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Zirkus Charles Knie - Tour 2013
www.zirkus-charles-knie.de ; 100 Showfotos

Bad Hersfeld, 16. März 2013: Handeln wir vorab das ab, was über diesen Circus einfach gesagt werden muss: Es gibt ein perfektes äußeres Erscheinungsbild, modernen Sitzkomfort im Inneren und einen großen gepflegten Tierbestand. Das gesamte Management ist sehr professionell, was sich insbesondere in einer optimalen Gastspielvorbereitung niederschlägt. Der Zirkus Charles Knie hat in Deutschland eine herausragende Stellung. Das ist einfach Fakt. Kommen wir lieber zum auch in diesem Jahr spannendem Thema, der Vorstellung. Zunächst gibt es hier ebenfalls Konstanten.

Der Stil der großen Show mit tollem Orchester, opulentem Lichtdesign, einem Ballett mit wechselnden, sehr geschmackvollen Kostümen und einer für den flotten Ablauf sorgenden Inszenierung wurde beibehalten. Bei den engagierten Artisten gibt es einen Wechsel, zudem ist ein Spaßmacher hinzugekommen. Umstellungen im Ablauf lassen die Show aber noch schwungvoller als im Vorjahr erscheinen. Das zeigt sich insbesondere am Ende des Programms, wo die Stimmung perfekt zum Finale hin gesteigert wird. In der von uns besuchten Nachmittagsvorstellung entlädt sich dann auch frenetischer Beifall von den nahezu vollbesetzten Rängen.


Ives Nicols, Familie Errani, André Riedesel

Standen 2012 noch die Flying Costa am Ende der Spielfolge, startet die „Schlussoffensive“ - um sich hier dem Fußballjargon zu bedienen – nun mit den rasanten Jonglagen von Ives Nicols. Genial wird der Spanier dabei von seiner „reizenden Assistentin“ Ambra unterstützt. Sie spielt in dieser Nummer perfekt mit und gibt gerne mal Contra. Und das zumeist so authentisch, dass man gar nicht wissen will, wie es in beider Wohnwagen zugeht. Nicols jongliert mit Bällen, Keulen, Bumerangs und Sombreros. Seine mitreißende Art steckt einfach an. Für großes Staunen ist gesorgt, wenn sich danach einer der beiden seitlichen Vorhänge öffnet und drei indische Elefantendamen mit Reiterinnen in flottem Tempo hereinkommen. Der junge Italiener Elvis Errani dirigiert die folgende Dressurnummer zumeist nur mit seiner Stimme. Vielfältige Tricks laufen flüssig und harmonisch. Sehr effektvoll ist immer wieder das Überschreiten der Damen durch einen Elefanten, während Errani die Kommandos aus dem Zuschauerraum gibt. Als Überleitung zum Finale spielt Neuzugang Cesar Dias seine urkomische Version von „My way“. Der portugiesische Clown verstrickt sich dabei herrlich ungeschickt in Mikrofonkabel und Hocker. Das Finale wird wieder perfekt in Szene gesetzt - kein Wunder, wenn der Regisseur Louis Knie senior heißt. Das Ballett leitet ein, Ives Nicols singt, und alle Artisten präsentieren sich in flotter Choreographie. Das Orchester spielt die wunderbare Begleitung, das Licht setzt die richtigen Effekte. Nicht zu vergessen André Riedesel. Der Sprechstallmeister hat schon während der Show dezent, aber souverän – auch in ungeplanten Situationen – moderiert und spricht nun die Abschiedsworte.


Duo Medini, Marek Jama, Priscilla Errani

Neu ist aber auch der Start der Show. Die Clowns Andre und Cesar Dias bedienen mit ihrer XXL-Fernbedienung sowohl die Lichtanlage als auch die Hände des Publikums, sprich die Applaus-Lautstärke. Nach der Begrüßung durch Ballett und Sprechstallmeister erleben wir das zweite neue Engagement: Auf Rollschuhen sorgt das Duo Medini gleich für den perfekten Schwung. Die beiden jugendlichen Italiener präsentieren ihre flotten Touren auf runder Fläche mit viel Witz. Ein Gast aus dem Publikum darf sich von den Fliehkräften aus nächster Nähe überzeugen. Marek Jama bringt das große Exotentableau in die Manege. Kamele, verschiedene Rinder, Lamas, ein Emu sowie ein Känguruh sind hier die tierischen Partner. Einzig auf die Zebras müssen wir an diesem Nachmittag verzichten. Die enorme Kälte beim Aufbau in Bad Hersfeld hat die Bereitung des passenden Manegenuntergrunds verhindert. Als Spinne im Netz produziert sich Priscilla Errani zu Beginn ihrer Hula Hoop-Artistik. Begleitet von Bandmusik lässt sie charmant, aber resolut auftretend viele Ringe in den verschiedensten Variationen um ihre Körper rotieren. Unterstützt wird sie dabei von Partner Marco Moressa, der ebenfalls in schwarzem Outfit agiert.


