Wenn zum
Beispiel die Fliegerin der „White Crow“ zu „Wenn nicht jetzt, wann dann?“
vom russischen Barren aus in die Luft gewirbelt wird, wünscht
man sich fast (aber nur fast), dass das Trio ab sofort nur noch
zu dieser Musik arbeitet. Ein ähnlich perfektes Zusammenspiel
ist es, wenn die Seelöwen der Familie Duss Bälle von Schnauze zu
Schnauze weiterreichen und die Höhner dazu „Echte Fründe“
intonieren. Dabei wären die Höhner alleine in der Lage, für
einen perfekten Abend zu sorgen. Das von Roncalli beigesteuerte
Programm wäre es aber ebenfalls. Finden sich darin doch drei
Hochkaräter, eine spannende Neuentdeckung und des Weiteren
durchweg gute bis sehr gute Darbietungen.
Roland Duss,
Rokashkov, The White Crow
Als Pausennummer
begeistern die White Crow am russischen Barren. Das Trio um die
quirlige Fliegerin Carole Demers zeigt nicht nur die
Spitzentricks an diesem Requisit, sondern versteht es auch noch,
die Leistungen perfekt an den Kunden, sprich das begeisterte
Publikum, zu bringen. Der Funke springt über, die Zuschauer
gehen begeistert mit. Für mich derzeit eine der schönsten
artistischen Darbietungen überhaupt. Ein weiterer Edelstein der
Circuswelt ist die Seelöwendressur von Petra und Roland Duss.
Was die beiden Schweizer mit ihren vier Meeressäugern und einem
Hund zeigen, ist schlichtweg phänomenal. Insbesondere die
Tricks, bei denen die Tiere scheinbar selbstständig miteinander
agieren, sind eine absolute Rarität. Sei es das Zuspielen eines
Balles zweier Seelöwen oder das „Surfen“ des Vierbeiners auf
einem Flossenträger. Schön, diese Darbietung ausgerechnet in
einer Roncalli-Produktion zu sehen. Die Rokashkov am Quadratreck
sind hinsichtlich der Verpackung Geschmackssache. Ihre Tricks
hingegen sind unumstritten Spitzenklasse. Wenngleich sie auch
hier ihre Liebesgeschichte zwischen und an den Stangen ihres
Requisits zeigen, erscheint diese nun entspannter und weniger
kopflastig. Der Höhner-Musik sei dank. So können wir die
Leistungen dieses Quartetts aus Moskau noch mehr als sonst
genießen.
Oleksandr
Yenivatov, Tony Frebourg, Aurelie
In einem
russischen Wandercircus von Roncalli entdeckt, hat „Frosch“
Sasha den Sprung zu uns nach Deutschland geschafft. Was dieser
sympathische Künstler, der mit bürgerlichem Namen Oleksandr
Yenivatov heißt, zeigt, geht an die Grenzen dessen, was auf dem
Gebiet des Klischnigg möglich ist. Wie der Name schon richtig
suggeriert, zeigt er seine Künste in der Aufmachung eines
Froschs. Sasha weiß um seine Talente und verkauft seine Leistung
entsprechend. Die Rolle als Frosch füllt er dabei mit einem
Augenzwinkern und genießt es sichtlich, das Publikum mit schier
unglaublichen Verrenkungen in ungläubiges Staunen zu versetzen.
Sein zweiter Auftritt ist inzwischen zu Gunsten einer Verkürzung
der Show (Beschwerden von lärmempfindlichen Anwohnern) aus dem
Programm genommen worden. Dabei drehte er sich in einer Art
Folterwerkzeug mit dem Oberkörper um die eigenen Achse, während
Beine und Unterkörper auf dem Gerät fixiert waren. Die Zuschauer
litten, Sasha strahlte.
Grandios beherrscht Tony
Frebourg seine Diabolos. Er schickt sie auf schier unglaubliche
Touren zwischen Manegenboden und Circuskuppel. Bis zu vier
Diabolos hält er gleichzeitig in der Luft. Der junge Franzose
verkauft seine Show auf asiatisch und verbindet die Jonglagen
mit rasanten Sprüngen. So entstehen dynamische Szenen,
dargeboten von einem ungemein sympathischen Artisten. Wie Tony
Frebourg, zählt auch Aurelie zu den Preisträgern des Pariser
Nachwuchsfestivals „Cirque de Demain“. Ausgezeichnet wurde sie
dort für ihre Equilibristik-Darbietung, die sie in einem
Elfenkostüm zelebriert. Besonderen Reiz gewinnt die Artistik
durch die Einbeziehung einer weißen Taube, welche während der
Handstände von Aurelie auf dieser „posiert“. Dazu gibt es einen
ruhigen Song der Höhner, der perfekt zu diesem Auftritt passt
und fast schon ein bisschen für Gänsehaut sorgt. Es harmoniert
einfach. In die Luft geht es in der Show gleich dreifach.
Furia, Mr. Lo,
Natalia Motolygina
Für zwei der Acts
unter der Kuppel ist Marina Borzova verantwortlich. In der
ersten Hälfte zelebriert sie eine Choreographie in bzw. an einem
riesigen weißen Kleid. Hier steht die Schauwirkung im
Vordergrund. Rasant wird es bei ihrer Darbietung am Trapez, die
sie als „Furia“ zeigt. Und feurig geht es wirklich zu, wenn die
Russin ihre Abfaller und Sprünge präsentiert. Anmutig produziert
sich Natalia Motolygina in ihrer überdimensionalen
Plexiglaskugel, die sich in der Mitte öffnen lässt. Sie zeigt
darin bzw. daran ihre Kontorsions-Übungen und verwendet das
Requisit ähnlich wie einen Luftring. Schöne Bilder mit einer
schönen jungen Frau. Kleine Kunstwerke zaubert bzw. bastelt Mr.
Lo. Er zeigt die im Circus selten zu erlebende Kunst des
Papierreißens. So lässt er etwas das Logo der Show aus einem
bunten Papierbogen entstehen oder fährt mit einem Papiermobil
durch die Manege. |