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Circus Herkules - Tour 2012
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Eisenach, 26.08.2012: Zum 35jährigen Jubiläum hat Direktor Oliver Häberle den Anfang 2008 von Klaus Bachmann übernommenen Circus Herkules aus Spanien zurück nach Deutschland gebracht. 13 Städte sieht die Tournee vor, die Ende August begann. Es sind Städte, in denen Herkules bekannt ist, eine Art „best of“, wie Häberle es nennt. Und so stehen das bekannte blaue Chapiteau und der Einlasswagen zum Tourneestart in Eisenach. Noch einiges anderes Material von damals ist mit dabei. Aufgrund des aufwendigen Transports über viele hundert Kilometer hat Häberle aber nur jene Wagen mitgenommen, die unbedingt für den Spielbetrieb notwendig sind.

Der Circus ist nichtsdestotrotz großzügig aufgebaut. Das längere Zeit ungenutzte Spielzelt soll in Bad Hersfeld mit einer Außenreinigung auf Glanz gebracht werden.  Im Inneren gibt es wie gewohnt neben den Logen ein Gradin mit zwei Reihen Schalensitzen sowie vier Bankreihen dahinter. Bei der Programmgestaltung hat sich Häberle ja bereits in seiner ersten Saison als Herkules-Direktor etwas vom Stil seines Vorgängers gelöst. Der Artisteneingang mit Platz für die Musiker wurde durch eine hohe rote Gardine ersetzt. Auch bei der Musikbegleitung wurde modernisiert. In diesem Jahr gibt es reine Auftragskompositionen speziell für Herkules. Der Grund liegt schlichtweg in der Ersparnis der Gema-Gebühren, wie Häberle unumwunden zugibt. Wenngleich zum Opening noch Technopop erklingt, bestätigen sich mögliche Befürchtungen von Circus-Traditionalisten nicht. Die weitere Begleitung klingt angenehm und zumeist gar nicht so Genre-untypisch. Bei der Zusammenstellung des Programms werden ebenfalls alle Elemente des klassischen Circus berücksichtigt. Es gibt also Artisten, Tiere und einen Clown.


Clown Olli

Letztgenannte Rolle übernimmt natürlich Häberle selbst. Er ist der rote Faden der Show, sitzt schon fertig geschminkt an der Kasse und verabschiedet das Publikum am Ausgang. Ein kleiner Besucher in Eisenach nahm ihn gar spontan zum Abschied in die Arme.  Seine Auftritte sind gut dosiert und geraten nie zu lang. Ganz gleich, ob Clown Olli einen Zuschauer ans Messerbrett stellt, mit Popcorn spielt oder auf ungewöhnlichen Instrumenten musiziert. Kurz vor Schluss zieht er zudem fröhlich mit drei riesigen Tierfiguren aus dem Film Madagascar durchs Chapiteau.

 Joshua  Navi
Einer der besonderen Einfälle ist die Einbeziehung eines Sängers. Joshua Navi heißt er und begrüßt uns mit angenehmer Stimme zu „I Love Circus“, eben einer jener speziellen Kompositionen. Zum Finale intoniert er gar einen Song namens „Circus Herkules“. Eingeflochten in das erste Lied ist gleich die Ankündigung der ersten Nummer. Die so vermutete Funktion eines „singenden Ringmasters“ nimmt der gebürtige Rumäne aber nicht wahr. Wir hören ihn lediglich noch als Begleitung zur Hohen Schule. Fernerr sorgt Navi für die Steuerung der Tonanlage. Das weitere Programm wird von den Familien Jahn und Munoz, der Truppe Feodorov sowie Linaya Moreno bestritten. Morenos Vater ist Sven Meise, der bei Herkules als Zeltmeister fungiert. Er ist der Bruder von Francois Meise, dem Direktor von Circus Crocofant.


