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Rapperswil, 27.
März 2009: „Magische Momente“ verspricht der Circus Knie mit
seinem neuen Programm. Anders als der Titel „C’est magique“
vermuten ließe, bekommen wir 2009 unter dem weißen Chapiteau
keine Magic Show zu sehen. Gefeiert wird vielmehr die Magie des
Circus überhaupt und die bei Knie im Speziellen. Knie – das
heißt nach wie vor großer internationaler Circus mit
Top-Artisten, ausgewählten Spaßmachern und anspruchsvollen
Tierdressuren. Das Ganze präsentiert in einem wunderschönen
Ambiente, mit einem ungewöhnlich starken Lichtdesign und mit
Hilfe einer durchdachten Regie stimmig zusammengesetzt.
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Den ganz
besonderen Knie-Effekt machen natürlich die Mitglieder der
Direktionsfamilie aus. Sie prägen das Bild dieses Unternehmens.
Ganz gleich, ob der kleine Chris Ruy Bananen an die Elefanten
verteilt oder Geraldine Katharina Knie ausgefeilte
Pferdedressuren präsentiert. Zum erweiterten Familienkreis
gehören nun auch die Gebrüder Errani, die zu dritt das Spektakel
des Schweizer Nationalcircus bereichern. |
Mary-Jose und Linna Knie
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Bleiben wir gleich
bei den Tierdressuren. Heuer sind in der Knie-Manege leider nur
Pferde und Elefanten zu bewundern. In den kommenden Jahren
sollen sich das mit der Präsentation weiterer Tierarten aber
wieder ändern, wie man bei Knie versichert. Aus logistischen
Gründen (Holzboden für den zweiten Programmteil) finden alle
Tierdarbietungen vor der Pause statt. Absolutes Highlight ist
das von Geraldine Katharina Knie dirigierte Pferdekarussell mit
drei Bahnen aus zweimal sechs Vollblutarabern sowie fünf
Friesen. Mit welcher Präzision dieses Tableau schöner Pferde
aufgebaut, gelenkt und wieder aufgelöst wird ist schlichtweg
genial. Die Pferdeshow beginnt mit Fredy Knie jun., der ein Pony
über die Piste führt. Sodann werden vier Friesen in die Manege
geleitet, die mit den Vorderbeinen auf Podesten Platz nehmen.
Zwischen den Friesen hindurch dirigiert Mary-Jose Knie einen
schneeweißen Hengst mit Flügeln. Dazu poetische Musik mit
Gesang. Hört sich vielleicht kitschig an, ist es dank der
geschmackssicheren Umsetzung aber nicht. Sodann eröffnet
Geraldine Katharina Knie die große Freiheit mit insgesamt zwölf
weißen bzw. gräulichen Arabern, die bereits walzend in die
Manege kommen. Die weitere Vorführung ist traumhaft und gipfelt
im beschriebenen Karussell. Dazu unter anderem Bryan Adams „Here
I am“ als Begleitmusik. Es passt einfach. Für die da capi sorgt
wiederum Fredy Knie jun. mit verschiedenen Steigern. Die Familie
seines Cousins Franco ist wie immer mit den indischen Elefanten
des Hauses zu erleben. Fünf Exemplare zeigen eine runde Show,
die ohne extreme Tricks auskommt und die Schönheit der Tiere in
den Vordergrund stellt. Zu sehen sind u.a. eine Pyramide, das
Abliegen der Tiere und eine interessante Laufarbeit, in die der
Gegenlauf von jeweils zwei Elefanten integriert ist. Der jüngste
Knie, Chris Ruy sorgt für die vitaminreiche Belohnung der grauen
Riesen. Selbstverständlich gibt es auch dieses Jahr neue
Geschirre für die Dickhäuter – diesmal ist braun die
vorherrschende Farbe - und dazu passende Outfits für die
Vorführer. |
Ivan Frederic Knie
sowie Maycol, Guido und Wioris Errani
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Von der Trinka auf
den Pferderücken gewechselt haben die Fratelli Errani, die den
Kern der neuen Jockeyreiter-Truppe bilden. Neben den Ikariern
Maycol und Guido ist nun zusätzlich Bruder Wioris mit von der
Partie. Aufgrund eines Kreuzbandrisses kurz vor der Premiere
muss die ebenfalls für diese Nummer vorgesehene Rebecca
Fratellini derzeit leider pausieren. Topfit präsentiert sich
hingegen Publikumsliebling Ivan Frederic Knie. Nach seinen
Auftritten mit Ponys in den vergangenen Jahren bildet er nun die
Spitze einer Vierer-Pyramide zu Pferd. Die weitere Darbietung
auf den vier belgischen Kaltblütern wird von den Erranis
bestritten. Man merkt dieser Arbeit bei der Premiere noch an,
dass sie frisch einstudiert wurde. Die Akteure sind noch sehr
auf die eigentlichen Tricks konzentriert. Der Verkauf, den die
drei selbstverständlich beherrschen, wird sicherlich im Laufe
der Saison noch ausgebaut. Die Tricks an sich klappen aber
bereits. Stellvertretend seien hier der Salto auf einem Pferd
bzw. von Pferd zu Pferd genannt. In einer weiteren Darbietung
erleben wir Guido und Wioris auf dem doppelten Drahtseil. Hier
gilt das Gleiche wie für die Jockeyreiterei. Die auf mitreißend
feurige Atmosphäre angelegte Darbietung im Gipsy-Look und zu
ebensolcher Musik wird bestimmt in Kürze an Ausstrahlung
gewinnen, wenn in die eigentliche Arbeit Routine eingekehrt ist.
