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Flic Flac EXXTREM - Tour 2013
www.flicflac.de - 100 Showfotos

Hannover, 20. Februar 2013: Das ist in der Tat das „Comeback des Jahres“, wie es auf den Plakaten steht. Nach fast drei Jahren Tourneepause, in denen der Circus nur Weihnachtsproduktionen an mehreren Standorten zeigte, ist Flic Flac wieder da – mit einem starken Partner an der Seite. Es handelt sich um die DEAG-Tochter Grandezza mit ihrem umtriebigen Circus-Manager Thomas Schütte, lange Jahre feste Größe bei Roncalli. Am 20. Februar war auf dem Schützenplatz in Hannover Premiere der neuen Show „Exxtrem“, die vorerst bis Ende November in sieben Städten laufen soll. Sechs Jahre nach „No Limits“ wagt Benno Kastein nun noch mal eine Tournee in dem gewaltigen, 100 mal 46 Meter großen Achtmaster.

Dieser steht nun auf dem Schützenplatz in Hannover. Im Freien ist der bekannte Barwagen platziert, im zweimastigen Vorzelt der luxuriöse Toilettenwagen mit den berühmten „Schüttelautomaten“ und die bekannte Kasse. Ebenso wie gehabt ist die Restauration im Hauptzelt zwischen Rundleinwand und Tribüne untergebracht. Bei „No Limits“ standen die beiden Blöcke des Gradins links und rechts einer 40 Meter langen „Straße“. Nun wurden die Gradinblöcke in der Mitte geteilt und auseinandergerückt, um einer „Querstraße“ Platz zu machen. So wurde ein „Fadenkreuz“ als Bühne geschaffen. Die Show beginnt mit einer Art „Militärparade“. In schwarzer Hose, weißem Hemd und Sakko marschieren zwei Artistengruppen in strengen Formationen über die Bühne. „Antreten zur großen Herausforderung“, so könnte man diese Choreographie wohl deuten, die ohne Musikbegleitung abläuft.


Fasttrack, Nicolai Kuntz, Ira Rizaeva und James Jean Michellety

Der riesige Raum des Spielzelts gehört dann zunächst Nikolai Kuntz für seine bekannte, leistungsstarke Schwungtrapez-Nummer zur bewährten Musik, für die er kürzlich beim Nachwuchsfestival in Monte Carlo Silber erhielt. Mit einer Pirouette vom Fersenhang in den Kniehang am still hängenden Trapez geht es los. Dann werden in rasanter Abfolge Salti, Pirouetten und Abfaller am weit ausschwingenden Trapez geboten. Nach diesem Solo-Act stehen bei der anschließenden Darbietung 18 junge Männer und Frauen einer großen Truppe aus Russland – die später in verschiedensten Nummern auftreten – auf der Bühne. Das komplette Bühnen-Fadenkreuz wird mit Fasttrack-Trampolinen ausgelegt, auf denen schnelle, äußerst dynamische Sprünge und Salti gezeigt werden. Dies geschieht sowohl auf der langen „Hauptstraße“, als auch über kreuz. Dazu läuft zum ersten Mal an diesem Abend Rammstein-Musik, konkret „Moskau“. Ira Rizaeva war viele Jahre lang mit wechselnden Darbietungen Teil der Flic Flac-Shows. Nun hat sie gemeinsam mit Benno Kastein bei „Exxtrem“ Regie geführt – und wiederum eine neue Nummer kreiert. Mit ihrem neuen Partner James Jean Micheletty zeigt sie Passing-Jonglagen mit bis zu acht Keulen und sieben großen Reifen. Beide stehen sich dabei auf den sich hebenden und senkenden Plattformen von zwei Gabelstaplern gegenüber. Im zweiten Teil der Nummer finden beide zwischen Jonglagen mit drei Keulen, die sie hin- und her werfen, noch Zeit für einen Striptease. Die Sprünge der russischen Truppe von einer Russischen Schaukel gehen anschließend „quer“ durchs Zelt. Das Requisit steht in einer Öffnung des Gradins, in der gegenüberliegenden hängt ein großes Netz. Darin landen die Akteure – begleitet von vielen „Ahhs“ und „Ohhs“ – nach ihren hohen Salti und Sprüngen. Wirkungsvoll sind auch die Überschläge mit der Schaukel.


