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Cirque Helvetia - Tour 2009
www.cirque-helvetia.ch ; 60 Showfotos

Bevaix, 3. Mai 2009: Ein kleiner Zweimaster, ein kombinierter Kassen- und Restaurationswagen, ein paar Materialwagen, eine Handvoll Campings und der Transporter für die beiden einzigen Tiere des Circus, zwei Schweine – und fertig ist der Cirque Helvetia. Doch auch wenn das Äußere des Circus eher unspektakulär daherkommt, Circusromantik und Charme versprüht es trotzdem. In Deutschland aber, wo nicht mal ein gut gepflegter Fuhrpark, eine große Front und ein pompöser Viermaster Garantie dafür sind, ein wirklich sehenswertes Programm gezeigt zu bekommen, würde man um den Circus Helvetia wahrscheinlich dennoch einen Bogen machen.

Zum Glück ist in der Schweizer Circusszene aber noch immer einiges anders und so zeigt Helvetia, der ausschließlich in der französischen Schweiz unterwegs ist, ein Programm, an dem sich viele deutsche Klein- und Familiencircusse ein Beispiel nehmen sollten.


Brigitte Maillard und Mehdi Rieben

Die Grundvoraussetzungen sind nämlich hier wie dort gleich: Denn auch der Cirque Helvetia ist im Grunde ein reines Familienunternehmen mit dem Direktionsehepaar Daniel und Brigitte Maillard sowie den erwachsenen Söhnen David und Julien als handelnden Protagonisten. Während Direktor Maillard, der den Circus 1975 gegründet hat, vor allem im administrativen Bereich zuhause ist, wirken seine Frau und die beiden Söhne aktiv im Programm mit. Gleich dreimal ist Brigitte Maillard zu sehen. So zeigt sie im Zusammenspiel mit dem Artistenschüler Mehdi Rieben sowohl eine Bodenakrobatik, die Hand-auf-Hand- und Kautschuk-Tricks kombiniert, als auch eine kraftvolle Arbeit an Ringtrapez- und Tuchstrapaten, in der sich beide Akteure als Porteure abwechseln. Last but not least bringt sie die beiden Schweine Mozart und Einstein in die Manege, deren wenige Tricks sie über Headset selbstironisch kommentiert.


David Maillard, Trio Tsytko, Serge und Leo

Das artistische Talent von ihrer Mutter geerbt haben die Söhne David und Julien. Solo präsentieren sich die beiden an den Strapaten (Julien), am chinesischen Mast (David) sowie als versierter Jongleur (Julien). Doch auch gemeinsam wird jongliert, als Les Strip-Boys wechseln sie, während sie eine Reihe von Keulen in der Luft halten, einmal komplett ihr Outfit. Und noch zweimal wird bei Helvetia im weitesten Sinne – dieses Mal von engagierten Artisten - jongliert: Philippe hält zu Roma-Folkloremusik bis zu zwei Diabolos in der Luft und Vater und Sohn Tsytko jonglieren und balancieren mit den Füßen, zeigen aber auch weiterhin einige Ikarier-Tricks. Den Reigen der engagierten Artisten komplettieren bereits die russischen Clowns Serge und Leo, die in ihrer Art an Jigalov und Co. erinnern, es aber auch mit eigenen Ideen verstehen, das Publikum zu amüsieren und dementsprechend auch für größere Circusse eine echte Bereicherung darstellen könnten.

Wie überhaupt auffällt, dass Helvetia kein Programm zeigt, das wie bei Circussen dieser Größenordnung sonst üblich ganz auf Kinder ausgerichtet ist. Stattdessen sorgt nicht zuletzt die Art der Präsentation (gute Lichtanlage, moderne Musik) dafür, dass Helvetia auch einem erwachsenen Publikum gefällt. Der Schlussapplaus – Ich habe selten gerade mal vierzig Leute erlebt, die so kräftig applaudieren – sei dafür Beweis genug. Und, wenn man jetzt noch weiß, dass der Eintrittspreis zu der Show gerade mal 15 Franken beträgt, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

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Text: Sven Rindfleisch; Fotos: Tobias Erber, Sven Rindfleisch