CHPITEAU.DE

Circus Universal Renz - Tour 2010
www.universal-renz.de ; 50 Showfotos

Heppenheim, 10. April 2010: Die Bezeichnung des Circus als „Theater des Volkes“ hat Daniel Renz auf seine ganz eigene Weise interpretiert. Denn in seinem Circus Universal Renz werden zweimal täglich wahre Volksfeste gefeiert. Wenn nach dem Finale das Schäferlied erklingt und der Direktor ganz vorne auf der Manegenumrandung steht, um seinem Publikum ein vielfaches „Tschüss“ hinterher zu rufen, dann herrscht eine äußerst ausgelassene Stimmung. Das Chapiteau wird zum Festzelt. Die gen Ausgang gehenden Zuschauer erwidern den Abschiedsgruß vielstimmig. Offensichtlich hatten sie in den dahinter liegenden zweieinhalb Stunden großen Spaß. Und das vollkommen zu recht.

Denn das gezeigte Programm lässt hinsichtlich der gezeigten Darbietungen nahezu keine Wünsche offen. Kaum jemand hat ein solch abwechslungsreiches Tierprogramm. Bei der Artistik dominieren Luftnummern, auf dem Manegenboden arbeitet lediglich die Jongleuse. Mit Pom Pom ist ein Clown dabei, wie man ihn sich vorstellt: Große Schuhe, rote Nase und die passende Frisur. Wenn Roncalli den einen Pol hinsichtlich der Präsentation eines Circusprogramms darstellt, dann bildet Universal Renz den Gegenpol. Das Gradin ist eines der artenreichsten Deutschlands (Klappstühle, Schalensitze, Bänke mit Lehne, Bänke ohne Lehne), der Schriftzug über dem verlassenen Orchesterpodium sieht unbeleuchtet eher improvisiert aus und Daniel Renz moderiert das Programm auf eine sehr ungezwungene Weise. Aber dies ist offensichtlich kein Problem – Roncalli hat sein Publikum, Universal Renz seines. Beide machen erfolgreich Circus. Jeder eben auf seine ganz eigene Art.


Familie Donnert, Andrea Navratilova, Duo Kovatchevi

Im Programm gibt es gegenüber dem Vorjahr ein paar Änderungen. Die Simbabwe Boys und Claudia Bremlov sind nicht mehr dabei. Statt der Luftnummer des Duo Tagal sehen wir aktuell Andrea Navratilova am Vertikalseil. Sie beweist am ruhenden Seil ihre Gelenkigkeit. Eine schön choreographierte Darbietung, die ebenfalls hinsichtlich der gezeigten Leistung überzeugt. Neu dabei, aber nicht zum ersten Mal bei Universal Renz, sind die Donnerts mit ihrer Jockeyreiterei. Eine junge Frau und vier ebenfalls junge Männer zeigen in passenden folkloristischen Kostümen u.a den Rückwärtsalto von Pferd zu Pferd und einen Zwei-Mann-Hoch, während Vater Donnert von der Manegenmitte aus ruhig die Tiere dirigiert. Kurzum, eine Jockeyreiterei im ungarischen Stil, wie man sie sich wünscht. Spanisch kommen uns zwei Mitglieder dieser Truppe bei ihrem Pas de deux auf dem Pferderücken. Eine schöne, stimmungsvolle Arbeit. Das Gleiche lässt sich ebenfalls über ein weiteres Duo sagen, die Kovatchevi. Wenn die bekannte Musik zu ihrer traumhaften Kür an Washingtontrapez und Tüchern erklingt, muss ich unweigerlich an den Holzbläser denken, der bei Busch-Roland live in der Manege begleitete. Auch mit Bandmusik kommt diese abwechslungsreiche Nummer des jungen Paares gut an. Der starke Applaus beweist es.