Auch auf dem Seil gibt es sehenswerte Tricks zu bestaunen. Zum
Beispiel Vorwärts- und Rückwärtssalto. Anzuerkennen ist in jedem
Fall die Vielseitigkeit dieser jungen Artisten. Echter
Circusnachwuchs im besten Sinne. |
Bingo
Mit ikarischen
Spielen, ihrer Paradedisziplin, sind Maycol und Guido Errani
Teil des Openings, welches ansonsten von der Truppe Bingo
bestritten wird. Dank dieser jugendlichen Artisten und einer
rasanten Musikbegleitung entsteht gleich zu Beginn ein Bild
voller Dynamik, das in leuchtend roten Farben gehalten ist. Die
Bingo-Mitglieder arbeiten an Tüchern sowie an Strapaten und
beweisen sich in der Disziplin der Equilibristik. Im zweiten
Teil erleben wir sie ganz in weiß. Im Mittelpunkt der
mitreißenden Choreographie steht dann eine Luftartistin an
kurzen Strapaten. In ihren Originalauftritten präsentieren sich
im ersten Teil Yelena Larkina und ihr Ehemann Kris Kremo, die
mal wieder im Schweizer Nationalcircus zu Gast sind. Zum
gesungenen „Fata Morgana“ (im Wesentlichen aus der Konserve)
lässt Yelena Larkina im Schleier ganz Genre-untypisch ihre Hula
Hoops kreisen. Ihre Reifenshow ist nicht wie üblich
quietschbunt-peppig, sondern sinnlich-mystisch. Für mich immer
wieder ein Genuss. Ebenso wie die Gentleman-Jonglage von Kremo.
Diese große Artistenpersönlichkeit findet immer den direkten
Draht zu jedem einzelnen Zuschauer. Ganz egal ob im intimen
Rahmen des Tigerpalastes oder aber im großen Knie-Chapiteau,
Kremo hat das Haus im Griff. Seine Jonglagen mit jeweils drei
Gegenständen sind nach wie vor einmalig. Geschickt würzt er sie
mit einer genau dosierten Prise Selbstironie. Das Publikum tobt.
Duo Serjo,
Sorellas, Inner Mongolian Cycling Troupe
Den weiteren
artistischen Part bestreiten das Duo Serjo, die Inner Mongolian
Cycling Troupe und die Sorellas, welche allesamt im zweiten Teil
zu sehen sind. Die Flic Flac-erprobten Equilibristen zeigen ihre
kraftvollen Handvoltigen in weißen Cargohosen und mit freiem
Oberkörper. Ein wichtiges Verkaufsargument, zumindest beim
weiblichen Teil des Publikums, doch überzeugen sie in erster
Linie durch Leistung. Die fünf Damen aus der Inneren Mongolei
sitzen die gesamte Darbietung über fest im Sattel ihrer hohen
Einräder und werfen sich dabei mit den Füßen kleine
Metallschüsseln zu, die sie auf dem Kopf fangen. Originelle
Touren entstehen auf diese Weise, die in einem farbenfrohen Bild
zu traditioneller asiatischer Musik gezeigt werden. Zur Ehre der
Schlussnummer sind Christoph Gobet und Rodrique Funke zwei Tage
vor Saisonstart gekommen. Mit ihren eleganten, vor allen Dingen
aber riskanten Figuren am Trapez sorgen die Sorellas somit für
den letzten „magischen Moment“ vor dem Finale.
