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Cirkus Dannebrog - Tour 2010
www.cirkus-dannebrog.dk ; 66 Showfotos

Kopenhagen, 4. September 2010: Auf den drei Leinwänden über der Manege werden Sequenzen aus dem Leben von Haddy Enoch gezeigt. Zunächst in schwarz-weiß, gleich darauf in Farbe läuft dort eine Hommage an diesen großen Circusmann ab, ohne den es den Cirkus Dannebrog in dieser Form wohl nicht geben würde. Im vergangenen Jahr ist Haddy Enoch gestorben. Das Programm 2010 ist ihm gewidmet. Die Filmszenen werden abgelöst von einem wunderbar stimmigen Charivari in der Manege. Auf einem großen Postament sitzt Aura Cardinali und singt ein stimmungsvolles Lied.

Um sie herum werden die verschiedensten Disziplinen der Artistik dargestellt, verkörpert von Mitgliedern des Ensembles. Es erscheinen unter anderem ein Seiltänzer, eine Trapezartistin, ein „starker Mann“ und ein Weißclown. Auch Elefant Rambo kommt in die Manege. „Das ist Circus!“, möchte man ausrufen. Schöner kann man sich den Einstieg in eine dem klassischen Circus verpflichtete Show kaum vorstellen. Der Zuschauer ist sofort von der oft zitierten „bunten Circuswelt“ gefangen genommen. Schwungvoll geht es weiter mit der Casablanca Truppe. Die sieben jungen Männer aus Marokko zeigen in zackigem Tempo das, was man von einer derartigen Truppe gemeinhin erwartet: Pyramiden und akrobatische Sprünge. Das fünfköpfige Hausballett leitet über zu den Kamelen des deutschen Tierlehrers Bernhard Kaselowsky. Die sechs Tiere zeigen unter seiner Leitung eine schöne Freiheitsdressur.

 
Duo Veslov, Mitchel Clowns, Elefant Rambo

Ebenfalls tanzend kommt die nächste Nummer durch die Gardine hinter der erhöhten Bühne. Die Artisten Ksenia (Veslov) und Pasha (Voladas) übernehmen diese Einleitung gleich selbst, ist doch das tänzerische Element Bestandteil ihrer Darbietung an zwei Bahnen Tücherstrapaten. Die Liebesgeschichte zweier junger sympathischer Menschen ist wunderbar anzusehen (und zudem noch recht leistungsstark), leidet aber ein wenig darunter, dass zwischen den beiden Tücherbahnen noch die Leinwände vom Opening hängen. In den Wilden Westen entführt uns zunächst das Ballett, sogleich aber vor allen Dingen das Duo Veslov. Neben einem Lasso beherrschen sie vor allen Dingen ihre Peitschen. Mit viel Witz und mindestens ebenso großer Präzision zeigen sie Tricks, die man so noch nicht, zumindest aber selten gesehen hat. Etwa wenn sie mit der Peitsche runde Scheiben unter einer Kerze wegschnalzen. Das Wasserentree der Jose Mitchel-Clowns ist auch bei Dannebrog ein sicherer Lacherfolg. Die feucht-fröhliche Einladung zum „Essen und Trinken gratis“ sorgt wiederum für größte Heiterkeit. Die beiden Auguste beenden das Entree natürlich patschnass. Unterstützt werden sie von einem weiblichen Weißclown und Jimmy Enoch. Weniger überzeugend fanden wir die beiden Reprisen von Jose Mitchel im zweiten Teil. Dann kommt das von Clown Andre (Boger) bekannte männlich-weibliche Duett mit Wischmob und das Fotografieren von Zuschauern zur Aufführung. Der afrikanische Elefant Rambo und sein Trainer Bernhard Kaselowsky waren im vergangenen Jahr noch bei Bennweis. Sie zeigen im Zusammenspiel mit vier Damen ein äußerst umfangreiches Trickrepertoire. Angefangen vom Balancieren über Schleudertricks bis hin zu einem Hochsitzer lässt diese Dressur keine Wünsche offen. Die manegenfüllende Begleitung durch die in weiß und silber gekleideten menschlichen Partner von Rambo steigert die Gesamtwirkung natürlich erheblich.


Pavel Voladas

Vor der Pause hat Agnete Louise Enoch ihren ersten Auftritt. Als Vertreterin der Direktion spricht sie äußerst charmant die Pausenansage in ihr goldenes Mikrofon. Mag mancher Besucher ihren Auftritt auch als „von gestern“ empfinden, für mich gehört sie einfach zu Dannebrog. Man merkt ihr an, mit welchem Enthusiasmus sie hinter ihrem Circus steht. Nach der Pause dann die Großillusionen von Augusto Goncalves und seinen Partnerinnen. Durch die Konzentration auf die Farben schwarz und weiß ergeben sich zusätzlich reizvolle Effekte. Etwa wenn er eine schwarz gekleidete Schaufensterpuppe mit einem weißen Plüschpudel in eine lebendige Frau in schwarzem Kleid mit weißem echten Pudel verwandelt und diese darauf in eine weiß gewandete Dame mit schwarzem Pudel. Bei ihrem zweiten Auftritt ist die Familie Veslov komplett versammelt. Im Trio jagen sie in peppigen Kostümen auf Rollschuhen über eine runde Fläche. Pavel Voladas arbeitet nach seiner Zeit mit der Truppe Voladas nun alleine am Quadratreck. Seine Touren sind großartig, er deckt quasi im Solo das Repertoire ab, welches wir sonst von Truppen kennen. Auch wenn er an den Reckstangen im Solo arbeitet, ist er doch nicht ohne Begleitung in der Manege. Die Tänzerin Rikke Dall-Hansen legt mit ihm einen feurigen Tango hin. So kommt zur enormen Leistung eine äußerst ansprechende Verpackung.


Gaby Donnert, Duo Guerrero

Mit einem ganzen Marstall ist die ungarische Familie von Gaby Donnert nach Dänemark gereist. Im Mittelpunkt ihrer Vorführung steht eine temporeiche Freiheit aus vier braunen und zwei weißen Arabern. Zu Beginn sehen wir Schulschritte am langen Zügel, beschlossen wird ihre sehr stilvoll präsentierte Pferdeshow durch ein Groß und Klein. Eine der „angesagtesten“ Hochseildarbietungen zeigt derzeit das Duo Guerrero. Neben den waghalsigen Tricks liegt der besondere Reiz im Livegesang von Aura. Vom Ballett im lateinamerikanischen Stil begleitet, betritt sie bereits singend die Manege. Selbst beim Aufstieg über das Schrägseil und in weiten Teilen ihrer Darbietung hat sie noch ein Lied auf den Lippen. Dies auch, wenn sie auf den Schultern ihres sie balancierenden Partners stehend über das Schrägseil in die Manege zurückkommt. Eine Seltenheit ist ebenfalls der 2-Personen-Hoch auf den Seil mit Unterfrau.


Agnete Louise Enoch und Ensemble

Das Finale ist ausgelassen-heiter gestaltet. Für die Verabschiedung des Publikums greift die liebenswürdige Agnete Louise Enoch wieder zu ihrem goldenen Mikrofon. Es wird ein Wiedersehen geben, keine Frage. Einen Circus, der so sehr einfach nur „Circus“ ist wie Dannebrog, darf man sich einfach nicht entgehen lassen. Es gibt ihn heutzutage leider viel zu selten.

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Text: Stefan Gierisch; Fotos: Stefan Gierisch, Sven Rindfleisch