Der auffällige Eingangs- und
Kassenwagen mit der Form eines Tigerkopfes empfängt die Gäste
bereits von Weitem genauso einladend wie Oberlichtwagen in
Miniaturformat und Tigerfiguren vor dem Zelteingang. Im Vorzelt
sorgen gepolsterte Sitzgelegenheiten wie auch Kerzenlicht und
Blumen auf den Tischen für eine heimelige Atmosphäre. Neben
Snacks und Souvenirs werden Kinderschminken und eine Hüpfburg
angeboten. Im Zelt gibt es schließlich einen rot-goldenen
Samtvorhang und eine illuminierte Piste, die so den charmanten
Eindruck abrunden. Das Programm selbst setzt dann auf einen
modernen Drive. Oberhalb des Artisteneingangs ist eine Leinwand
angebracht. Vor der Vorstellung werden hier TV-Reportagen und
Ausschnitte aus dem tschechischen „Supertalent“, an dem die
Familie rege teilgenommen hat, gezeigt. Im Programm wird mit
Impressionen auf die folgenden Darbietungen eingestimmt, während
im Finale auf der Leinwand die Namen der Akteure wie im
Film-Abspann zu lesen sind. Mit einer Vielzahl klassischer
Scheinwerfer wird das Geschehen wunderbar akzentuiert in Szene
gesetzt. In den modernen Passagen kommen zudem zwei Scanner und
zwei Laser zum Einsatz. Die gute Musik kommt vom Band. Nur
wenige Ansagen unterbrechen den flotten Ablauf.
Jaromir Joo,
Afrika-Schaubild
Getragen wird das Programm von
vielen großen Schaubildern, in denen sich stets meist alle
Mitwirkenden in der Manege wiederfinden. So beginnt etwa der
Western-Block mit der „Vier Stühle“-Reprise zweier Clowns, die
in eine Salon-Szene der ganzen Mannschaft mündet. Die Damen
tanzen, die Herren spielen Karten und feiern ausgelassen – bevor
sich eine wilde Prügelei entwickelt. Daraus geht die
Präsentation von einigen Lamas (inklusive Steiger) und vier
Longen-geführten Pumas hervor. Die geschmeidigen Tiere lassen
sich durch den Ring tragen und stellen ihre enorme Sprungkraft
unter Beweis. Zu guter Letzt überspringt eines der Tiere gleich
sieben Figuranten auf einmal. Unter dem Motto „Afrika“ führt
Direktor Jaromir Joo einen einzelnen Leoparden – ebenfalls an
der Longe – vor. Dieser erscheint zunächst in einer
Kistenillusion anstatt einer der Ballettdamen und zeigt
anschließend Balkenlauf, Hochsitzer, Sprünge und das Spiel mit
einem Luftballon.
Serpentinentanz, Piraten-Szene
Im Orientschaubild stehen dagegen
die artistischen Leistungen im Mittelpunkt, wenngleich auch
einige Schlangen und ein Krokodil die Szenerie bevölkern. Der
Serpentinentanz von vier Haremsdamen und ein Feuerspucker
bereiten die Manege für die Kontorsionistin Hadi Zena. Die
Asiatin gehörte zu einer in Monte Carlo prämierten Gruppe und
ist nun solo unterwegs. In ihre hervorragenden Verbiegungskünste
fließen auch einige Handstände ein. Diese erste Pausennummer
gipfelt im Mundstand. Vor der zweiten Pause agiert das komplette
Ensemble an drei Chinesischen Masten. Diese im Piraten-Look
verkaufte Darbietung enthält alle relevanten Tricks dieses
Genres. Besonders stechen hier Jaromirek und Ba Joo hervor. Die
beiden Zwölfjährigen werden als „Supertalent“-Finalisten groß in
der Werbung herausgestellt. Während einer der beiden den Mast
herunterrutscht, springt der andere – der sich zuvor in der
Mitte des Mastes festgehalten hat – ab, lässt den anderen
vorbeirutschen und klammert sich dann wieder an den Mast. Ein
Trick, der selten zu sehen ist, gerade von Aristen in diesem
jungen Alter. Diese Mast-Arbeit gehört auch leistungstechnisch
zu den Höhepunkten der Show. Die übrigen Darbietungen sind zwar
nicht in große Schaubilder verpackt, aber jeweils einzeln bis
ins kleinste Detail einer Thematik angebunden. Gleich im Opening
erweckt eine Fee die einzelnen Akteure, die sich mit kurzem
Kostproben vorstellen, bevor Natali Joo an der sich öffnenden
Gitterkugel durch die Luft fliegt und in ihr unter anderem den
Kopfstand zeigt. Die beiden Clowns zeigen neben den „Vier
Stühlen“ und weiteren Reprisen im eigenen Auftritt eine Version
des fliegenden Kinderwagens. Im „Las Vegas“-Stil stellt Jaromir
Joo den Tigernachwuchs des Hauses vor. Drei erwachsene Tiere
präsentiert er später als Gladiator, der einem Tier sogar die
Flasche gibt. Daneben gibt es eine Pyramide und das Überspringen
sehr hoher Hürden zu sehen.
Dalmatiner, Kelly
und Jindrich Joo, Jaromir Joo
Die Vorführung der Dalmatiner
samt Rutschpartie erfolgt folgerichtig durch die Figur der „Cruela
de Vill“ aus dem Disney-Film. Neben der Arbeit am Mast sind
Jaromirek und Ba Joo zudem klassisch als Kaskadeure und modern
als Rocker an den Strapaten (u.a. mit Fußhang im Spagat) in der
Manege vertreten. Kelly Joo war mit ihrer quirligen
Hula-Hoop-Jonglage als Barbie vor Jahren beim Festival in
Wiesbaden. Mittlerweile hält sie zuletzt acht Reifen in der
Luft. Zusammen mit ihrem Vater Jindrich, der auch als Human
Slinky auftritt, sorgt sie auch für den Schluss. Beide schweben
in einer traumhaften Kür an weißen Tüchern über der Manege und
erhalten dabei Unterstützung von drei Aras. Mal gemeinsam, mal
schon fast im Wettkampf zueinander verzaubern Mensch und Tier
hier zu „Time to say Goodbye“ noch einmal, bevor auch die
übrigen Mitglieder ganz in Weiß gekleidet samt Longen-Tiger das
Rund betreten und es zum (zu) kurzen Finale Seifenblasen und
weiße Ballons regnet.
Vieles hier erinnert an bekannte Hochglanz-Produktionen
andernorts. Die einzelnen Darbietungen und Schaubilder sind
perfekt durchgestylt und abwechslungsreich zusammengestellt. Die
Akteure tragen prächtige Kostüme, die Requisiten sind
abgestimmt. Ton und Licht werden perfekt eingesetzt. Sogar ein
edles Programmheft ist erhältlich. Doch stets merkt man dem
Programm auch an, dass hier handgemachte Kunst präsentiert wird.
Direktor Jaromir Joo zum Beispiel steht mit einer geradezu
abenteuerlichen Aura in der Manege; Jaromirek und Ba Joo haben
das Rund schon jetzt so fest im Griff, das man gespannt auf die
Zukunft sein kann. Und Kelly Joo etwa agiert in ihrer Jonglage
so mitreißend, dass das komplette Zelt tobt. |