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Circo Medrano - Ungarn-Tour 2011
www.medrano.it

Györ, 22. Mai 2011: Der ganz große Zirkus italienischer Prägung, voll Glanz und Glamour. So präsentiert die Familie Casartelli ihren Circo Medrano mit umfangreichem Wagenpark samt überdimensionaler Leuchtwerbung, großem Tierbestand und hinzu engagierten Artisten von Weltformat. Zumindest während der Wintergastspiele im heimatlichen Italien. Auf Tournee in Ungarn zeigt sich das Unternehmen heuer nämlich mit einem deutlich reduzierten Programm. Ein Live-Orchester fehlt ebenso wie die großen Namen.

Und dennoch – da gibt es kein Vertun – zeigt Medrano eine erstklassige Show, flüssig und ganz im mitreißenden italienischen Stil. Der Familie Casartelli gelingt es nahezu perfekt Zirkus so zu machen, wie er sein sollte. Bravo!


Familie Casartelli

Im Mittelpunkt des Programms stehen die hauseigenen Tierdarbietungen. Gleich zu Beginn setzt die Familie Casartelli damit ein erstes Ausrufezeichen: Nach einer einleitenden Hohe Schule im Dogcart sowie dem Flechten dreier Tiere, dirigiert Direktionssohn Braian Casartelli im eleganten weißen Frack an diesem Nachmittag elf Schimmel durchs Rund. Höhepunkt ist nach wie vor das beeindruckende, gleichzeitige Vorwärtssteigen von sieben Arabern. Zu mexikanischen Klängen und unterstützt von einem sechsköpfigen Ballett reiten Sharon, Jordy und wiederum Braian Casartelli die Hohe Schule. Vor dem Finale finden sich die Zuschauer dann auf einem orientalischen Basar wieder. Aus einer überdimensionalen Wunderlampe erscheint ein Flaschengeist, der einem Beduinen seine Wünsche erfüllt und diesen – nun als Prinz gekleidet – samt Prinzessin auf einem fliegenden Teppich über der Manege schweben lässt. Diese mit (Playback-) Gesang untermalte „Aladin-Fantasie“ ist allerdings nur bloße Einleitung zum anschließenden Exoten-Tableau, samt Baldachin-Dach und Bauchtänzerinnen.  Nacheinander präsentiert erneut Braian Casartelli, in Gestalt des Prinzen, fünf Kamele, Alpakas, Rinder, ein Känguru und Nandus, die drei betagten Elefantendamen samt Reiterinnen und zuletzt zwei Giraffen. Neben dem großen Schauwert der unterschiedlichen Tiere, gibt es unter anderem das Überspringen der liegenden Kamele von Alpakas und Känguru sowie einige Tragetricks der Dickhäuter zu bestaunen. Das klassische Pas de Deux zu Pferd von Ingrid und Braian Casartelli war in der besuchten Vorstellung nicht zu sehen, da einige Familienangehörige zum Heimatbesuch in Italien verweilten.
 


Stephanie Hones

Einzige artistische Nummer der Familie ist die Schwungtrapezdarbietung von Stephanie Hones. In einem ansprechenden Kostüm weiß ihre trickstarke Arbeit mit vielen Abfallern zu überzeugen. Seit Jahren dabei sind zudem die Hausclowns Vlady und Otto, die anfällige Umbauten auf amüsante Weise überbrücken und keine Pausen aufkommen lassen. Zur Musik von „Fluch der Karibik“ produzieren sich drei Damen als Caribean Girls an den Tüchern mit vielen synchronen Passagen und einem Abfaller zum Abschluss. In der Gunst des Publikums vorne dabei ist die vierköpfige Truppe „Crazy Riders“ in der Motorradkugel, zu zweit auch im Dunkeln. Auch sie gehören fest zum Ensemble. Engagiert wurde in diesem Jahr zusätzlich die leistungsstarke Jonglage von Willy Colombaioni. Im spanischen Stil begeistert er im hohen Tempo und ausdauernd mit bis zu sieben Bällen, ebenso vielen Keulen und sogar zehn Ringen. Mit seiner hervorragenden Darbietung wäre ihm eine Platzierung an prominenterer Stelle im Ablauf wünschenswert. Auch im tierischen Bereich wurde das Programm nochmals ergänzt: Nach der Pause ist die leider ohne viel Tempo vorgetragene Tigerdressur von Redi  Christiani zu sehen, zudem sind die Papageien und Seelöwe der Familie Cersosimo mit von der Partie. Wunderschön auch hier der Flug eines einzelnen Papageis durchs Zelt, kurzweilig der Auftritt des Meeressäugers, der sich unter anderem als Sänger beweist. Zwar ist alles bekannt, dennoch sehr sympathisch präsentiert.


Franco Olivera, Willy Colombaioni, Sendy Hones

In dieser Art noch nicht gesehen ist die Bola-Bola-Nummer von Franco Olivera, der seine Leistungen auf komische Weise verkauft und sich dabei im Flirt mit dem (weiblichen) Publikum dauernd selbst verletzt. So herrlich schräg macht selbst diese folkloristische Darbietung Spaß. Mit dem Tournee-Wechsel in die Slowakei ist die Familie Cersosimo aus dem Programm ausgeschieden. Im glamourösen Finale mit dem Ballett in bildschönen Abendkleidern verabschiedet sich Sprechstallmeister Jordy Casartelli dann singend vom Publikum, ehe Michael Jacksons „We are the world“ – dargeboten von Sendy Hones – die letzte Parade der Artisten einleitet.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos:
Christoph Enzinger