Daniel Renz

Über mangelnden Beifall müssen sich natürlich die vier Artisten um Carlos Camadi ebenfalls nicht beklagen. Im ersten Programmteil erleben wir das verwegene Quartett auf dem Hochseil. Es gibt kaum etwas, das sie nicht beherrschen. So sehen wir beispielsweise Auf- sowie Abgang über das Schrägseil von Carlos Camadi, einen Zwei-Mann-Hoch und Sprünge über bis zu zwei Partner. Im coolen weißen Outfit, gerne mit geöffnetem Hemd, erobern sie vor dem Finale das Todesrad. Es ist eine rasante, riskante Arbeit mit hohen Sprüngen und schnellen Wechseln der vier Artisten vom Boden in die beiden Körbe. Abgerundet wird der artistische Part mit der Jonglage von Sandra Kovatchevi. Sie beginnt mit fünf Keulen und beendet ihren Auftritt mit ebenso vielen Fackeln. Dazwischen zeigt sie Tricks mit Bällen, welche sie nicht nur durch die Luft wirbelt, sondern auch auf ihren Fingern rotieren lässt. Beim Betreten des Chapiteaus ist in diesem Jahr kein Zentralkäfig aufgebaut. Nichtsdestotrotz sehen wir zunächst eine Raubtierdarbietung. Daniel Renz zeigt die zwei von Edi Laforte dressierten Braunbären. Die beiden Damen haben jede Menge Tricks auf Lager, die sie bereitwillig zeigen. Natürlich wirken die Tiere dabei äußerst drollig. Der Raubtierkäfig wird in der Pause aufgebaut. Von den beiden Seiten des Artisteneingangs führt jeweils ein Laufgang zum Käfig. Zunächst öffnet sich die linke Tür und drei Tiger aus der ehemaligen Gruppe von Karoly Donnert kommen herein. Sie überzeugen insbesondere mit Hochsitzern. Wie bei Universal Renz üblich, bekommen nun auch sie ihre Fleischbelohnung direkt in der Manege.

Kaum schließt sich die eine Tür hinter dem letzten der Donnert-Tiger, kommen von rechts drei gestreifte Raubkatzen aus der von Daniel Renz schon seit vielen Jahren vorgeführten Gruppe. Durch diesen flotten Wechsel geht die Vorführung der beiden Tiger-Trios nahezu nahtlos ineinander über. Man wünscht sich, dass der Übergang zwischen zwei Raubtiervorführungen anderswo genauso schnell geschehen würde. Die Renz-Tiger balancieren auf einem Balken und betätigen sich als Springer. Nicht mehr benötigte Requisiten werden wie gehabt im vorderen Teil der Manege abgelegt. Während der letzte Tiger gerade den Käfig verlassen hat, wird dieser schon im Rekordtempo abgebaut.


Pom Pom, Billy Wilson Smart, Edi Laforte

In hohem Tempo werden auch die - teilweise etwas gemächlicher absolvierten – Tricks der drei Elefantendamen aneinandergereiht. Billy Wilson-Smart hat die Inderin Maya und ihre beiden afrikanischen Kolleginnen gut im Griff. Auf den Auftritt Mayas als Rasierelefant müssen (bzw. dürfen) wir zumindest an diesem Abend verzichten. Fünf Friesen präsentiert Patricia Renz in einer Freiheit, ebenso wie ihr Sohn Dany seine ebenfalls fünf Kamele. Die zahlenmäßig stärkste Tiergruppe hört auf das Kommando von Edi Laforte. Im Gepäck hat er jede Menge Hunde, Ziegen und eine Katze. Während die Ziegen balancieren, zeigen Hunde und Katze ihre Künste als Springer. Die Katze springt durch zwei Reifen, die Hunde über Hürden und ein Sprungseil. Die Hunde fahren außerdem Roller sowie Auto. Einem kleinen Wagen entsteigt eine Schar Laufenten. Clown Pom Pom ist ein durch und durch liebenswerter Kerl, der mit den aus dem Vorjahr bekannten Reprisen („Concerto“, Autofahrt, fliegender Teddybär und „Das Musizieren ist hier verboten“) zu erleben ist. Die anzügliche Bemerkung gegenüber einer doch recht jungen Mitspielerin aus dem Publikum allerdings passt so gar nicht zu seinem ansonsten familientauglichen Stil.

Zum Finale gibt es „Viva Las Vegas“. Während die gleichnamige Musik ertönt, tanzen alle Mitwirkenden mit dunklen Sonnenbrillen auf der Nase. Ganz gleich, ob sie das dazu passende Outfit anhaben oder ein ungarisches Reiterkostüm tragen. Der Abschied ist insgesamt ansprechend choreographiert und erhält durch diesen coolen Las Vegas-Touch nochmal seine ganz eigene Note. Es gibt einige Zugaben, bis dann eben die eingangs beschriebene Verabschiedung durch den Direktor das Spektakel endgültig beendet.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch