonny Quaiser, Sascha, Aurelie
Das
Horror-Thema kann natürlich auch weitaus appetitlicher umgesetzt werden.
Diabolo-Artist Gergio etwa beweist dies. Der junge Tscheche tritt
ohnehin als Punk auf. So konnten wir ihn schon beim European Youth
Circus, beim Circus Alberto Althoff oder beim Cirque Pinder erleben.
Bis zu vier Diabolos hält der jugendliche Wirbelwind aus Tschechien
gleichzeitig in der Luft. Er ist somit ein perfekter Neuzugang für den
Zirkus des Horrors. Gleiches gilt für die Strapatennummer von Virgilia
Riedesel und Sonny Quaiser. Zusammen zelebrieren sie eine wunderbare
Kür, die hier aber dämonisch verpackt wird. Aus dem
vergangenen Jahr - und dem letzten Karlsruher Weihnachtscircus - kennen
wir Sascha und seine Partnerin Aurelie. Natürlich schlüpft Sascha
wieder in sein Froschkostüm, um darin ausgelassen, Horror hin oder her,
über die Bühne zu fegen. Was er dabei in der Disziplin des Klischnigg
zeigt, ist wirklich phänomenal. Die extreme Biegsamkeit seines Körpers
stellt Sascha noch einmal unter Beweis, wenn er sich von Aurelie in
einer Art Folterwerkzeug um die eigene Achse drehen lässt, während die
Füße fixiert sind. Aurelie arbeitet wiederum ihre kraftvolle Artistik
an zwei vertikalen Stangen. Originelle Tricks werden gekonnt
dargeboten.
Rene Sperlich,
Maik und Siegfried Sperlich, Mona Sperlich
Weitere
Ausrufezeichen im artistischen Bereich setzen die Kinder von Rosemarie
und Joachim Sperlich. Rene Sperlich beeindruckt mit seiner
Handstandartistik, die er im ägyptischen Stil präsentiert. Das Ballett
unterstützt den Pharao in Gestalt von Mumien. Tolle Lichteffekte und
eine Pyramide als Requisit komplettieren die Ägypten-Atmosphäre. Die
Akrobatik selbst ist sehr stark, insbesondere der Klötzchentrick
fasziniert. Handstände sind natürlich auch Bestandteil seiner
Stuhlbalancen. Die gläsernen Stühle ruhen dabei auf vier
Whiskyflaschen. Immer spektakulärer wird die Todesrad-Nummer, die
Bruder Maik gemeinsam mit beider Cousin Siegfried präsentiert. Das geht
los beim von Licht-, Laser- und Nebeleffekten begleiteten Aufbau und
endet bei der Darbietung selbst. Diese beinhaltet den doppelten Lauf
mit verbundenen Augen und den Lauf im Handstand auf dem Außenrad, um
nur zwei Tricks herauszugreifen. Feurige Hula Hoop-Artistik ist das
Metier von Tochter Mona, oder hier eben Camilla. Sie erhält dabei
ebenfalls Unterstützung von den Ballett-Girls, so dass daraus eine
ganzheitliches Bild entsteht.
Freefighter
Die
eindrucksvollste Produktion erleben wir aber vor dem groß inszenierten
Finale, bei dem die Geschichte aus dem Opening zu Ende erzählt wird.
"Freefighter - eine heiße (Stunt-)Show" nennt sie das Programmheft.
Düstere Typen kommen auf Motorrädern und einem Quad auf die Bühne. Es
folgen Feuerspiele, in deren Mittelpunkt Milano Kaiser steht, der
meterhohe Flammen unter die Kuppel spuckt. Der heißeste Typ dabei ist
aber Freddy Peters. Mit seiner Motocross-Maschine springt er von einer
Schanze vor der Bühne in die Luft, um danach auf einer Plattform vor
dem Artisteneingang zu landen. Dazwischen zeigt er im wahrsten Sinne
des Worts abgefahrene Sprungvarianten. Das Licht ist hier, ebenso wie
die Musik, einmal mehr perfekt eingesetzt. Zudem wird in diesem Jahr
eine eigene Lichtanlage genutzt. Auf LEDs wird dabei weitgehend
verzichtet. |