CHPITEAU.DE

Circus Roncalli - Tour 2012
www.roncalli.de

Frankfurt, 25. Mai 2012: "Roncalli macht glücklich". Drei Jahr ist es her, dass ich eine Programmbesprechung über den Circus Roncalli mit diesen Worten überschrieben habe. Für das normale, nicht regelmäßig in den Circus gehende Publikum, gilt diese Einschätzung sicher auch heute noch. Eingestimmt durch das traumhafte, nostalgische Ambiente gehen die Zuschauer von der ersten bis zur letzten Nummer begeistert mit. Es herrscht eine geradezu euphorische Stimmung, die im Finale fast immer in Ovationen im Stehen mündet.

Der Rezensent allerdings ist der Meinung, dass es durchaus schon stärker besetzte und mitreißendere Roncalli-Shows gegeben hat. So braucht das Programm, das natürlich auch heuer mit erstklassiger Livemusik, einer exquisiten Lichtregie und wunderbaren Kostümen glänzt, ziemlich lange, bis es Fahrt aufnimmt. Zunächst sucht David Larible in Zivil eine Anstellung, woraufhin er von Sprechstallmeister Patrick Philadelphia als "Dummer August" engagiert wird und dann kehrt die viel beschworene, aber nicht von allen vermisste Roncalli-Poesie zurück: Der aus "Wetten, dass...?" bekannte Michael Ortmeier illustriert mit seinem Flaschenlauf das Programm-Motto "Time is honey".


Vivian Paul, Shirley Larible, Geraldine Philadelphia

Und so dauert es gut zwanzig Minuten bis es mit dem eigentlichen Opening erstmals lebhaft wird: die ausnahmslos bildhübschen Roncalli-Juniorinnen präsentieren - nachdem sie charmant in die Manege geradelt sind - Kostproben ihres Könnens. Vivian Paul agiert am Luftring, Lilian Paul arbeitet als Schlangenmädchen, Geraldine Philadelphia jongliert mit Hula-Hoop-Reifen und Clio Togni drückt elegante Handstände. Zu den bildhübschen Roncalli-Juniorinnen zählt zweifelsfrei auch Shirley Larible, die im zweiten Programmteil mit ihrer gleichsam sinnlich wie kraftvollen Strapaten-Kür zu bewundern ist. Direktionssohn Adrian Paul wiederum ist als Assistent von Abendregisseur Patrick Philadelphia in die Show eingebunden. Erste richtige Nummer im Programm ist dann der Auftritt von Steilwand-Fahrradfahrer Fabricia Nogueira, der bereits 2011 bei Roncalli zu sehen war. Selbiges gilt auch für Andrey Romanovsky mit seinen augenzwinkernden Klischnigg-Eskapaden und Jemile Martinez, der als trickstarker Jongleur überzeugt, mit seiner protzigen Armani-Jeans aber auch 2012 nicht so recht in die nostalgische Roncalli-Atmosphäre passen will. Wie dafür gemacht ist indes Weißclown Gensi und die Pony-Dressur - inklusive Groß und Klein - von Rückkehrer Karl Trunk.


Katharina und Natalia, Cedeno Brothers, Tamila

Doch es gibt auch gänzlich neue Gesichter in der Roncalli-Manege: Gleich zwei hat Direktor Bernhard Paul vom österreichischen Supertalent mitgebracht. Devlin Bogino hat einige kurze Auftritte als Reprisenclown - zum Beispiel im Opening mit Minifahrrad - und Alexander Wengler produziert sich - für Roncalli eher unpassend - als roboterartiger Tänzer. Vom modernen Circustheater Bingo kommen Katharina und Natalia (diverse Wirbel an Strapaten-Schlaufen) sowie Tamila (Schwungtrapez). Typisch Circus - im besten Sinne des Wortes - sind hingegen die vier Cedeno Brothers aus Ecuador. Mit südamerikanischem Temperament entfachen sie als Ikarier einen furiosen Wirbel inklusive Scheinsturz, der vom Publikum frenetisch beklatscht wird. Leonid Beljakov und sein lethargischer Boxer Klitschko wiederum sorgen für befreites Lachen im Publikum. Ob es allerdings glücklich ist, Beljakov direkt hinter Karl Trunks Ponys auftreten zu lassen, darüber kann man trefflich streiten. Folgen damit doch die einzigen Tiernummern des Programms direkt aufeinander.


David Larible, Encho Keryazov

Publikumslieblinge und Hauptattraktionen sind allerdings auch in diesem Jahr zwei bekannte Gesichter: Encho Keryazov und David Larible. Handstand-Adonis Keryazov begeistert mit seiner perfekten Körperbeherrschung, die Muskelkraft mit Eleganz vereint. Und Larible? Er ist und bleibt einfach einer der wenigen Clowns unserer Zeit, der das Publikum wirklich dazu bringt, sich vor Lachen nicht mehr halten zu können. Ob als Teller-Jongleur oder Opern-Dirigent die Herzen der Zuschauer fliegen dem Italiener nur so zu. Und so ist Larible erneut der Hauptgarant dafür, dass es auch 2012 zum Finale regelmäßig stehende Ovationen gibt. Denn "Lachen macht glücklich". Und somit auch der Circus Roncalli - trotz der in meinen Augen etwas unorthodoxen Programmzusammenstellung.

__________________________________________________________________________
Text und Fotos: Sven Rindfleisch