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Höhner Rockin' Roncalli - Salto Globale 2010
www.hoehner-rockin-roncalli.de ; 70 Showfotos

Duisburg, 29. Mai 2009: Zehn Jahr ist es jetzt her, dass in Köln eine unverwechselbare Zusammenarbeit begann: Erstmals traten damals Artisten zur Musik einer Kölner Band auf, die „Höhner Rockin' Roncalli Show“ feierte seine Geburtsstunde. Lud man zunächst ins „(Rhein-)Land des Lächelns“ so gab es anschließend „Minsche, Fiere, Emotionen“ im Manegenrund zu bestaunen. In „SingSalaBim“ standen dann Zauberei und Illusionen im Mittelpunkt. Die aktuelle, vierte gemeinsame Produktion „Salto Globale“ feierte 2008 in Bonn Premiere und ist nach einem vierwöchigen Gastspiel in Köln 2009 in diesem Jahr in Aachen und Duisburg zu sehen.

Dort steht die Zeltlandschaft leicht versteckt in einem Wohngebiet in der Nähe des modern gestalteten Innenhafens. Gespielt wird in einem älteren Roncalli-Zelt – ohne die typische Kuppel, aber mit demselben Durchmesser. Im Inneren  eine erhöhte Bühne vor einem Artisteneingang vergangener Tage, Bankreihen und weiter vorne Holzstühle erinnern an den Reisecircus.  Ein blauer Zweimaster, der als Vorzelt fungiert und in dem Restauration und Souvenirshop untergebracht sind, wurde zudem vom Verleiher Schifke hinzu gemietet. Auf dem Gelände stehen nur wenige Wagen, so die alte Roncalli-Kasse, ein Bürowagen und ein Hanomag als Dekoration. Container dominieren das restliche Bild. Alle Artisten und Mitarbeiter sind im Hotel untergebracht, einzig Familie Duss steht mit ihren Tieren und samt 100.000-Liter-Bassin auf dem Platz.


Rigolo, Jigalov, Lara Jacobs

Im Mittelpunkt der Show „Salto Globale“  stehen auch heuer die vier Elemente, denen die einzelnen Darbietungen zugeordnet werden. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich das artistische Line-Up  jedoch leicht verändert; so ist die junge Schweizerin Lara Jacobs mit ihren Derwisch-Tänzen neu im Programm. Nicht mehr im Programm sind dagegen der furiose Diabolo-Spieler Tony Frebourg und die Truppe Rokashkov am Quadratreck. Doch zurück zu Lara Jacobs: Lange Zeit lebte die heute 28-Jährige in den USA und verdiente dort als Tänzerin, Model und Agenturchefin ihr Geld. In Istanbul ließ sie sich dann im Derwisch-Tanz ausbilden, wobei sie sich mit ausladenden Tüchern im schnellen Tempo zu „Du fühlst dich jood ahn“ um die eigene Achse dreht. So wirklich überzeugen kann die Darbietung allerdings nicht, wobei gerade ihr zweiter Auftritt – hier entzündet sich am äußeren Rand des Tuchs eine Art „Feuerbahn“ -  doch ein schönes Bild abgibt. Mit Andrei Jigalov und seinem Partner Csaba wurden für den clownesken Teil zwei alte Bekannte engagiert - 2009 war noch Donimo für die Komik zuständig. Mit dem Versuch seinem seriösen Gegenspieler seinen Gesangsauftritt zu versauen und dennoch mit der Tücke des Objektes kämpfend, gelingt es dem Russen spielend die Sympathien der Zuschauer auf seine Seite zu ziehen.  Der preisgekrönte Komiker war übrigens bereits in der ersten „Höhner Rockin‘ Roncalli Show“ 2000 zu sehen und wird im Herbst diesen Jahres unter anderem in den „Fliegenden Bauten“ in Hamburg sowie in einigen GOP-Varietés auf der Bühne stehen. Er kommt im Übrigen als einziger ohne Höhner-Begleitung aus.
 


