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Twello,
25. April 2009: Die Zwiebelturm-Darstellungen am Einlasswagen,
an dem auch das Konterfei Oleg Popovs zu erahnen ist, hält noch,
was der Name des Unternehmens verspricht. Das Programm hingegen
wird dem Titel „Staatscircus van Moskou“ nicht gerecht. Da gibt
es Tierdressuren aus Frankreich, Bolaspiele aus Südamerika sowie
Artistik aus Holland und weiteren Ländern Europas. Einzig die
Clowns kommen wirklich aus Russland und verkörpern so – quasi
exklusiv – den Programmtitel. Das Phänomen ist nicht neu.
Auch der „Grosse
Russe“ der Familie Smitt präsentiert eine bunt gemischte Show
mit Akteuren aus verschiedenen Ländern. |
Es mag weitere Beispiele
geben. An diesem „Etikettenschwindel“ sollte man sich nicht
weiter stören. Im „Moskauer“ Circus von Hans Martens bekommt der
Zuschauer ein kurzweiliges, gut zusammengestelltes Programm zu
sehen, wenngleich wirkliche Highlights fehlen. Die
Nachmittagsvorstellung in Twello, einem Nest in der Nähe von
Appeldorn, ist gut besucht. Den Zuschauern auf den drei Blöcken
des Gradins scheint die Show zu gefallen. Das jedenfalls lässt
sich aus ihren Reaktionen schließen. |
Denis und
Vladimir Stoliarov
Stars des
Programms sind denn auch die in der Plakatwerbung
herausgestellten Reprisenclowns Denis und Vladimir Stoliarov.
Vladimir Stoliarov kennen wir noch von seinen Auftritten bei
Sarrasani. Damals war Sergei Solomatin sein Partner. Jetzt ist
es der eigene Sohn Denis. Während der Vater das größere
komödiantische Talent an den Tag legt, überzeugt Denis in erster
Linie durch seine artistischen Fähigkeiten. So kommt es denn,
dass die Reprisen im ersten Teil leistungsstärker sind als die
eigentlichen Darbietungen, auf die sie sich beziehen. Das zeigt
sich beim Seilspringen, ganz besonders aber beim Jonglieren und
dem Spiel mit einem riesigen Hula Hoop-Reifen. Hier überzeugen
die beiden mit originellen und anspruchsvollen Zwischenspielen.
Nach der Pause sorgen ihre Experimente mit einer
überdimensionalen Waschmaschine für das große Lachen. Ebenso
ihre versuche als Fotographen. Das Spiel mit einer lebenden
Marionette ist ungewöhnlich präzise, gleichzeitig originell und
pfiffig gestaltet. Hier zeigt sich wiederum die ausgezeichnete
Körperbeherrschung von Denis. |
Karin Maskina,
Nigel Voets, Carmen Murariu
Im artistischen
Teil erleben wir zu Beginn eine Truppe mit sechs Artisten aus
verschiedenen Ländern Osteuropas. Direkt nach dem
geschmackvollen Charivari zeigen sie in bunten Kostümen, ihre
Künste als Seilspringer. Die Seile sind dank kleiner, daran
aufgereihter, Kugeln ebenfalls mehrfarbig gestaltet, sodass die
Darbietung wenigstens eine russische Aufmachung hat. Eine schöne
Kür am Luftring zelebriert Carmen Murariu. Gute Tricks und eine
durchdachte Präsentation machen ihre Darbietung sehenswert. Den
Bonus der Jugend darf der 13-jährige Jongleur Nigel Voets für sich
beanspruchen. Erfrischend unbekümmert zeigt er seine bereits
jetzt sehenswerten Tricks mit Bällen, Ringen und Keulen. Als da
capo funktioniert er seinen Requisitentisch um in das Podest für
seine Jonglage mit drei Fackeln auf der Rola Rola. Jennifer
Lijfering zeigt eine Hula Hoop-Nummer zu Musik aus Riverdance
bzw. Lord of the dance. Dabei lässt sie sich unter anderem mit
um ihren Körper rotierenden Reifen in die Luft ziehen. In Moulin
Rouge-Atmosphäre spielt die Darbietung der Lettinnen Alina und
Karina am Vertikalseil. Die beiden arbeiten zu Musik aus dem
gleichnamigen Film und tragen diesem Etablissement entsprechende
Kostüme. Alles was zu einer circusgerechten Gaucho-Show gehört,
haben die zwei Damen und der Herr aus Argentinien in ihren
Auftritt gepackt. Zusammen nennen sie sich Walter Paz & Co. Es
wird getrommelt und getanzt. Natürlich werden auch die Bolas
ausgepackt, welche sogar mit brennenden Schnüren temperamentvoll
geschwungen werden. Energiegeladen präsentiert sich Karina
Maskina am Trapez. Verschiedene Abfaller, Fersenhang, Zehenhang
– die Lettin hat alle Tricks im Repertoire. Eine Longe sorgt
dabei für die Sicherheit der Artistin. Die Stahlgitterkugel, die
die ganze Show über neben der Manege steht, wird als
Schlussnummer von bis zu vier Motorradfahrern bevölkert. Dabei
bleibt die Kugel auch während der Darbietung neben der Piste.
Die niederländisch-russische Crew sorgt kurz vor Ende der Show
somit nochmal für den großen Nervenkitzel.
Mario Masson, Sandrine Beautour
Aus Westeuropa
kommen die Tierdressuren im Programm. Sandrine Beautour zeigt
zunächst eine klassische Hohe Schule auf zwei verschiedenen
Pferden. Ihre Sechser-Freiheit ist immer wieder sehenswert. Die
vielfältigen Tricks laufen routiniert ab. Als Zugabe gibt es
erwartungsgemäß verschiedene Steiger. Jede Menge Pudel und ein
Terrier gehören zu Beautours lebhafter Hunderevue. Die
Vierbeiner dürfen auf einem als Eiffelturm gestalteten Requisit
Platz nehmen.In der Manege balancieren sie auf Kugel, springen
Seil und laufen auf den Vorderbeinen. Es gibt eine kleine Szene
an der Gartentür und ein Kinderwagen kommt zum Einsatz. Auch die
bei derartigen Darbietungen beliebte Verkleidung der Tiere ist
zu sehen. Mit zwei Nummern ist Mario Masson aus Frankreich im
Programm vertreten. Gemeinsam mit seiner Frau präsentiert er die
afrikanische Elefantendame Betty. Das Tier macht einen sehr
gepflegten Eindruck und hat zahlreiche Tricks auf Lager. Weniger
überzeugen kann Massons Vorführung von zwei normalen, einem
weißen und einem Tabby Tiger. Es dauert seine Zeit, bis die
schönen Tiere ihre Kunststücke zeigen. Masson ist dabei sehr auf
Abstand zu seinen Schützlingen bedacht und lockt diese des
öfteren mit Fleischstückchen, die er ihnen an einem auffallend
langen Stock anbietet. |
Die Show endet mit
einem Finale, in dem die sympathische Sprechstallmeisterin
Natacha Lijfering die Verabschiedung des Publikums übernimmt.
Als wir das Chapiteau verlassen, stehen schon zahlreiche
Besucher für die Abendvorstellung im Restaurationsbereich, die
offensichtlich darauf warten, Circuskünstler aus Moskau zu
erleben. |
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Text: Stefan Gierisch;
Fotos: Stefan Gierisch,
Sven Rindfleisch
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