Steven Munoz, Aliona Junea, Gary Jahn

Steven Munoz präsentiert seine Tempojonglagen als eleganter Bandit samt Brillie im Ohr. Mit „Gangsterbraut“ Aliona (Junea) ist er auch privat verbandelt. In der Manege assistiert sie ihm bei seinen Routinen mit Ringen, Bällen und Keulen inklusive Flic Flac. Aliona überbrückt zudem eine Umbaupause mit Bänderspielen im Zuschauerraum. Ihren Hauptauftritt zelebriert sie aber an roten Tüchern. Es ist eine schön anzusehende Kür mit den bekannten Tricks an diesem Requisit. Drei patagonische Seelöwen bringen Conchi Munoz und Gary Jahn direkt vor der Pause ins Scheinwerferlicht. Die großen Tiere beherrschen ein umfangreiches Repertoire, das sie mit viel Spielfreude zeigen – charmant angeleitet von ihren Trainern. Diese lebhafte Dressur ist mit Sicherheit einer der Höhepunkte im Programm und findet somit vollkommen zu Recht seinen Platz auf den neu gestalteten Werbemitteln.

Truppe Feodorov

Pech hatte gleich zu Beginn der Tournee die Truppe Feodorov, ehemalige Sportler aus der Ukraine. Einer der Artisten verletzte sich, erlitt aber glücklicherweise „nur“ eine Bänderdehnung. Nach einigen Tagen Pause wird er wieder mit von der Partie sein. So erleben wir an diesem Nachmittag ein Trio. Sie starten am Trampolin, wobei einer der Akteure als Clown agiert. Natürlich sehen wir hier variantenreiche Sprünge. Dies ist nochmals der Fall, wenn sie nach der Pause als „Champions“ einen riesigen Traktorreifen als Absprungbasis nutzen. Dazu tragen die Herren in Anlehnung an die Fußball-EM in der Ukraine Trikots und lassen sich von ihrer strengen Trainerin anleiten. Der Humor steht hier im Vordergrund. In Artistenkostümen springen sie in der Schlussnummer von Reckstange zu Reckstange. Dies immer nur im Solo, was allerdings der reduzierten Anzahl an Mitwirkenden geschuldet ist. Truppenmitglied Dimitry Feodorov schließlich steuert eine Solonummer bei. Mit einem großen Metallwürfel zeigt er nicht nur Kubusjonglagen, sondern ebenfalls Luftakrobatik.

Linaya Moreno

Die zweite Tiernummer ist die Hohe Schule von Linaya Moreno. Sie zeigt diese in zwei Sequenzen mit jeweils einem anderen Pferd und verändertem Kleid. Ihr gesamter Auftritt ist im spanischen Stil gehalten und wird durch den bereits erwähnten Livegesang bestens unterstützt. So entsteht ein lebendiges Bild mit sehenswerter Reitkunst und einer schönen Frau im Mittelpunkt. Als besonderen Effekt lässt Moreno zu Beginn eine weiße Taube aufsteigen. Die Artistin selbst begibt sich ebenfalls in die Luft. Und zwar bei ihrem anderen Auftritt am Luftring. Dank roter Beleuchtung, Kunstnebel und einem entsprechenden Kostüm entsteht Moulin Rouge-Atmosphäre. Interessant dabei: Die Artistin wird durch ein kleines Luftkissen nach unten abgesichert.

„Wir machen Circus anders! Sind Sie bereit?“ heißt es in der Werbung von Herkules. Nun, so „anders“ ist dieses Jubiläumsprogramm gar nicht. Freunde des klassischen Circus, mithin also auch das typische Familienpublikum, kommen voll auf ihre Kosten. Das Programm ist geschickt zusammengestellt, viele Übergänge zwischen den Nummern werden kreativ überbrückt. Die Musik ist – abgesehen von einzelnen Stücken, etwa zu Opening und Finale – nicht zwingend Circus-untypisch, sondern durchaus passend. Und das Ambiente gar versprüht den Charme eines „richtigen“ Wandercircus.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch