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Erfurt, 17.
September 2011: Dieser Nachmittag beim „Ostprobst“ hat einfach
Laune gemacht: Ein schwungvolles Programm ohne Längen oder
nennenswerte Umbaupausen, eine Band, die sämtliche Nummern (auch
wenn sie erst den zweiten Tag dabei sind) äußerst
stimmungsfördernd begleitet, Akteure, die nie um ein
Augenzwinkern verlegen sind und viele gepflegte Tiere sorgen für
dieses rundum mitreißende Erlebnis. Dazu kommt das Glück, dass
gerade einen Tag zuvor die Truppe Cheban ihr Engagement beim
Zirkus Probst begonnen hatte. |
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Jan Bühring,
Emanuell und Vanessa Medini
Nachdem die
Camadis das Unternehmen schon einige Monate zuvor verlassen
hatten. Die prägenden Gesichter aber sind natürlich die der
Familie Probst. Eines davon gehört Alexandra Probst. Sie
eröffnet nach der Ouvertüre durch das sechsköpfige, in den
meisten Positionen neu besetzte, ukrainische Orchester die
Vorstellung. Auf zwei Schimmeln stehend reitet sie die
Ungarische Post in modernem Outfit. Genau wie bei allen anderen
Familienmitgliedern merkt man, dass sie mit Herzblut bei der
Sache ist. Den Kontakt zum Publikum stellt sie spielend her.
Ganz gleich ob in der Manege oder auf dem Platz. Auf den beiden
Pferden bewegt sie sich sehr sicher. Insgesamt sechs
Vorauspferde führt sie am Ende an den Longen. Als Clou schlüpft
noch ein Pony unter der Reiterin durch. Erst nach dieser
perfekten Anfangsnummer erfolgt die verbale Begrüßung. Diese
übernimmt, genauso wie die Moderation des Programms, Jan Bühring
im eleganten Livree. Der ehemalige Circusfreund ist nach
Ferienaufenthalten bei Humberto nun ganz zum Circus gegangen.
Bei Probst ist er im Büro tätig, steht im Restaurationswagen und
eben in der Manege. Seinen Part im Scheinwerferlicht meistert er
überzeugend. Freundlich, verbindlich und gut akzentuiert kündigt
er die einzelnen Nummern an. Wie etwa die von Vanessa Medini an
den Kettenstrapaten. Das Lederoberteil passt zu ihrer Arbeit –
mit vielen Tricks ähnlich denen an Tücherstrapaten – genauso wie
die musikalische Begleitung, „Unchain my heart“.
Alexandra
Probst |
Insgesamt 18
Ponies, nach Farbschattierungen geordnet – lässt
Mercedes Probst durch die Manege fegen. Die trickreiche
Vorführung ergibt ein wunderbar manegenfüllendes Bild, das
aufgelockert wird durch Steiger eines gescheckten Pferdes.
Mercedes Probst führt diese formvollendet vor, klassisches Kompliment sowie Dank an Orchester und Sprechstallmeister
inklusive. Man spürt einfach, wie diese Familie mit Achtung
vor dem Publikum agiert, selbst wenn die Ränge mal nicht so
gut gefüllt sind. Die gilt ebenso für ihren ruhiger
agierenden Bruder Rüdiger, der in seiner Exotendressur die
unterschiedlichsten Tierarten zu verschiedenen Lauffiguren
vereint, einige von ihnen abliegen lässt oder auf
Postamenten platziert. Es ergibt sich ein imposantes Bild,
wenn Kamele, Rinder, Antilopen, Lamas und Zebras gemeinsam
ihre Runden drehen. Eine für dieses Genre sehr temporeich
dargebotene Nummer zeigt Equlibrist Emanuell Medini. Neben
seinen kraftvollen Handständen auf einer Plattform und einer
Treppe hat er mit dem Ausziehen von zig übereinander
getragenen Westen auch ein Element eingebaut, das seine
humorvolle Art unterstreicht. Direkt nach dem Ende ihres
Saison-Engagements beim dänischen Cirkus Benneweis, sind die
Dame und die vier Herren der Cheban-Truppe zu Probst
gereist. Waren sie dort noch zu siebt,
präsentieren sie ihre originellen, teilweise durchaus
riskanten, Sprünge auf Traktorreifen nun im Quintett. Die
Lederkluft, mit denen wir sie bereits bei Flic Flac gesehen
haben, ist auch hier ihr Manegenoutfit. |
Vor der Pause
füllt sich die Arena nochmals mit den verschiedensten Tieren.
