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Aschaffenburg, 3. April 2009: Freilich klingt es auf dem Papier
nicht unbedingt spektakulär, das Saisonprogramm des Circus Carl
Busch. Dennoch gelingt es der Familie Wille erneut, die Teile zu
einem ansprechenden, unterhaltsamen Ganzen zusammenzufügen – das
zeigte der Besuch einer Nachmittagsvorstellung in Aschaffenburg.
Los geht es mit einem schönen Opening: Alle Artisten nehmen
regungslos Aufstellung in der Manege, werden dann von Clownesse
Sandy mit einem großen Schlüssel wie Spieluhren „aufgezogen“,
setzen sich daraufhin in Bewegung und zeigen Kostproben ihres
Repertoires. |
Natascha Wille-Busch |
Groß
herausgestellt wird in der Werbung Carmen Zander: Als
„Weltsensation“ und „Königin der Raubtierdressur“ wird die
Tierlehrerin auf den Platten angekündigt, die sie mit ihren
Tigern zeigen, und auch auf den Ladenhängern und
Ermäßigungsscheinen ist ihr Konterfei zu sehen. In der Tat
gehört ihre Darbietung – trickstark, flüssig im Ablauf, charmant
präsentiert – mittlerweile zu den attraktivsten
Raubtierdressuren dieser Zeit. Die weiteren Tierdarbietungen
präsentieren die Wille-Junioren Natascha und Manuel: Nachdem sie
sich zu Weihnachten als Zigeunerin präsentiert hat, gibt
Natascha Wille-Busch nun zum Programmbeginn die Spanierin, wenn
sie die hohe Schule reitet – begleitet von Jamena Sperlich in
passender gelb-schwarzer Kostümierung als Flamencotänzerin.
Schön zusammengestellt ist später der große Pferde-Block: mit
der bekannten Friesen-Freiheit, Groß und Klein mit Friese und
schwarzem Pony, einem Sechserzug aufgeweckter Ponys und einem
Solo-Steiger zum Abschluss. Im zweiten Programmteil schließlich
zeigt Manuel-Wille Busch in bekannter Manier die
beiden Elefanten des Unternehmens. Die
Bubi-Ernesto-Clowns sind, nach einem Jahr beim schwedischen
Circus Brazil Jack, wieder in die Carl-Busch-Manege
zurückgekehrt, wo sie nach einigen Saisons ja fast schon zum
Inventar gehören.
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The Skating
Ernestos,
Veronika
Faltyny,
Sandy
Die „Waschmaschine“ ist derzeit zwar nicht zu
sehen, weil der jüngste Sprössling mittlerweile nicht mehr in
das Wundergerät passt – aber natürlich gibt es das große,
klassische und bestens bekannte Musikal-Entrée, hier als
Pausennummer platziert – vor den obligatorischen vier Stühlen.
Letztere werden ebenso von Clownesse Sandy Ernesto präsentiert
wie einige bekannte Reprisen vom „Popcorn“ bis zu den
„Luftballons“. Paolo Ernesto
hat nach seiner Heirat mit der tschechischen Artistin Veronika
Faltyny, neben der komischen Ader, nun auch sein artistisches
Talent entdeckt: Gemeinsam hat das junge Paar sich in den
vergangenen zwei Jahre eine Rollschuh-Darbietung aufgebaut, die
bereits über ein beachtliches Trick-Repertoire verfügt, bis hin
zum Nackenwirbel. Anfangs gehüllt in weißen Tüll, auf einem
beleuchteten Podest, haben „The Skating Ernestos“ auch eine
attraktive Verpackung ihrer Nummer gefunden. Veronika Faltynys
Arbeit an roten und weißen Seidentüchern im Übrigen, gleich als
zweite Nummer im Programm platziert, gehört ohnehin zum
Schönsten, was es in diesem Genre zu sehen gibt.
Jezabehl, Joe Saly, Jamena Sperlich
Recht ähnlich
in der Präsentation, ebenfalls mit romantischer Popmusik
inklusive weiblicher Gesangsstimme unterlegt, ist später die
schöne Arbeit Jamena Sperlichs am Luftring.
Natascha
Wille zeigt nach längerer Zeit einmal wieder ihre
Antipodenarbeit. Das Trio
„Los Saly“ komplettiert den artistischen Reigen mit zwei
Darbietungen: Die Bola-Show von Joe und Karel Saly mit Partnerin
Jezabehl vereint als feurige Schlussnummer alles, was das selten
gezeigte Genre ausmacht: klackernde Kugeln, Tempo, Tanz und
Trommeln, Macho-Pose und Folklore-Kostüme – und hier auch noch
Nervenkitzel für eine Dame aus dem Publikum, der man die Bolas
um die Ohren sausen lässt. Jezabehl ist im ersten Programmteil
noch mit einer sehr guten Klischnigg-Nummer im schwarzen
Abendkleid zu sehen, an deren Ende sich die große Frau in eine
kleine Glaskiste zwängt – und so lange darin verharrt, bis ihr
Atem die Scheiben beschlagen lässt.
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Südamerikanische Rhythmen gibt es dann auch im schön gestalteten
Finale. In der Lichtanlage fehlten in Aschaffenburg "wegen der
jährlichen Wartung", wie Manuel Wille-Busch zu chapiteau.de sagte,
die modernen Scanner. Offene Wünsche? Ein Orchester natürlich, und noch eine
zusätzliche starke Darbietung im artistischen Teil. Dennoch aber
bietet der Circus Busch wieder überaus sympathische
Familienunterhaltung in schönem Ambiente - wer sich mit seinem
Besuch noch bis zum Sommer geduldet, der wird den Circus übrigens
aller Voraussicht nach im ganz neuen Gewand erleben: Vorzelt, Chapiteau, Sattelgangzelt und Stallungen, Artisteneingang und
Gradin, all dies will man neu beschaffen. Wir sind gespannt. |
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Text: Markus Moll; Fotos: Sven Rindfleisch
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