Starbugs, Les Rossyann
In der Sparte
Humor geht Knie in diesem Jahr wieder auf Nummer sicher und
bietet sowohl klassische als auch zeitgenössische Vertreter
dieses Faches auf. Weißclown und August par excellence
verkörpern die Rossyann. In wunderschönen Kostümen, jenes von
Weißclown Yann Rossi wechselt mit jedem Auftritt, beweisen sie
vor allen Dingen ihre Musikalität. Ihre Vielfältigkeit ist dabei
Garant dafür, dass es keine Dopplungen zu ihrem letzten
Gastspiel bei Knie gibt, welches erst zwei Jahre zurückliegt. So
erleben wir dieses Jahr etwa Nabucco in der Version für zwei
Blasebälge, das Spiel mit Hammer und Amboss sowie das
Saxophonspiel „über Kreuz“. Im ersten Teil zeigen sie zudem das
Entree um das Fangen einer Pistolenkugel mit den Zähnen, bei dem
viel Porzellan zerdeppert wird. In der Sparte „Comedy modern“
dürfen sich 2009 die Starbugs austoben. Das sind drei Sunnyboys
aus Bern, alle „um die 30“, die bei ihren Auftritten richtig
gute Laune verbreiten. Ihre Disziplin bezeichnen sie selbst als
„Rhythmische Sportkomik“. In der Praxis sieht das ungefähr so
aus: Zur ständig durch alle möglichen Stilrichtungen wechselnden
Musik vom Band zeigen die drei Jungs in den rot-weiß gestreiften
Shirts witzige Choreographien und erzählen nebenbei kleine
Geschichten. In einer dieser Story starten sie mit
Kasernenhofdrill, um sich dann mit dem Wechsel der Musik zu
Calypso zu bewegen bzw. Breakdance zu zeigen. In weiteren
Auftritten fegen sie zunächst mit den Requisiteuren den
Manegenteppich und setzen sodann die Besen als E-Gitarren ein
oder aber sie versuchen sich als düstere Gangsta-Rapper, die
sich dann in einem „Striptease“ wieder in die Starbugs
verwandeln. Auf mich wirkten die Auftritte (insbesondere die
ersten beiden) noch recht ähnlich. Bestimmt werden sie ihr
Agieren im Sägemehl in der nächsten Zeit ihrer noch jungen
Manegenkarriere weiter schärfen. Wir sprechen hier schließlich
über die Premierenvorstellung. Dank ihres Lausbubencharmes,
ihrer ansteckend fröhlichen Art und der flotten Beats fliegen
ihnen aber gleich beim Start hörbar die Sympathien des
Publikums zu. Ebenfalls in die Sparte Komik gehört wohl das
Amateurreiten, welches hier als Pausennummer gezeigt wird.
Ehrlich gesagt war ich ob der anderen Darbietungen im Programm
überrascht über diese Platzierung. So wird das Publikum in
dieser Saison mit der geplatzten Hosennaht eines „Herrn aus dem
Publikum“ als Schlusspointe in die Pause geschickt.
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Musikalisch
gesehen kommt der Schweizer Nationalcircus heuer vielfältig wie
selten daher: Poetische Lieder, Pop, Rock, Folklore und auch
typische Circussounds begleiten „C’est magique“. Leider wird
dabei sehr oft zwischen Konserve und der Livemusik des
Orchesters unter Ruslan Fil gewechselt bzw. beide werden
miteinander vermischt. Die unterschiedlichen Sounds sind
allerdings perfekt aufeinander abgestimmt, sodass sie wie aus
einem Guss daherkommen. Zum Finale erklingt dann sogar Techno,
wenngleich der harmloseren Art. So kommt es zu einem
schwungvollen Abschied mit vielen Zugaben, für das sich das
Premierenpublikum nach rund drei Stunden mit langanhaltenden
Standing ovations bedankt. Ich bin gespannt, wie das Programm in
den nächsten Gastspielstädten aussehen wird, wenn die sicherlich
anstehenden Straffungen auf die bei Knie übliche Spieldauer von
rund 2,5 Stunden erfolgt sind. Eins ist aber bereits vom Start
weg spürbar – Die Magie des Circus. Bei diesem europäischen
Spitzenunternehmen kann man sie auch 2009 in Reinform erleben.
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Text und Fotos: Stefan Gierisch
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