Ives und Ambra, Marek Jama, Flying Costa

Im Zuschauereingang startet die Liebesromanze an Tüchern von Ives und Ambra. Ives singt, beide Tanzen Tango. Das Werben umeinander wird in der Luft fortgesetzt, wenn beide gemeinsam und einzeln gen Kuppel gezogen werden. Bei den Haltefiguren übernimmt auch Ambra den tragenden Part. Es ist eine ausdrucksstarke Darbietung, mit der die beiden das Publikum gefangen nehmen. Wiener Walzer ist angesagt, wenn Marek Jama seinen nächsten Auftritt hat. Begleitet von den Damen des Ballett tanzen zunächst die Menschen, bevor dies sechs Friesen tun. Auch die Pferdefreiheit ist ein wenig von den Platzverhältnissen beeinträchtigt. Jama gelingt es aber, seine schönen Tiere ruhig durch die ansprechende Trickfolge zu dirigieren. Ungleich lebhafter gerät die Vorführung der sechs Falabella-Ponies im Anschluss. Nachdem die Clowns den Netzaufbau überbrückt haben, dürfen die Flying Costa das Ausrufezeichen hinter den ersten Programmteil setzen. Die Flüge sind gewohnt elegant und beinhalten den Dreifachen, die Passage sowie den Sprung aus der Circuskuppel. Spürbar gesteigert wird die Wirkung durch Livegesang vom auf der Orchesterbrücke stehenden Ives Nicols. Zurück auf dem Boden werden die Flieger und der Fänger vom Ballett in lateinamerikanischen Kostümen mit ordentlich Obst auf dem Kopf empfangen.

Paolo Kaiser, Marek Jama, Kenneth Huesca

Die Eröffnung des zweiten Teils gehört eigentlich Marek Jama und seiner gemeinsam mit dem Ballett präsentierten lebhaften Hohe Schule im CanCan-Stil. Auf diese müssen wir aus dem bereits beschriebenen Grund ebenfalls verzichten. Und so holt uns der machohaft auftretende Paolo Kaiser mit seinen Sprüngen auf der Rola Rola wieder zurück ins Manegengeschehen. Highlights sind hier der Rückwärtssalto sowie der Sprung auf eine auf einem niedrigeren Podest liegenden Rolle mit dem Brett in der Hand. Es folgen Marek Jamas Seelöwen und Bauchredner Kenneth Huesca, bevor dann die eingangs beschriebenen Darbietungen zu sehen sind. Die Seelöwen sind mit vollem Einsatz bei der Sache und haben zudem im Zusammenspiel mit ihrem Tierlehrer einige Kabinettstückchen auf Lager. Die Launen seiner Partner hat Kenneth Huesca quasi selbst in der Hand. Zu den bekannten Figuren ist eine Michael Jackson-Puppe hinzugekommen. Die größten Lacher gibt es allerdings für sein Spiel mit drei „Freiwilligen“ aus dem Publikum.

Cesar Dias

Gleich zwei Reprisenclowns im Programm zu haben, ist schon ein gewisser Luxus. Zumal hier wirkliche Könner dieses Genres engagiert sind. Braucht es wirklich beide? Ich meine, einer würde reichen, um der Show die nötigen komischen Momente zu geben. So sind André (Broger) und Cesar Dias denn auch am stärksten, wenn sie ihre eingespielten Soli zeigen. Bei André sind dies der Kampf mit dem Hai sowie einem fliegenden Insekt und das Spiel mit einem Drachen. Dias zeigt neben der erwähnten „My way“-Einlage das Duell mit einem Zuschauer, welches er mit selbst erzeugten Geräuschen unterlegt. Zusammen erleben wir sie vor dem Opening und während des Netzaufbaus. In der zweiten Einlage spielen sie zunächst auf Fingerpfeifen. Da sie dies auf den hinteren Treppenaufgängen tun, ist die Sicht nicht von allen Plätzen optimal. In der Manege darf jeder zeigen, was er mit einem Mikrofonständer anfangen kann. Bei Andre ist dies die Einleitung zu seinem bekannten Wischmopp-Duett, bei Dias das Spiel mit einer Mundharmonika. Die Einlage endet mit einem Stück auf der singenden Säge, vorgetragen von Cesar Dias.

Das also ist der Zirkus Charles Knie 2013. Eine aufwendige, mitreißende, höchst professionelle Circusshow. Dafür, dass sie nicht Gefahr läuft, zu perfekt zu wirken, sorgen die Mitwirkenden. Ausnahmslos junge, sympathische Artisten, die mit hohem Engagement und viel Persönlichkeit ihr Bestes geben. Es ist ein Programm, welches man sich selbst viele Male anschauen möchte und auch im Freundeskreis bedenkenlos weiterempfehlen kann. Hier gibt es hochwertige Unterhaltung auf der Höhe der Zeit. Und nicht nur das: So dargeboten hat der Circus nicht nur heute seinen Platz in der Unterhaltungslandschaft, sondern auch in der Zukunft.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch