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Circus Voyage - Tour 2010
www.circus-voyage.de ; 50 Showfotos

Mannheim, 21. August: Es ist schon ein schmuckes Unternehmen, das sich Alois Spindler (ehemals Circus Aramannt) und seine Frau Diana in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Gestartet 1998 als kleiner Familiencircus, überrascht der Circus Voyage 12 Jahre später mit einem geschmackvollen rot-weißen Rundkuppel-Chapiteau inklusive 1000 Besucher fassendem Schalensitz-Gradin, einem internationalen Programm und einem imposanten, vorzüglich gehaltenen Tierbestand, zu dem unter anderem fünf afrikanische Elefanten, ein Nashorn, ein Flusspferd und eine Giraffe gehören.

Das Programm steht dementsprechend auch unter der Überschrift „Eine Reise durch die größte tierische Circusshow“. Unterstützt wird das Motto durch eine 60 Quadratmeter große Kinoleinwand, auf der jeweils zu den Herkunftsländern der Tiere passende Filmaufnahmen projiziert werden sollen. In der besuchten Vorstellung streikte der Projektor allerdings. Und so sahen wir in einem relativ nüchternen Ambiente ein bodenständiges, ohne Schnörkel präsentiertes Programm klassischer Prägung, das von Bettina Richter, der Schwester der Direktorin, wortreich kommentiert und einer kleinen Vier-Mann-Band musikalisch begleitet wurde.


Marina Trechina, Manuel Lorador, Mandy Mercedes

Die Show beginnt originell mit der hauseigenen Artistenschule. Nico (Handstand-Equilibristik), Alicia (Antipoden-Spiele) und Leonardo (Drahtseil) Spindler zeigen kurze Ausschnitte ihres beachtlichen Könnens. Anschließend gibt es sämtliche hier angedeuteten Genres auch in der ausgewachsenen Form zu sehen – und zwar auf durchweg hohem Niveau. Svetlana Trechina zeigt ihre ausgereiften Antipodenspiele, Manuel Lorador brilliert mit Temperament und Rückwärtssalto auf dem Sprungseil und Mandy Mercedes kombiniert Handstand-Equilibristik mit Tücher-Antipoden. Zu den Höhepunkten im Programm zählt aber auch der Auftritt von Marina Trechina: Ihre ausdauernde, fehlerfreie Hula-Hoop-Darbietung ist vermutlich die leistungsstärkste in diesem Genre überhaupt. Ergänzt wird das artistische Aufgebot durch Tatjana Lenta (ehemals Circus Universal Renz) am Luftring. Gemeinsam mit ihrem Partner Jindra Berousek ist sie außerdem am Haltestuhl zu erleben. Dieser Darbietung merkt man allerdings noch an, dass Berousek, der bei Universal Renz für den Fuhrpark zuständig war, erst seit kurzem als Artist aktiv ist. Reklame- und Schlussnummer ist wiederum der Auftritt von „Superstar“ Nico Spindler und seinem Kompagnon Monti in der Motorradkugel. Als „super gefährlicher“ Schlusstrick wird die Überkopf-Fahrt des erst 15-jährigen Nicos verkauft.


Diana und Alois Spindler

Im Vergleich zu den artistischen Darbietungen relativ kurz fallen dagegen die Auftritte der vierbeinigen Manegenstars aus. Im ersten Programmteil sehen wir zunächst ein Pferde-Potpourri, in dessen Rahmen Direktorin Diana Spindler eine flotte Hohe Schule reitet und Direktor Alois Spindler nonchalant zwei feurige Andalusier und einen 6er-Zug Friesen ansprechende Figuren laufen lässt. Später gibt es ein kurzes Zusammenspiel jeweils vier asiatischer Kamele und vier temperamentvoller Pintoschecken – immerhin mit Gegenlauf. Am meisten Eindruck, wenn auch nicht aufgrund der Trickstärke, macht dann aber im zweiten Programmteil der Showblock, der die vier afrikanischen Großtierarten Elefant, Giraffe, Flusspferd und Nashorn nacheinander in die Manege bringt. Das Publikum ist begeistert, wenn Nico Spindler auf einem der fünf Elefanten einen Flic Flac zeigt, wenn sich die Giraffe von den Logenbesuchern mit Brot füttern lässt und wenn Alois Spindler eine Runde stehend auf dem Nashornbullen reitet.


Jindra Berousek, Monsieur Lauretti

Für die Komik im Programm ist in erster Linie Jindra Berousek alias Clown Jimmie verantwortlich. Sympathisch zeigt er bekannte Mitmach-Reprisen wie das Golfspiel, die Autofahrt und das Tanzen für Luftballons. Der Sparte „Komik“ zuzuordnen ist freilich auch der Auftritt von Monsieur Lauretti. Aufgrund seines zurückhaltenden, fast etwas schüchternen Auftretens hat es der dänische Bauchredner allerdings trotz interessanter Einfälle schwer, Kontakt zum Publikum aufzubauen.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Voyage zeigt bodenständigen, stets etwas hemdsärmelig daherkommenden Circus, der keinen der drei klassischen Säulen Tiere, Clowns und Akrobaten vernachlässigt und somit genau das präsentiert, was der Normalverbraucher unter Circus versteht. Nicht mehr, aber auch keinesfalls weniger.

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Text: Sven Rindfleisch; Fotos: Stefan Gierisch