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Circus Nock - Tour 2008
www.nock.ch ; 50 Showfotos

Olten, 22. März 2008: Circus auf der Höhe der Zeit, das präsentiert in diesem Jahr der Schweizer Circus Nock. Tolles Licht, klasse Musik – Soleils Alegria als Eröffnungs- und Finalmusik -, ganz viel Atmosphäre und zwei begeisternde, zugegebenermaßen komplett verschiedene, Programmhälften machen „Bravissimo“, so das aktuelle Programmmotto, zu einem circensischen Hochglanzprodukt. Welches aufgrund der durch und durch sympathischen Akteure, aber zum Glück niemals Gefahr läuft, steriles Entertainment ohne Ecken und Kanten zu sein.


Opening, Los Febles, Franziska Nocks Zebras

Los geht es heuer mit einem atmosphärischen, von Paukenschlägen eingeleitetem Opening, das nahtlos überleitet in die schwung- und temperamentvolle Arbeit der kubanischen Los Febles auf der russischen Schaukel. Unter anderem springt ein Artist durch einen brennenden Reifen. Weiter geht’s mit einer interessanten Dressurkombination: Franziska Nock lässt vier Friesen und drei Zebras anspruchsvolle Figuren laufen und beschließt ihre Darbietung mit über Feuerbarrieren springenden Zebras und einem Steiger. Schade nur, dass sich Franziska Nock immer so introviert in der Manege präsentiert. Obwohl – und ich weiß, dass ich diese Meinung wohl exklusiv habe -, ich finde Franziskas schüchternes Auftreten ja eigentlich ziemlich charming.


Equivokee, Alexandra und Franziska Nock, Flying Millas

Es folgt der erste Auftritt der russischen Komiker Equivokee: Liebenswert überdreht, höchst kreativ und stellenweise brüllkomisch zeigen sie eine rasante Gruppenjonglage und versuchen sich später als Illusionisten. Nach so viel Action wird es beschaulicher im Nock-Chapiteau: Zunächst zeigt Nina Cortes ihre anspruchsvolle Drahtseil-Darbietung, inklusive Spitzentanz, und dann betreten die Schwestern Alexandra und Franziska Nock die Manege: Während Alexandra am Vertikaltuch arbeitet, reitet Franziska dazu auf einem Schimmel eine Hohe Schule. Gemeinsam kreieren die beiden wunderschöne Bilder. Temperamentvoll, wie sie begonnen hat, geht dann eine perfekte erste Hälfte mit dem wunderbar klassischen Flugtrapez der Flying Millas zu Ende.


Trio Bokafi, Timur Kaibjanov, Flying Timulin Sister

Nicht ganz perfekt ist dagegen Hälfte zwei, was insbesondere an ihrer Eröffnung liegt. Stevo Stojcics Tigernummern ist nahezu tricklos. Ebenfalls nicht die Klasse der ersten Hälfte erreichen Equivokee: Kommen sie vor der Pause ohne Publikumsbeteiligung aus, lassen sie jetzt ein Opfer aus dem Publikum Seilspringen und bringen ihm Michael Jacksons Moonwalk bei. Wenig zu meckern gibt’s dagegen auch in der zweiten Hälfte in puncto Artistik. Jongleur Timur Kaibjanov ist eine echte Entdeckung – er jongliert bis zu vier Bälle mit den Füßen. Das Trio Bokafi verpackt seine eigentlich relativ unspektakuläre Schleuderbrettarbeit in eine perfekt durchgestylte Choreografie und sammelt auf diese Weise Punkte. Die Flying Timulin Sister wagen am Schwungtrapez, von Longen gesichert aber nicht unterstützt, spektakuläre Abfaller. Und als Schlussnummer sehen wir erneut die kubanischen Los Febles. Dieses Mal auf dem russischen Barren, nicht wirklich leistungsstark, dank ihres mitreißenden Temperaments sorgen die Kubaner vor dem Finale aber noch mal für Stimmung und erfüllen so ihren Zweck.

Doch was ist das? Zum Finale gibt es vom Schweizer Publikum im gut besetzten Rund nur sehr reservierten Applaus. Liegt es vielleicht daran, dass im zweiten Teil das eigentlich großartige Orchester häufig pausiert und stattdessen meist schwermütige Bandmusik eingespielt wird und so das Tempo des ersten Teils nicht ganz durchgehalten werden kann? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Mir jedenfalls hat Nock 2008 so ausgezeichnet gefallen, dass ein Wiederholungsbesuch bereits geplant ist.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch