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Cirkus Arena - Tour 2011
www.arena.dk ; 125 Showfotos

Ballerup, 3. September 2011: Wie in Dänemark üblich, bereist der Cirkus Arena jedes Jahr (nahezu) die gleichen Städte. Zumeist handelt es sich dabei um Eintagesplätze. Die sich daraus ergebende Notwendigkeit, jedes Jahr ein neues Programm bieten zu müssen war denn wohl auch die Ursache dafür, dass der größte dänische Circus in diesem Jahr wieder einmal ein Programm „unter Wasser“ präsentiert. Zuletzt war eine derartige Produktion dort 2006 zu sehen, als es auch einen Abstecher in die Niederlande gab. Die Nummernfolge selbst spricht eher für eine Show, welche komplett auf Sägemehl stattfindet.

Die kreativen Ideen des ersten Teils in der Wassermanege halten sich in Grenzen. Nichtsdestotrotz ist ein sehr starkes Pogramm zu erleben, das durch starken Zuschauerzuspruch belohnt wird. Dem Vernehmen nach verlief die Saison sehr erfolgreich. In Ballerup, der letzten Stadt der Tournee, erleben wir in der einzigen frei buchbaren Vorstellung an diesem Ort ein äußerst gut gefülltes gelb-rot gestreiftes Chapiteau.


Nixen, Duo Geronis, Patrick Berdino und Merrylu Casselly

Einer der Erfolgsgaranten ist die Familie von Rene Casselly, die schon seit vielen Jahren bei Arena engagiert ist und in jedem Jahr mit neuen Dressuren ihrer Elefanten sowie Pferde begeistert. Auch im Bereich Artistik hat diese Familie ein Juwel zu bieten. Tochter Merrylu überzeugte in den vergangenen Jahren u.a. als Kontorsionistin und Ballerina zu Pferd. In diesem Jahr eröffnet sie das Programm mit Akrobatik an einer rotierenden Leiter, die am anderen Ende an einem Jetski montiert ist. Auf diesem sitzt Patrick Berdino, der das Requisit in Bewegung hält, in dem er mit seinem Gefährt im Kreis durch die bereits gefüllte Wassermanege jagt. Ein effektvoller Auftakt, der leider den einzigen wirklich überzeugenden Einsatz des Wassers bildet. Die beiden namenlosen „Nixen“ bewegen sich zwar in einer mit Wasser gefüllten gläsernen Halbkugel, diese müsste aber nicht zwingend auf einer Insel in der Manegenmitte stehen. Ihren Auftrittsort erreichen sie mittels venezianischer Gondeln. Etwas weniger nobel, mit einem Schlauchboot nämlich, begibt sich sodann Jimmy Folco auf „große Fahrt“. Seine lustige Angeltour allerdings ist von wenig Erfolg – in Form von gefangenem Fisch – gekrönt. Sichtbar mit dem rutschigen Untergrund auf der Insel zu kämpfen hat des Duo Geronis. Die tänzerisch präsentierten Quick Change-Illusionen der beiden Weißrussen wirken auf trockenem Untergrund sicher noch eleganter. Beim kommenden Ravensburger Weihnachtscircus können wir uns davon überzeugen.


Mike Gärtner, Trio Laruss, Patrick Berdino und Merrylu Casselly

Sehr feucht wird der folgende Auftritt von Jimmy Folco, der sich mit einem Zuschauer (es handelt sich wirklich um einen solchen) eine intensive Schlacht mit Wasserpistolen verschiedener Größen liefert, nachdem er als Mafiapate im Bühnennebel Eindruck geschunden hat. Fast schon ein „Muss“ für ein Circusprogramm in einer Wassermanege stellt eine Seelöwennummer dar. Die bei Arena wird von Mike Gärtner und Partnerin präsentiert. Zwei Tiere, quasi ein „Groß und klein mit Flossen“, zeigen ein überschaubares Trickrepertoire, welches auch Aktionen im Wasser beinhaltet. Mit teilweise neuen Tricks „glänzt“ das Trio Laruss. Ihre Kraftakrobatik in Gold ist äußerst effektvoll und leistungsstark, wurde aber bei Arlette Gruss oder beim Heilbronner Weihnachtscircus deutlich stimmiger in Szene gesetzt. Gegen den bekannten Haifisch in der Badwanne behält auch Jimmy Folco die Oberhand. Wie bei den anderen Reprisen, trägt dieser Auftritt ebenfalls seine eigene Handschrift. Jimmy Folco ist somit ein höchst origineller, vor allem aber sympathischer Begleiter durch das Programm, der im kommenden Jahr wiederum bei Arena zu sehen sein wird. Sie haben den ersten Teil eröffnet, sie beschließen ihn: Mit ihrer in eine kleine Geschichte verpackten Rollschuhartistik setzten Merrylu Casselly und Patrick Berdino den artistischen Schlusspunkt der Wassershow. Es folgen Wasserspiele, die durch Lichteffekte, u.a. mit Lasern, verstärkt werden.


Casselly und Co., Duo Kalachev, Diorio-Truppe

Die Pause wird genutzt, um die Wassertechnik abzubauen. So geht es im zweiten Teil auf bzw. über dem Sägemehl weiter. Auf gleich zwei Todesrädern laufen die vier Herren der Truppe Diorio. Die Nummer wirkt in erster Linie durch das doppelte Requisit und nicht durch die Trickstärke. Anders ist das bei den acht Damen der Shandong Truppe. Sie präsentieren sich nicht nur in bunten, folkloristischen Kostümen sondern zeigen darin faszinierende Antipodenspiele in immer wieder anderen, nahezu unmöglich erscheinenden, Kombinationen. Für mich der artistische Höhepunk im Programm. Nachdem Jimmy Folco unter die Golfer gegangen ist, erleben wir ein großes Reiterschauspiel in rot. In dessen Mittelpunkt stehen Alexia und ihre Tochter Merrylu Casselly. Komplettiert wird das Quartett in langen Kleidern von Claudia Folco und Susi Varga. Zusammen zeigen sie manegenfüllende Bilder, im solo einen Steiger mit Reiterin und das Springen durch einen Reif. Wie Roncalli, hat auch Arena einen „Steilwandfahrer“ im Programm, der sich mit einer Holzkonstruktion unter die Kuppel ziehen lässt, während er darin mit dem Fahrrad seine Runden dreht. Jefferson Weber heißt der Artist hier. Als Schleuderbrettartist im stilechten ungarischen Kostüm bringt sodann Jimmy Folco bei seinem letzten Auftritt gemeinsam mit seinem Publikums-Partner die Bretter seines Requisits zum Splittern. Die Darbietung des Duo Kalachev kommt zunächst als klassische und höchst seriöse Kür am Vertikalseil daher. Dieser Eindruck muss spätestens dann revidiert werden, wenn ein äußerst bissfreudiger Hund die Nummer „stört“. Was folgt, ist eine amüsante Hundecomedy, die vor einigen Jahren im Saisonprogramm des Circus Krone zu erleben war.


Rene Casselly junior

Tierisches Highlight der diesjährigen Show ist zweifellos die Elefantendressur von Rene Casselly junior als „Mowgli“. Mit den vier afrikanischen Elefanten zeigt er Tricks, die man von der Jockeyreiterei zu Pferd kennt. So beispielsweise den Salto von einem Elefantenrücken auf den nächsten. Akrobatisch versiert drückt er einen Handstand auf den Stoßzähnen eines der Dickhäuter oder auf den verknoteten Rüsseln zweier Tiere. Zum Schluss geht es nochmal eben per von einem Elefanten bedienten Schleuderbrett auf den Rücken eines anderen. Man kommt aus dem Staunen über so viel Kreativität und die unglaublichen Fähigkeiten von Mensch sowie Tier nicht heraus. Einfach fantastisch. Das Finale mit allen Mitwirkenden wird von Direktor Benny Berdino angeführt, der ebenfalls die Moderation des Programms übernimmt. In diesem Jahr haben wir sogar erstmalig das Glück, seinen Gesangskünste lauschen zu dürfen. Begleitet wird er dabei von der vierköpfigen Band, die die gesamte Vorstellung sehr schwungvoll unterstützt. Der Stimmung tut dies sehr gut, wenngleich die Dänen in der von uns besuchten Vorstellung eher verhalten reagieren. Wie dem auch sei: Wir freuen uns schon auf die Produktion des kommenden Jahres, dann wieder komplett auf Sägemehl.

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Text: Stefan Gierisch; Fotos: Stefan Gierisch, Sven Rindfleisch