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Circus Nock - Tour 2011
www.nock.ch ; 75 Showfotos

Genf, 8. Mai 2011: Südamerika  statt Fernost: Mehr als diese einfache Formel braucht es nicht, um zu erklären, warum das Nock-Programm 2011, dem aus dem vergangenen Jahr in punkto Unterhaltsamkeit um einiges Voraus ist. Waren es 2010 chinesische Artisten, die als Pausen- und Schlussnummer platziert wurden, werden diese herausragenden Punkte in einem jeden Circusprogramm in diesem Jahr von kolumbianischen Artisten übernommen. „Los Talento Stars“ nennen sich die vier Jungs, die auf dem Todesrad und auf dem Hochseil waghalsige Akrobatik zeigen und 2010 beim Circus Maximum in Frankreich engagiert waren.

Ihren chinesischen Kollegen haben sie dabei insbesondere den temperamentvollen Verkauf heraus. Zu mitreißender südamerikanischer Musik, die vom neuen Nock-Orchester unter der Leitung von Tadeusz Krol live gespielt wird, bauen sie in Sekundenschnelle einen Draht zum Publikum auf, das den Artisten mit stürmischem Applaus dankt. Allerdings stimmt bei den beiden Darbietungen nicht nur der Verkauf, sondern auch das Trickrepertoire. Waghalsige Sprünge auf dem Todesrad sowie die Drei-Mann-Pyramide  mit freiem Stand auf einem Stuhl auf dem Drahtseil bleiben als Spitzentricks in Erinnerung.


Truppe Lesev, Los Talento Stars

Doch Todesrad und Hochseil sind im aktuellen Nock-Programm beileibe nicht die einzigen Sensations-Genres. Auch Motorradkugel und Schwungtrapez sind im Angebot. In der Motorradkugel fahren die vier Bulgaren der Truppe Lesev, die gleichzeitig auch als Chaffeure bei Nock im Einsatz sind. Ihre Darbietungen erreicht allerdings nicht ganz das Niveau vergleichbarer Truppen, da bei der Fahrt zu viert nur parallel bzw. hintereinander gefahren wird. Es gibt keinen Fahrer, der in senkrechter Linie kreuzt. Eine longengesicherte Schwungtrapeznummer, die gleichauf mit der Konkurrenz ist, zeigt hingegen Karina Maskina.

Vervollständigt wird das artistische Aufgebot zum einen durch Alexandra Nock und ihren kubanischen Lebensgefährten, die wie in der vergangenen Saison eine Kür an Netzstrapaten zeigen, und zum anderen durch Robert Berousek, der mit Tennisschlägern jongliert und auf der freistehenden Leiter balanciert – beides mit mitreißendem Verkauf. Bereits zu Beginn hat das rumänisch-italienisch Duo Lumei seinen Auftritt – mit Quick Change im spanischen Stil zu Pasodoble-Musik. Weniger reichhaltig als das artistische Aufgebot ist hingegen der tierische Part der Show. Zunächst lässt Suzanne Chipperfield zwei Kamel und zwei Andalusier gemeinsam ihre Lauffiguren absolvieren. Dann sehen wir die Engländerin, die die frisch gebackene Mutter Franziska Nock vertritt, mit einem prima laufenden 6er-Zug schwarzer und weißer Pferde. Und die Clownerie? Die liegt in diesem Jahr in den Händen zweier prominenter Manegenpersönlichkeiten: die Familie Nock konnte Gaston und Roli erstmals seit einigen Jahren wieder für ein Saison-Engagement gewinnen. Die Schweizer Starclowns sind nun mit diversen Reprisen sowie einem längeren Musical-Entree – dem Klarinetten-Konzert – zu sehen. Mit ihrer feinen, dialogreichen Komik sprechen die beiden freilich in erster Linie Erwachsene an. Was für die Kinder im Publikum sicher schade ist, ist für uns erwachsene, von den Trillerpfeifen-Clowns genervte Circusfans aber eine Wohltat sondergleichen.


Karina Maskina


Suzanne Chipperfield

Insgesamt ist Nock 2011 damit eine höchst stilvolle, stark besetzte  und auch mitreißende Circusshow gelungen - natürlich wie immer stimmungsvoll beleuchtet und zumindest größtenteils von druckvoller Livemusik begleitet. Eine zweistündige Show ohne Längen, die im Grunde genau das Jubiläumsprogramm ist, das man bereits im vergangenen Jahr zur Feier von „150 Jahre Circus Nock“ erwartet hätte.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch