Es hätte
des Bekenntnisses nicht bedurft – die Liebe und Leidenschaft,
mit der hier Circus gemacht wird, ist ganz offensichtlich. Zum
Beispiel in der umfangreichen Tierschau mit 20 Pferden in
großräumigen Boxen und ebenso vielen Kamelen im Paddock, mit
fünf Zebras und einigen Ponys. Im Freigehege können vier neu
erworbene Elanantilopen bestaunt werden, die aktuell auf die
Manegenarbeit vorbereitet werden. Fünf normalfarbene und vier
weiße Tiger, außerdem zwei männliche Löwen – davon ein weißer –
bilden die Raubtiergruppe, die in großzügigen Wagen und
gewaltigen Außenkäfigen untergebracht ist. In zwei Schauwagen
werden Reptilien präsentiert, ein Alligator, eine
Riesenschildkröte, ein Leguan, verschiedene Schlangen.
Circusfront
Die
Leidenschaft fürs Circusmachen zeigt sich auch im Chapiteau mit
komplettem Schalensitzgradin und Polsterstühlen in der Loge, mit
einer modernen Licht- und Tonanlage und dem schönen
Artisteneingang. Das Faible für erstklassiges Material liegt den
Willes offenbar im Blut, bei William ebenso wie bei Carl Busch.
Während der verstorbene Alfons Wille der Direktor des Circus
Carl Busch war, ist sein Bruder Heinz der Seniorchef bei
William. Bei Carl Busch wird der Großteil des Programms
bekanntlich von engagierten Artisten bestritten, während bei
William vor allem die Familie in der Manege steht, also Heinz Willes Söhne Markus (38), Manolito (33), Manuel (32) und Roberto
(31) sowie Tochter Maria Weber (36) mit Schwiegersohn Robin
Weber. Auch die nächste Generation ist bereits im Programm
vertreten.
Georgie, Deniro
und Markus Wille
Und
schließlich lässt auch das Programm die Liebe zum Circus
deutlich spüren. Immer wieder kommen aufwendige Requisiten zum
Einsatz, zum Teil sind die Darbietungen in Schaubilder verpackt,
die unter anderem mit thematisch angepassten Kostümen umgesetzt
werden. Die charmante Moderation teilen sich Manolito Wille –
vor der Pause – und seine Frau Kathleen – nach der Pause – je
zur Hälfte. Neben guter Artistik und origineller Clownerie sind
sicher die Tierdressuren eine besondere Stärke dieses
Unternehmens. Eröffnet wird das Programm im orientalischen Stil
mit sechs Kamelen unter der Peitschenführung von Markus Wille,
ehe Roberto Wille einen Friesenhengst zwischen drei Figuranten
seine Runden drehen, den Kopf zwischen die Vorderbeine legen und
steigen lässt. „Wiener Klassik“ ist dagegen wenig später das
Motto, wenn Markus Wille seinen herrlichen Achterzug Friesen
vorstellt. Sein Sohn Deniro hat sich eine anspruchsvolle
Schlappseil-Arbeit erarbeitet, die mit einer Keulenjonglage
während der Einradfahrt und mit dem Spagat auf dem Seil ihren
Abschluss findet. Tochter Georgie ist als Fee Tinker Bell aus
„Peter Pan“ mit ihrer Kautschukarbeit zu erleben. Ihr Requisit
ist wie eine Blüte gestaltet, deren vier Blätter sich zum Beginn
der Nummer öffnen und am Ende wieder schließen.
Tonda Maleckov,
Roberto und Manuel Wille
Die
Clownerie liegt in den Händen der beiden jüngsten Wille-Brüder
Manuel und Roberto alias Charly und Antonio, ergänzt um den
engagierten Artisten Tonda Maleckov, der „Antonia“ im
gepunkteten Kleid gibt. Das „komische Taxi“, das sich immer
weiter selbst zerlegt und gar führerlos seine Runden dreht,
kommt natürlich glänzend an, ebenso wie die
Schleuderbrett-Reprise mit „Flieger“ aus dem Publikum. Markus
und Roberto Wille sowie zwei Damen sorgen als „Colorados“ für
schwungvolle Momente beim Lassodrehen und Messerwerfen, ehe
Manuel Willes Lebensgefährtin Sabrina Kaselowsky am kreisenden
Luftring den ersten Programmteil beschließt. In der Pause wird
der ungewöhnliche massive Zentralkäfig errichtet, in dem Manuel
Wille wenige später auf jugendlich-unbekümmerte und äußerst
sympathische Art seine Raubtiere dirigiert. Drei sibirische
und drei weiße Tiger sowie ein männlicher Löwe formen diese
hochklassige und flüssig ablaufende Darbietung, zu der u.a.
Sprünge (auch über Artgenossen), Tigerbar, Teppich, Hochsitzen
und Pyramide gehören. Wie bei Martin Lacey schließt sich der
Solo-Auftritt des weißen Mähnenlöwen Sambesi auf der
Spiegelkugel an die Arbeit der Gruppe an.
Roberto Wille,
Robin Weber
Ein
weiteres Highlight im Bereich der Tierdressuren setzt Roberto
Wille mit seinem braun-weißen Sechserzug Araber. Mit u.a.
Gegenlauf klassisch und zu dritt, Pirouetten und dem Flechten,
sechsfachem Steiger und diversen Da Capi werden alle Facetten
einer anspruchsvollen Freiheitsdressur präsentiert. Auch die
ruhig und sicher laufende Präsentation der vier Zebras im ersten
Programmteil überzeugt rundum. Exotische Tiere, Riesenschlangen
nämlich, sind dann noch einmal in dem großen Schaubild zu sehen,
bei dem Robin Weber als Feuerschlucker- und Spucker im
Mittelpunkt steht.
Marketa Maleckova,
Loridana und Manolito Wille
Loridana,
Tochter von Maria (geb. Wille) und Robin Weber, kombiniert an
einem unablässig kreisenden Halbmond Elemente von Handstand- und
Luftartistik. Ganz hoch hinaus geht es dann schließlich bei der
Darbietung von Marketa Malecková am still hängenden und später
schwingenden Trapez, das bis direkt unters Zeltdach gezogen
wird. Der Nackenwirbel am schwingenden Trapez ist spektakulärer
Abschluss dieser Darbietung. Den Schlusspunkt des Programms
setzen schließlich Markus und Manolito Wille auf dem Todesrad,
das über nur einen Kessel verfügt. Zu Beginn ihrer rasanten
Touren wechseln sie sich Runde und Runde im Innenrad ab, während
Manolito Wille später u.a. den Blindlauf wagt und die Nummer mit
einem beherzten Sprung vom Rad über die Logen beendet. |