CHPITEAU.DE

Circus Monti - Tour 2012
www.circusmonti.ch ; 45 Showfotos

Mellingen, 9. April 2012: Ein Teppich aus frei hängenden Seilen. Mit diesem außergewöhnlichen Requisit sorgte Charlotte de la Bretèque vor zwei Jahren beim European Youth Circus für Aufsehen. Und in diesem Jahr stehen die Französin und ihr Requisit im Zentrum der aktuellen Monti-Produktion „Kopfüber“. Es scheint fast so, als ob die ganze Show, die in unseren Augen die unterhaltsamste und mitreißendste seit Jahren ist, Bretèque und ihrem Seilteppich auf den Leib geschneidert worden wäre. Denn nicht nur der Artisteneingang besteht in diesem Jahr aus unzähligen roten Seilen.

Nein, Seile tauchen an den verschiedensten Stellen der Show immer wieder auf. Gleich zu Beginn zum Beispiel, als die urkomische Clownstruppe um Manuel Schunter, Florian Vuille und Armelle Fouqueray einem dicken Tau folgt, das sie direkt in das Monti-Zelt führt, wo sie die Strapatenkünste von Avital Pöschko bestaunen. Wenn es um Seile geht, darf natürlich auch ein Vertikalseil nicht fehlen: Charlotte de la Bretèque und Saphorine Pétermann würzen ihre Arbeit an diesem normalerweise etwas langweiligen Requisit mit viel Humor und ungewöhnlichen Halteposen. Entzückend! Seile kommen aber auch an den prominentesten Stellen des Programms zum Einsatz: Vor der Pause springt das ganze Ensemble mitreißend Seil und Schlussnummer ist – wie könnte es anders sein – Bretèque mit ihrem Seilteppich. An dem sie allerdings nicht lange allein bleibt, sondern Unterstützung von Avital Pöschko und Saphorine Pétermann bekommt, was wunderbare Bilder ermöglicht.


Charlotte de la Bretèque und Saphorine Pétermann

Doch nicht nur die „Seil“-Akrobaten sorgen dafür, dass „Kopfüber“ auch zu den artistischen stärksten Monti-Programmen zählt. Bejubelt werden etwa die spektakulären Sprünge des belgisch-französischen Trio DAC am Schleuderbrett. Die beim Cirque de demain mit Silber ausgezeichnete Hand-auf-Hand-Akrobatik von Christopher Schlunk und Iris Pelz indes gehört zu den Favoriten des Rezensenten. Die beiden Deutschen verzichten auf Musikbegleitung versehen ihre Nummer dabei aber mit augenzwinkernden Kommentaren. So gibt Iris Pelz zu Protokoll, dass sie es eigentlich gar nicht mag, vor Publikum Kunststücke zu zeigen. Originell ist auch die mitreißende Jonglagedarbietung von Jochen Pöschko und Direktionssohn Mario Muntwyler. Zunächst werden Keulen in der Luft gehalten, dann Bälle gen Boden jongliert. Als Clou werden die Bälle durch ein Labyrinth von Holzkisten manövriert. Komplettiert wird das artistische Aufgebot durch Simon Nadeaus Leiterakrobatik und das Schwungtrapez von Jochen und Avital Pöschko.


Christopher Schlunk und Iris Pelz, Manuel Schunter und Florian Vuille, Simon Nadeau

Dass „Kopfüber“ so großen Spaß macht und keine Längen hat, liegt aber auch und besonders an dem bereits erwähnten Clownstrio. Kamen die Monti-Clowns in den vergangenen Jahren oft sehr pädagogisch wertvoll und verkopft daher, sorgen Manuel Schunter, Florian Vuille und Armelle Fouqueray wirklich für befreiendes Lachen bei großen wie kleinen Zuschauern. So sind die drei als verhinderte Rapper unterwegs, liefern sich einen Boykampf und zerlegen in einem virtuosen Slapstick-Feuerwerk beinahe den Artisteneingang. Zusammen mit Monti-Direktor Johannes Muntwyler sind die drei zudem in einer komischen Illusion zu ziehen.

Und so kann das Fazit für Monti 2012 nur lauten: Starke Artisten plus eine urkomischen Clownstruppe plus die für Monti typische Liebe fürs Detail bei Inszenierung, Kostümauswahl und Livemusik ergeben ein circensisches Meisterwerk, zu dem man den Regisseuren Schang Meyer und Andreas Muntwyler sowie allen übrigen Beteiligten nur gratulieren kann.

__________________________________________________________________________
Text und Fotos: Sven Rindfleisch