Diesmal kommen sie vom Bauernhof und werden von Alexandra Probst
im gepunkteten Pettycoat präsentiert – so sie den gelassen wird.
Denn ihre Mutter Mercedes „stört“ die Darbietung immer wieder
mit ihren eigenen zwei- und vierbeinigen Schützlingen. So
bekommen wir im laufe dieser Revue Esel, Ziegen, einen Hund,
verschiedene Hühner und Schweine zu sehen. Die gezeigten Tricks
sind so zahlreich und vielfältig - man kann sie kaum zählen.
Diese Nummer wird, genauso wie die Ponyrevue, beim kommenden
Circusfestival von Monte Carlo zu sehen sein, wie Jan Bühring
stolz dem Publikum erzählt.
Cheban-Truppe
Mit zunächst fünf,
dann insgesamt acht sibirischen Tigern eröffnet Rüdiger Probst
den zweiten Teil. Die prächtigen Tiere beherrschen ein
umfangreiches Repertoire inkl. weiten Sprüngen durch beleuchtete
Reifen, der Tigerbar und einem fünffachen Hochsitzer. Nicht nur
dem neben mir sitzenden Jungen und seinem Vater imponiert diese
Dressur, veranschaulicht sie doch die volle Schönheit und Power
dieser Kraftpakete. Das Duo Medini zeigt auf einer mit
Glühlampen besetzten Plattform alle Tricks, die man von einer
guten Rollschuhnummer erwartet. Nicht fehlen darf dabei die
kostenlose Mitfahrt für einen „Freiwilligen“ aus der ersten
Reihe. Dieses Kabinettstückchen würzt das attraktive
Geschwisterpaar, genauso wie ihre gesamte Darbietung, mit einem
ordentlichen Schuss Humor. Größere Produktionsnummern mit Tieren
gehören zu den Spezialitäten des Hauses Probst. In dieser Saison
geht es unter der Leitung von Mercedes Probst in den Wilden
Westen. Zunächst dirigiert sie im Indianerkostüm einen
Sechserzug berittener Pferde ohne Sattel. Heraus kommt eine
spannende Mischung aus Kosaken-/ Jockey-Reiterei und Freiheit.
Danach dreht ein Schimmel mehrere Runden um die nun auf dem
Manegenboden stehenden Cowboys und Indianer. Die Steiger werden
in dieser Show ebenfalls beritten gezeigt. Abgelöst wird die
Reiterei von Lassospielen. Sodann erscheinen nochmals alle
Mitwirkenden zu Pferd für das attraktive Schlussbild. Vor dem
Finale erleben wir ein zweites Mal die Truppe Cheban. Jetzt mit
ihren Sprüngen von der Russischen Schaukel. Anders als bei
Benneweis landen sie diese nicht nur auf dicken Matten, sondern
ebenfalls in einem von der Decke herabhängenden Netz.
Davis Vassallo,
Mercedes Probst
Natürlich gehört
zu solch einem klassischen Circusprogramm ein Clown. Diesen
verkörpert sehr überzeugend der Italiener Davis Vassallo. Mit
der markanten Gelfrisur und seinen schwarz-weißen Kostümen
(Weste, später auch Frack) hat er nicht nur die Kinder auf
seiner Seite. Die Auftritte entsprechen im Wesentlichen denen,
die wir zwei Jahre zuvor an gleicher Stelle sehen konnten.
Highlights sind die Reise nach Jerusalem unter Beteiligung von
Kindern, der Tanz auf dem Sprungseil und das Orchester mit
Musikern aus dem Publikum. Seine Späße sowie sein gepflegtes und
sympathisches Auftreten passen zum Probst-Stil. Im Finale stehen
Mercedes und Rüdiger Probst im Mittelpunkt nicht aber im
Vordergrund. Ein kleines Feuerwerk begleitet die Verabschiedung
durch alle Mitwirkenden. So endet ein mitreißendes,
bodenständiges, vor allen Dingen aber ehrlich gemachtes
Circusprogramm mit vielen Tiergruppen. Eines, das eben einfach
Spaß macht. Der Erfolg der diesjährigen Süd-Tournee zeigt
offensichtlich, dass diese Mischung ankommt. Mit dem bisherigen
Saisonverlauf sei man „durchaus zufrieden“, wie aus dem Hause
Probst zu hören ist.
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