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Zirkus Charles Knie - Tour 2009
www.zirkus-charles-knie.de ; 65 Showfotos

Ludwigsburg, 15. August 2009: Der Zirkus Charles Knie bietet heute als einziger Reisecircus in Deutschland alle Zutaten, die man von einem klassischen Großcircus erwarten darf: bei den Dressuren die Pflicht-Großtierarten Pferde, Elefanten und Raubtiere plus x, bei den Artisten auch Truppennummern, dazu einen sympathischen Clown. Dank Live-Musik, Ballett, tollem Licht, ansprechendem Ambiente und einer temporeich und modern in Szene gesetzten Show können alle weiteren Häkchen auf der „Großcircus-Checkliste“ gesetzt werden. Es ist diese Vollständigkeit und Ausgewogenheit, welche das Besondere dieses Circus ausmacht, seit er von Sascha Melnjak betrieben wird.

Der Circus präsentiert sich nun in absolut beeindruckender, nahezu perfekter Optik. Bei jedem Besuch in den vergangenen zweieinhalb Jahren ließ sich Neues entdecken. Mittlerweile hat Melnjak nach seinen Vorstellungen und Wünschen einen vollständig neuen Circus geschaffen. Wohl komplett ist nun die Front, in welcher der edel eingerichtete Büro-Auflieger und der Kassen-Auflieger für ein symmetrisches Bild sorgen. Beide Wagen tragen große Leuchtschriften. Man betritt den Circus neuerdings durch ein einladendes Portal mit einer weiteren Leuchtschrift und gelangt in das gemütlich eingerichtete Vorzelt mit den beiden schön dekorierten Restaurationswagen (Bar, Speisen), beleuchteten Verkaufsständen, Alex Laceys Kinderkarussell, vielen Sitzgelegenheiten und den großformatigen Showfotos. Der Weg ins Chapiteau führt unter dem neuen, samtrot dekorierten Regiepodium mit goldenen Charles-Knie-Lettern hindurch. Im Zelt fällt die schöne Sitzeinrichtung mit gepolsterten Logenstühlen und – ein Novum in der deutschen Circuslandschaft – dem neuen Gradin mit bequemen Klappsitzen auf. Einfach aufzubauen und zu transportieren, stabiler als Schalensitze, nicht wesentlich teurer: Sascha Melnjak zeigt sich im Gespräch hochzufrieden. Was zum perfekten Komfort noch fehlt, ist der (Holz-)Boden in den Logen – und der neue Artisteneingang wirkt, wenn die LED-Leuchtschrift „Charles Knie“ nicht läuft und damit komplett unsichtbar wird, trotz des edlen roten Stoffes ein wenig nüchtern. Hinter dem Zelt begeistert der großzügig aufgebaute Zoo mit nun einheitlich rot-weißen Stallzelten.


Faltynys, Emil Faltyny jun., Tiger von Alexander Lacey

Höhepunkt der Show ist weiterhin die gemischte Raubtierdressur von Alexander Lacey, auch mit nunmehr sieben Tieren (vier Tiger, zwei Löwinnen und Mähnenlöwe Massai). Das Trickrepertoire und die traumhaft sichere Vorführung begeistern auch beim x-ten Mal. Nur im Circus, in einer solch vorbildlichen Vorführung, kann man sie erleben, die gewaltige Kraft dieser Tiere, ihre Wildheit, aber auch ihr enges Vertrauensverhältnis zum Tierlehrer. Als weitere Glanzlichter wird man das Pas de Deux des Duos Stipka (das aber der besuchten Vorstellung verletzungsbedingt nicht gezeigt wurde) und auch Emil Faltyny juns. Kombination von freistehender Leiter und Kubusjonglage bezeichnen dürfen. Der junge Mann sticht auch als eleganter Solist aus der Gruppenjonglage der fünf Faltynys hervor, die für eine schwungvolle Programmeröffnung sorgt. „Tempo, Tempo, Tempo“ heißt es auch bei der Fahrradnummer der Faltynys, zumindest bezogen auf die traditionelle böhmische Musikbegleitung (übrigens mit ebensolchen Kostümen). Die Tricks, welche als Schlussnummer auf dem kleinen Holzboden gezeigt werden, wirken dagegen oft eher statisch, wirklich gefahren wird wenig.


Monika Sperlich, Elaine Courtney, Anthony Wandruschka 

Viele der Darbietungen im Charles-Knie-Programm begeistern nicht durch herausragende artistische Einzelleistungen, sondern vielmehr durch ihren besonders unterhaltenden Charakter. Bestes Beispiel hierfür sind die beiden Auftritte der Sperlich-Junioren: Wenn Hula Hoop-Artistin Monika bei ihrem Auftritt fröhlich vom Ballett umtanzt wird oder Maik und René vor ihrem Handstandauftritt cool auf dem Bike in die Manege rasen, sorgt dies beim Publikum regelmäßig für begeisterte Reaktionen. Ähnliches gilt für Anthony Wandruschkas Comedy-Jonglage: Technisch gehört die Nummer nun sicher nicht zu den stärksten des Genres, aber mit seinen Gags und seiner sympathischen Art kommt Anthony bestens an und hat gar eine Schlüsselfunktion beim Aufbau von Stimmung und Atmosphäre für den Rest der Show. Es war eine gute Entscheidung, die Darbietung, anders als zu Saisonbeginn, wieder ins Programm zu nehmen. Auch Anthonys leistungsstarke Schwungtrapeznummer mit überraschendem Ausgang, an vorletzter Stelle im Programm, kommt so spürbar besser an – dank Wiedererkennungs-Effekt. Abgesehen von den Stipkas, die sowohl Pas de Deux als auch Tüchernummer zu Bandmusik arbeiten, profitieren zudem alle Akteure von der fabelhaften Unterstützung durch das achtköpfige, stets druckvoll aufspielende Orchester und das gute Licht – zum Beispiel auch Elaine Courtney bei ihrer immer wieder gern gesehenen Schwungseilnummer.


Versace, Marek Jama

Prägend für das Programm sind zudem die vielen Tierdarbietungen. Marek Jama präsentiert die Exoten (Zebras, Kamele, Emu, Rinder, Lamas), die beiden Elefantendamen und die weiß-braune Pferdefreiheit, Susan Lacey die heitere Seelöwenkomödie. Clown Versace feiert im zweiten Programmteil, gemessen an den Publikumsreaktionen, Großerfolge mit seiner Seilspringnummer unter Zuschauerbeteiligung. Zudem ist er in mehreren weiteren Reprisen zu sehen. Schade hingegen, dass Kenneth Huesca ausgeschieden ist, dessen Bauchrednershow doch jedes Mal wieder blendenden Unterhaltungswert hatte. Zum Eindruck einer durchgestylten Show mit schnellen Übergängen trägt das fünfköpfige Ballett bei, und das mit frischen, modernen Choreographien – so gar nicht „fernsehballett-mäßig“. Einen wirklich guten Job macht zudem André Riedesel bei seiner Moderation.

Drei Stunden circensisches „Vollprogramm“ – unterhaltend, abwechslungsreich, glanzvoll verpackt – sorgen für durchweg gute Stimmung und großen Beifall im Finale. Keine Frage: Es hat absolut seine Berechtigung, was seit dieser Saison in Leuchtbuchstaben über dem Kassenwagen blinkt.

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Text: Markus Moll; Fotos:
Tobias Erber