Nein auch die strenge
Inszenierung, die bisweilen etwas altmodisch wirkenden Kostüme
und das ordentliche aber nicht wirklich circustypische Ambiente
(Bühne statt Manege, schlicht in schwarz gewandete
Platzanweiser), führen zu dieser Einschätzung. Dennoch zeigt der
Agenturzirkus der holländischen Familie Smit auch in diesem Jahr
eine im wahrsten Sinne des Wortes große, wie aus einem Guss
daherkommende Show, an der inklusive Orchester und Ballett rund
35 Artisten beteiligt sind.
Trio
Kiroushenkov,
Fasttrack,
Shulga und Kiroushenkov
Neu im Programm sind im
Vergleich zum letzten Jahr zwei Darbietungen – jeweils zu Beginn
der beiden Programmhälften. Zunächst wirbelt eine fünfköpfige
Truppe über ein Fasttrack-Trampolin und zeigt Sprünge bis zum
Drei-Mann-Hoch. Nach der Pause präsentiert Heiko Olf dann seine
flott ablaufende Löwendressur (drei Löwinnen, ein Löwe). Nicht
mehr dabei ist dagegen Equilibristin Alona Jouravel. Keinesfalls
neu im Programm des Staatscircus, aber neu inszeniert ist
wiederum die trickstarke Hand-auf-Hand-Nummer von Kiroushenkov,
die er nun mit neuem, noch etwas unsicherem Partner zu
schwungvoller Charleston-Musik unter Einbeziehung des Balletts
präsentiert. Wie überhaupt das Ballett immer wieder geschickt
eingesetzt wird, um den einzelnen Darbietungen zusätzlichen
Drive zu verleihen. So umrahmen die Tänzerinnen die Handvoltigen
des Trio Kiroushenkov in winterlich, folkloristischen Kostümen
und unterstützen als Flamencotänzerinnen die Antipodenspiele von
Ekaterina Tarbeev, die gemeinsam mit ihrem Mann Anton – erist
der Hauptakteur - auch in einer Diabolo-Jonglage zu sehen ist.
Rodion und Juliette Girgenov mit
Ballett, Zhuravel-Truppe
Ihren Paradeauftritt haben
die Damen des Balletts in der Magicshow von Julia und Rodion
Girgenov. In wechselnden Kostümen, von rosa bis pechschwarz,
assistieren sie bei der ansprechenden Trickfolge von
Großillusionen und lassen die Darbietung so zu einem
manegenfüllenden Spektakel inklusive abschließendem Funkenregen
werden. Übrigens sind auch Julia und Rodion Girgenov gleich
mehrfach in der zweieinhalbstündigen Show zu sehen. Neben der
Magicshow ist Julia noch in der stimmungsvoll in Szene gesetzten
Klischnigg-Nummer von Rodion zu sehen und schwebt in der
vielleicht schönsten Nummer des Programms mit ihrem Partner
Sergui an den Strapaten durch die Zeltkuppel. Die artistisch
stärkste Nummer im Programm präsentiert allerdings die
vierköpfige Zhuravel-Truppe am Stufenreck: Ohne eine Miene zu
verziehen zeigen die Jungs als muskelbepackte Bauarbeiter
kraftvolle und spektakulär weite Schwünge und Sprünge.
Yuri Volodchenkov, Igor
Markevitch, Gagik
Avetisyan und
Thierry Dourin
Zugpferd und Werbefigur des
„Großen Russischen Staatscircus“ ist dennoch absolut zu Recht
die lebende Legende Oleg Popov. Seine poetischen Reprisen sind
zwar nicht brüllend komisch, haben dafür aber Herz und
Eigenständigkeit. Popov ist und bleibt daher eine echte
Manegenpersönlichkeit. Das kann von dem armenischen Clown Gagik
Avetisyan leider nicht sagen. Als Charlie-Chaplin-Double ist er
zwar wirklich überzeugend und charmant, seine Versionen des
Orchesters und der Motorradfahrt mit „Freiwilligen“ aus dem
Publikum sind dagegen eindeutig zu derb. Ein erstklassiges
Auftreten in der Manege hat dagegen gewöhnlich Teufelsreiter
Yuri Volodchenkov, der in der besuchten Vorstellung allerdings
nur eine reichlich improvisiert wirkende Hohe Schule am langen
Zügel zeigte. Dritte Tiernummer im Programm ist dann die furiose
Hundeshow von Igor Markevitch. |