Tatjana Kastein, Nicolai Kuntz, Larissa Kastein 

En bloc folgen drei Darbietungen der „Flic Flac-Junioren“ Tatjana und Larissa Kastein sowie ihres jungen Onkels Nicolai Kuntz. Bei seiner Diaboloshow hat Kuntz in der Bühnenmitte die nicht einfache Aufgabe, alle vier Blöcke der Tribüne „bespielen“ zu müssen. Diese löst er gut. Erst ein, dann zwei Diabolos lässt er zunächst in kleinen, komplexen Mustern über die Schnüre tanzen und dann hoch hinauf bis unter die Zeltkuppel fliegen. Zum Abschluss jongliert er kurz mit drei herkömmlichen und anschließend, im Dunkeln, mit leuchtenden Diabolos. Tatjana Kastein stellt einmal mehr eine komplett neu choreographierte Version ihrer Handstandkünste vor. Dabei wechseln sich berührend schöne, zarte Streichermusik und härtere Töne ab. Diesmal sehen wir Tatjana Kastein umworben von vier Männern. Über deren Rücken läuft sie zum einen Paar Handstäbe; später rollt sie sich über ihre Körper zum zweiten Paar Stäbe. Sie schließt mit Handständen auf den ausgestreckten Armen ihrer Partner. Die Stange für Larissa Kasteins erotisch-lasziven und kraftvollen Poledance wurde auf das Führerhaus eines gewaltigen Traktors montiert. Selbiger zieht anschließend auch das Metallgestell auf Rollen auf die Bühne, auf welchem die gewaltige Motorradkugel mit 6,50 Meter Durchmesser ruht. Drei, fünf und sieben Fahrer auf kreuzenden Bahnen rasten bei der Premiere – unter riesigem Jubel – durch die Kugel. Laut Flic Flacs Pressetexten sollen es bis zu zehn Fahrer werden. Sprecherin Meike Schütte erzählte auf Nachfrage, dass die Kugel ein Eigenbau des Hauses Flic Flac und größer als andere Modelle sei. Die Fahrer müssten sich erst noch aneinander und an das nagelneue Requisit gewöhnen. Schließlich sei es der Anspruch von Benno Kastein gewesen, keine fertigen Nummern zu engagieren, sondern nur Artisten mit ihrem Können. Sämtliche Darbietungen sollten dann speziell für „Exxtrem“ entwickelt werden. Die Show ist insofern sicher kein fertiges Produkt, sondern „Work in Progress“, wird sich noch deutlich weiterentwickeln. In Vorbereitung befindet sich auch die doppelte Todesradnummer. Dabei sollen zwei ebenfalls selbst gebaute Räder mit außergewöhnlich großen Laufkesseln parallel nebeneinander stehen. So sollen Sprünge von einem zum anderen Rad möglich werden. Dazu müssen die beiden Räder synchron, in gleicher Geschwindigkeit, bewegt werden. Noch laufe das Training für diese Darbietung. „Hinten angestellt“ worden seien darüber hinaus die Pläne für eine Kanonenschuss-Nummer, zumal es auch diese – wenn überhaupt – nur als Eigenkreation geben werde.


"Höllenfahrt" auf Inlinern und BMX-Rädern 

In der Pause wird ein gewaltiges Requisit eingerichtet: eine 15 Meter hohe Rampe, gleich einer Skisprungschanze, die in einer Art Halfpipe mündet. Von ganz oben rasen mehrere Hasardeure auf BMX-Rädern und Inlineskates in die Tiefe, durch die Halfpipe, werden in die Luft katapultiert und landen – nach Rückwärts-Salto auf dem BMX-Rad oder Pirouette auf Inlinern – auf einer schrägen Rampe, schießen hinunter in den Auslaufbereich. Dazu wird der Suizid-Song „Spring“ von Rammstein gespielt. Tatsächlich kommen die Inliner nach der Landung ins Schlittern und Straucheln. Diese „exxtreme“ Nummer ist eine gefahrvolle Angelegenheit. Einen schönen Kontrast hierzu bildet die Einlage einer Artistin am Luftring, während die Schanzenspringer sich noch einmal, für einen zweiten Durchgang, in die Höhe begeben. Zu Beginn der Schanzennummer saust übrigens ein „Weißer Hai“ – als Stofftier – zur passenden Filmmusik die Rampe hinab. Einer der wenigen Momente der Show, in denen Humor aufblitzt. Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen, zunächst keinen Komiker zu engagieren, sagte Sprecherin Meike Schütte auf Nachfrage. „Das Grundthema der Show ist die Gefahr, die wir in den Mittelpunkt stellen wollten.“


Hand auf Hand, Trompolin, Luftring

Zum Abbau der Schanzenkonstruktion – sie wird wieder unters Zeltdach gezogen – gibt es noch mal Kontorsionen am Luftring und später Gesang von Sänger Frank Fabry. Er ist aus der letzten Flic Flac-Tourneeshow „Artgerecht“ bekannt. Bereits am Premierentag gelingen die Wechsel der Großrequisiten in der gesamten Show überraschend zügig. Als nächstes wird ein großes, zweistöckiges Haus mit Tür- und Fensteröffnungen in die Mitte der Bühne gefahren. Von diesem senken sich vier Trampoline auf die Äste der Kreuzung ab. „Puff“ steht gut lesbar auf allen Seiten des Turms. Aufreizende Damen in roter Wäsche umgarnen hier die (vornehmlich) Herren, die von den Trampolinen aus mit Sprüngen und Salti in die Öffnungen des Hauses und auf sein Dach springen. Mehmded Mehmedov und Iuliia präsentieren daraufhin eine Nummer an Tüchern, zunächst mit dem Herrn als Porteur bei verschiedenen Voltigen. Dann umkreisen sich beide in schönen Figuren an je einem Tuch. Auf dem Boden wiederum treffen zwischen brennenden Ölfässern zwei „Banden“ aufeinander, die miteinander im Streit stehen. Die beiden Anführer Dmitry Makrushin und Dmytro Tarasenko (letztes Jahr im „Horror-Circus“) „bekämpfen“ sich in einer starken Hand-auf-Hand-Nummer. Gleich zum Beginn zeigt der Untermann eine Pirouette im Sitzen, während der Partner im Einarmer auf seinen Kopf balanciert. Schlussnummer sind wiederum, wie bei „No Limits“, die waghalsigen Motorrad-Springer. Zwar nicht „über Kreuz“, wie ursprünglich angekündigt, aber doch mit äußerst spektakulären Tricks zeigen sie ihr Können. Wenn die Beine im Flug in die Luft gerissen und die Füße auf dem Lenker abgestellt werden, wenn sich die Akteure nur noch am Sattel festhalten oder die Maschine gleich ganz loslassen, wenn sie Salti mitsamt dem Gefährt schlagen oder das Motorrad absichtlich „ins Trudeln“ gebracht wird, dann sind die Publikumsreaktionen fast unbeschreiblich.


Fliegende Motorräder

Bereits nach dieser spektakulären Schlussnummer, bei der jeder Sprung mit großem Jubel quittiert wird, hält es einige Besucher nicht mehr auf den Sitzen. Sie applaudieren stehend. Und als dann das Ensemble, wie beim Opening in militärischer Strenge, zum Finale einmarschiert, erhebt sich das komplette Publikum ohne Umschweife zu Standing Ovations. Der strenge Aufmarsch der Akteure geht nun, nach vollbrachter Leistung, in einen ausgelassenen, erleichterten Tanz über. „Das Comeback des Jahres“ – wir sind gespannt, wie sich Flic Flacs neue Megashow weiter entwickelt.

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Text: Markus Moll; Fotos: Stefan Gierisch