The White Crow

Einen der beeindruckendsten Augenblicke der Vorstellung liefert Rigolo, mit bürgerlichem Namen Mädir Eugster und übrigens Vater von Tänzerin Lara Jacobs. Mit seiner fast schon meditativ vorgetragenen Sanddorn-Balance setzt er zurecht den Schlusspunkt. Völlig ruhig – selbst die Höhner verzichten mit zunehmender Dauer der Nummer auf die musikalische Begleitung  mit „Hey Johannes“ – ist es diesem Moment im Zelt. Diese Ruhe entlädt sich erst, wenn Eugster mit dem Wegnehmen des kleinsten Blattes alles zusammenkrachen lässt. Unglaublich. Und trotz oder gerade wegen dieses Kontrapunktes zu den restlichen Darbietungen ein wahres Highlight. Die beiden weiteren Highlights waren bereits im letzten Jahr mit von der Partie. Zur Pause fliegt „White Crow“ – Frontfrau Carole Demers wieder mit traumwandlerischer Sicherheit durch die Zeltkuppel. Die Höhner intonieren passend „Wenn nicht jetzt, wann dann“. Als Höhepunkt wird dann der dreifache Salto mit anschließender halber Schraube gesprungen – Weltrekord! Nicht nur die gezeigten Tricks, sondern auch die gelebte Lebensfreude machen diese Nummer zu etwas besonderem. Die Gruppe kann man ohne Abnutzungseffekt einfach immer wieder sehen. Das selbige gilt uneingeschränkt auch für die vier Seelöwen der Familie Duss. Zu den Klängen eines Hitmedley, etwa „Echte Fründe“ und „Schenk mir dein Herz“, brennen die sechs Akteure ein wahres Trick-Feuerwerk ab.

Beeindruckend ist vor allem die Leichtigkeit mit der die Tiere auch schwierigste, zum Teil interaktive Übungen absolvieren. Es gibt wohl zurzeit keine andere Seelöwen-Dressur, die an die Qualität und auch Quantität der Tricks in der Duss`schen Darbietung heranreicht. Mit ihrer flotten Flossenshow sind sie die eindeutigen Lieblinge bei Ensemble und Publikum. Ebenfalls wieder dabei ist der unglaubliche Klischnigger Oleksandr Yenivatov als „Sasha the frog“. Zwar singen die Höhner „Dat künne me och“, doch beim Anblick der extremen Verbiegungskünste, die Sasha auf einem überdimensionalen Zylinder mit einem sympathischen Lächeln präsentiert, mag man daran so seine Zweifel haben. In seinem zweiten Auftritt dreht er seinen Unterkörper um die eigene Achse während er den Oberkörper mit Hilfe eines Metallgestelles in der Ursprungsposition belässt. Auch Lorenzo Torres war einst Schlangenmensch. Jetzt hat er sich unter dem Namen Mr. Lo ganz dem Papierreißen verschrieben. Immer neue, unglaubliche Gebilde bastelt der gebürtige Kalifornier mit Wahlheimat München aus Papier und sorgt so für so manche Erheiterung im Rund.


Furia, Mr. Lo

Für die Luftnummern ist auch diesem Jahr Marina Borzova verantwortlich. Im ersten Teil schwingt sich die Russin unter den Klängen von „Sonne und Teer“ in einem ausschweifenden Kleid am Schwungseil durch die Kuppel, im zweiten Teil dann als Furia am Trapez inklusive einiger (longenunterstützter) Abfaller. Zu „Gut so wie es ist“ zeigt Aurelie samt der weißen Taube Celeste gleich zu Beginn ihre Handstand-Equilibristik. Neben einzelnen starken Tricks wie dem einarmigen Handstand bleibt vor allem das poetisch-schöne Zusammenspiel mit dem Tier in Erinnerung. Mit kleinen Intermezzi leitet die Gruppe Anima  Planet in ihren Fantasiekostümen passend ins nächste Thema ein, die Höhner lassen immer wieder „Wie für uns gemacht“ als wiederkehrendes Motiv erklingen.  Apropos Höhner; auch diese wirken natürlich wieder mit im artistischen Reigen.  So spielt Gründungsmitglied Peter Werner den seriösen Partner, den Jigalov in seiner bestens bekannten Wasser-Reprise stören möchte und dabei am Ende doch völlig durchnässt darsteht. Einen Soloaufritt hat auch Janus Fröhlich mit Seelöwe Chico samt Küsschen für die Logenbesucher. Mit „Männer in den besten Jahren“ präsentieren die Höhner in diesem Jahr auch ein Stück, das ganz für sich alleine steht und nicht zur Untermalung dient.

Am Ende bleibt: Applaus im Stehen, frenetischer Beifall und ein tanzend-schunkelndes Publikum – auch zehn Jahre nach der ersten „Höhner Rockin' Roncalli Show“ sind die Publikumsreaktionen noch dieselben. Die allgemeine Begeisterung ist nur verständlich, schaffen es die sechs Kultmusiker und ihre Artisten-Kollegen doch eine einzigartige Atmosphäre voller guter Laune, Ausgelassenheit und doch auch mit ruhigen Momenten zum Staunen zu kreieren. Ein wahres Happening und mit das beste, was es hierzulande zu sehen gibt!

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Stefan Gierisch