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Cirkusz Eötvös- Tour 2013
www.eotvoscirkusz.com ; 75 Showfotos

Györ, 12. Mai 2013: Vier Jahre sind seit dem Neustart des Cirkusz Eötvös vergangen. Damals entschlossen sich Lorand Eötvös und seine Schwester Susy – zusammen mit ihren Ehepartnern - ein eigenes Unternehmen zu gründen, um somit eine Familientradition auferstehen zu lassen. Heute ist das Unternehmen nach dem Nationalcircus der Richters bereits das Zweitgrößte in Ungarn. Die Show lässt sich erst Recht sehen. Das runde, gefällige Nummernprogramm überzeugt dank ausdrucksstarker Akteure, einigen netten Inszenierungsideen sowie einer schönen Aufmachung der Acts.

Daneben haben die Eötvös aber auch ins Material investiert. Es gibt ein neues, mit Holzboden ausgelegtes Vorzelt, das nun die Fahrgeschäfte und Hüpfburgen beherbergt, mit denen Lorands und Susys Eltern ihre Kinder auf Tournee begleiten und vor allem die kleinen Gäste erfreuen. Hinzu kommen neue Verkaufsstände und ein neuer Buffetwagen. Vor dem Zelt erwartet ein neuer Kassenwagen die Zuschauer.


Entree

Gespielt wird dagegen weiterhin in einem Vier-Mast-Zelt mit Längskuppel und 32 Metern Durchmesser. Blockweise im Gradin und in den Logen finden 1200 Gäste Platz. Die Lichtanlage zeigt weiteren Optimierungsbedarf. Denn obwohl auch hier investiert wurde und neben Scannern nun auch Traversen mit LEDs zum Einsatz kommen, ist das Geschehen in der Manege nicht immer optimal ausgeleuchtet. Gerade der Verfolger erscheint sehr schwach. Die Musikanlage ist dagegen völlig zufriedenstellend, und auch die Auswahl der Stücke gefällt und rundet viele Nummern ungemein ab.


Adrienn Eötvös, Lorand Eötvös, Stewen Wertheim

Natürlich ist die Direktion abermals selbst in der Manege aktiv. Lorand Eötvös moderiert, seine Frau Adrienn (geb. Wertheim) arbeitet mit Hula Hoop-Reifen, die sie variantenreich um ihren Körper kreisen lässt. Alle relevanten Tricks in diesem Genre werden gezeigt. Zusammen agieren beide dann in der bekannten, beim Budapester Festival ausgezeichneten Duo-Jonglage. In Deutschland waren beide damit bei Barelli und zuletzt 2010 im Hammer Weihnachtscircus von Maria Eleky zu sehen. Ihr Auftritt umfasst die Jonglage mit Ringen und anschließend mit bis zu neun Keulen, zum Schluss im gemeinsamen Passing. Unterschiedlichste Wurfmuster werden dabei sicher gehandhabt. Stewen Wertheim - Ehemann von Susy Eötvös, die sich ansonsten um administrative Angelegenheiten kümmert - gibt auch in diesem Jahr den Reprisenclown. Dabei wandelt er auf den Spuren von Wilhelm Tell, gibt ein Konzert auf Kerzen und animiert das Publikum zum Tanzen und Klatschen. Sein Auftreten wirkt im Vergleich zu den Vorjahren immer weniger aufdringlich, so richtig will der Funke aber auch heuer nicht überspringen.


Cezary Mikulski

Durch zahlreiche Engagements in Italien hat die Familie Eötvös eine Vorliebe für den südländischen Staat entwickelt, welches sich immer wieder in den Shows zeigt. Seit der Gründung des eigenen Circus sind die Programme stark von italienischen Akteuren geprägt; so waren in den letzten Jahren schon Tiere der Familie Togni engagiert, ebenso wie der talentierte Manuel Farina, der mit seiner gemischten Raubtiernummer im letzten Jahr den Höhepunkt bildete. Auch 2013 war eine Nummer mit Großkatzen aus Italien angedacht. Das Engagement kam jedoch nicht zustande. Ersatz, sehr hochwertigen sogar, fand sich in Tschechien bei Ludwig Berousek. Die von ihm zusammengestellte und dressierte Gruppe besteht aus zwei normalfarbenen Tigern, einem weißen Exemplar, einem Golden Tabby sowie einem weißen Löwen. Während die Tiere und das Material zum Zoo Park Berousek gehören, liegt die Vorführung hier in den Händen von Cezary Mikulski. Wie schon bei seinen Auftritten in Deutschland, u.a. bei Barelli und Busch-Roland, weiß sein Präsentationsstil nicht wirklich zu gefallen. Das gezeigte Repertoire dagegen erfüllt alle Ansprüche. So bilden die Tiger eine Pyramide, legen zum Teppich ab, zeigen Balken- und Flaschenlauf und beweisen ihre Sprungkraft. Die obligatorische Fahrt auf der Spiegelkugel ist mit dem weißen Löwen zu sehen, mit dem Mikulski auch den Rachentrick vorführt. Zum Schluss animiert er den weißen Tiger zum Hochsitzen.

Erik und Daiana Niemen

Alle weiteren Darbietungen kommen dann aber tatsächlich aus Italien, genauer vom Circo Romina Orfei. Dieser wird von Vertretern der Familie Niemen geleitet. Hierzulande am besten bekannt ist sicherlich Drahtseil-Artist Erik Niemen, zuletzt im März im Krone-Bau zu sehen. Bei Eötvös kommt es in diesem Jahr zu einem wahren Familientreffen, gehören doch gleich fünf Akteure zur Niemen-Familie. Kevin Niemen, ein Onkel von Erik Niemen, ist für die Präsentation der übrigen Tiere zuständig. Zur Pause bringt er als „Tutanchamun“ einige exotische Tiere ins Rund. Für italienische Verhältnisse ist es eine vergleichsweise geringe Anzahl Exoten, die leider – dies ist wiederum typisch italienisch – zudem nur wenige Tricks beherrschen. Drei Kamele zeigen eine kurze Laufarbeit und liegen danach ohne Hilfe ab. Ein Lama umrundet die Wüstenschiffe, und ein Pony läuft zwischen ihnen hindurch. Höhepunkt ist das Erscheinen von „Poppi“, einem Flusspferd. Dieses setzt sich auf Kommando hin oder reißt sein Maul auf. Das ist natürlich alles wenig spektakulär, aber immerhin ein besonderes Erlebnis. Ausgereift wirkt dagegen in weiten Teilen die Freiheit mit sechs Schimmeln. Sie bildet hier den Programmschluss. Walzen, diverse Fächervariationen, Gegenlauf, Rückwärtsschreiten und Knicks gehören zum Ablauf. Anschließend animiert Kevin Niemen drei Pferde in hohem Tempo über kleine Hürden zu springen. In den darauf folgenden Runden bleiben die Tiere genau dann zwischen den Hürden stehen, wenn die Musik aufhört. Wer dann allerdings noch großartige Steiger erwartet, wird enttäuscht. Es gibt sie nicht. Schade, hätten sie doch diese Nummer perfekt gemacht. So aber hinterlässt die Hohe Schule, die Kevin Niemen zusammen mit seiner Frau Daiana (geb. Dell’ Acqua) reitet, einen noch stärkeren Eindruck. Sämtliche Schritte werden auf einem schwarzen sowie einem weißen Araber sicher und elegant ausgeführt.


Daiana Niemen, Elisabeth Busnelli, David Busnelli

Daiana Niemen steuert zudem eine starke Darbietung auf dem Drahtseil bei. Leichten Fußes tänzelt sie über das Requisit, lässt dabei einen Hula Hoop-Reifen kreisen, zeigt diverse Sprünge und gleitet in den Frauen- sowie in den Männerspagat. Ebenfalls zur Familie gehören Elisabeth und ihr Bruder David Busnelli. Beider Mutter Guendalina ist eine ältere Schwester von Kevin Niemen. Elisabeth Busnelli zeigt ihre Handstandequilibristik auf einem erhöhten Podest mit Spiegelkugel und Treppe an der vorderen Seite. Dabei beherrscht die junge Artistin auch einige Einarmer und lässt zahlreiche Kautschukelemente einfließen. Zuletzt verlässt sie das Requisit über die Treppe – natürlich im Handstand. Am Washingtontrapez arbeitet David Busnelli einen Kopfstand und die Balance auf einem Bein im Schwung (longengesichert) und eine 360° Grad-Drehung des Körpers im Kopfstand, wobei das Trapez hier nun still hängt. Es ist die einzige Luftnummer im Programm, die weiteren (Tücher und Strapaten) waren an das nicht zu Stande gekommene Gastspiel der italienischen Raubtiernummer gekoppelt und fallen somit nun auch weg. Es fällt aber nicht auf. Fünf Dalmatiner, ein Mischling sowie eine große Dogge sind David Busnellis Partner in einer starken Hunde-Revue, die er zusammen mit seiner Mutter, hier als „Cruela de Vil“, in die Manege bringt. Hauptsächlich bestimmen diverse Sprünge die Nummer. Die Hunde-Revue ist ein gutes Beispiel dafür wie hochwertig die Familie Niemen vor allem ihre Tier-Darbietungen inszeniert. Hier sind alle Requisiten mit Dalmatiner-Muster versehen, es liegt gar ein extra Teppich mit Punkte-Muster in der Manege, und Tierlehrer wie Tiere erreichen via Kutsche, gezogen von gepunkteten Ponys, das Rund. Im Exotenblock sind die Decken der Kamele auf die Kostüme abgestimmt, die weiblichen Akteure treten als orientalisches Ballett in Erscheinung; ebenso in der eröffnenden Hohe Schule, hier ganz auf das diesjährige Programmmotto „Gran Fiesta“ abgestimmt im spanischen Look. Wie bei allen Akteuren fallen auch hier die passenden und edlen Kostüme auf.

Dies entspricht ganz dem Verständnis der Direktion, die auch in den letzten Jahren bereits einige Darbietungen thematisch in Szene gesetzt hat und für Opening und Finale nun schon im zweiten Jahr die stimmgewaltige Sängerin Josephine Kratelly engagiert hat.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Stefan Gierisch