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Circus Knie - Tour 2008
www.knie.ch ; 50 Showfotos ; 73 Show- und Außenaufnahmen

Basel, 14. Juni 2008: Seit der gemeinsamen Produktion mit dem Cirque du Soleil im Jahr 1992 spielt Knie wieder durchgehend Circus, wie er typisch ist für den Schweizer Nationalcircus. Hochstehende artistische Darbietungen gehören ebenso dazu wie ausgesuchte Clowns – oftmals solche, die eher von den Kleinkunstbühnen als aus den Circusmanegen bekannt sind – und natürlich die anspruchsvollen Tierdressuren der Direktionsfamilie. Dazu gibt es immer ein erstklassiges, großes Circusorchester, ein ausgefeiltes Lichtdesign und eine Regie, die die Bestandteile zu einem Ganzen zusammenfügt.

Der Knie-Stil eben. So ist es auch bei „Bellissimo“, der Produktion 2008, die viele bekannte Gesichter zurück in die Manege dieses größten Schweizer Circus bringt.


Mario Berousek, Duo Nostalgia, Fujian Lasso Groupe

So dürfte Mario Berousek dem Stammpublikum noch in bester Erinnerung sein. Nach der Ouvertüre durch Orchester und Ballett eröffnet er den artistischen Part des Programms. Mit seinen Jonglagen im Hochgeschwindigkeitstempo hat er die Gäste im seit dieser Saison neuen Chapiteau ebenso blitzschnell im Griff wie seine silbernen Keulen. Dass er neben seinem Handwerk auch die Show perfekt beherrscht, versteht sich von selbst. Es verwundert mithin nicht, dass gleich die erste Nummer mit Taktapplaus gefeiert wird. Eher introvertiert wirkt dagegen das Duo Nostalgia. Nichtsdestotrotz präsentieren diese beiden aus der Borzovi-Truppe hervorgegangenen Artisten ihre Kür am Trapez sinnlich, flott und mitreißend -  gespickt mit vielen Tricks dieses Genres. War der erste Teil bis dahin von einer heiteren, temperamentvollen Grundstimmung geprägt, so setzt die Lasso-Akrobatik der Fujian Lasso Groupe den Kontrapunkt. Die Percussion-Begleitung gibt den Rhythmus der Darbietung vor. Zugegeben, die Leistungen der Gruppe sind beeindruckend und die Präsentation von Artistik mit Lassos außerhalb der „Westernspiele“ in hiesigen Familiencircussen ist sicherlich innovativ. Weniger begeistert hingegen die strenge, kalte Choreographie, die nicht zu der bis dahin präsentierten Stimmung passen mag.


Geraldine Knie, Maycol Errani, Fredy Knie jun.

Zu dieser beschwingten, positiven Atmosphäre trägt die Musik einen gewichtigen Teil bei. Sowohl hinsichtlich der Auswahl als auch was die Umsetzung durch Ruslan Fil und das Knie-Orchester angeht. Noch lange nach der Tournee mit dem kanadischen Cirque war die Musik stark von den Soleil-typischen Sounds geprägt. Diese Zeiten scheinen nun (fast) vorbei. Wunderschön ist beispielsweise die mitreißende Umsetzung der Hohen Schule von Geraldine Katharina Knie und ihrem Partner Maycol Errani. Eingeleitet wird die Reitkunst der beiden von einem feurigen Zigeunerballett, begleitet sodann von einem Tangopaar in der Mitte der Manege.  Rassig und leidenschaftlich geht es somit thematisch nach Südamerika. Und das eben auch musikalisch. Eine Darbietung, die Keinen kalt lässt. Wunderschön anzusehen ist ebenfalls die Vorführung von Pferden und Trampeltieren durch die Familie Knie. Zunächst bringt Mary-Jose Knie fünf Friesen zusammen mit einem schwarzen Pony in die Manege. Fredy Knie jun. vereint anschließend Friesen, Palominos und Vollblutaraber zu anspruchsvollen Formationen. Ganz so wie der regelmäßige Besucher das im Hause Knie erwartet. Gleiches gilt für die Dressur von sechs wunderschönen Trampeltieren. Die Vorführung der Ponys obliegt Ivan Frederic Knie, der sich aber an diesem Abend von seinem Großvater „vertreten lässt“.


Franco Knie jun. und Chris Rui

Seinen Auftritt nicht nehmen lässt sich hingegen Chris Rui Knie, Sohn von Franco Knie jun. und Linna Knie-Sun. Gemeinsam mit Franco Knie präsentieren sie im zweiten Teil die sechs Elefanten des Unternehmens mit einer neu zusammengestellten Auswahl aus dem großen Repertoire der Dickhäuter. Der jüngste Knie ist mit passendem Kostüm und Elefantenhacken im XXS-Format voll bei der Sache. „Höhepunkt“ dürfte für ihn wohl die Fütterung einer Banane an eine der abliegenden Elefantendamen sein. Der begeisterte Applaus des Publikums ist ihm auf jeden Falls sicher. Da die Ungarische Post von Geraldine Katharina Knie nach wie vor nicht im Programm ist und es in diesem Jahr keine engagierte Tierdressur gibt, bleibt es leider bei diesen drei Darbietungen mit Tieren.


Anton Belyakov, Fratelli Errani, Alexis Brothers

Somit gehört der Rest der zweiten Hälfte Artisten und Komikern. Anton Belyakov präsentiert sich, wie auch schon bei seinem ersten Knie-Gastspiel, als Engel an den Strapaten zur Musik von Pink Floyd. In einer völlig neuen Aufmachung brillieren die Fratelli Errani mit ihren preisgekrönten ikarischen Spielen. Durch feurige Latinomusik (die Kostüme sind passend gewählt) gewinnt ihre ohnehin schon mitreißende Darbietung weiter an Wirkung. Diese beiden Entertainer verstehen es nur zu gut, ihr Publikum zu begeistern, welches die beiden frenetisch feiert. Dabei ziehen sie alle Register. Natürlich ist auch der Scheinsturz weiterhin im Repertoire. Das bewundernde Staunen über die schier unglaublichen Leistungen steht bei den Alexis Brothers im Vordergrund. Was diese beiden Extremtalente der Handstand-Akrobatik leisten ist schon phänomenal. Mehr als zehn Jahre haben sie im Cirque du Soleil gearbeitet, was sich in der Art ihrer Präsentation – Musik inklusive – deutlich zeigt.


Pavel Boyarinov, Chaos-Theater Oropax

Kommen wir zu dritten Säule des Programms, der Komik. In diesem Jahr sind die Zuschauer aus Deutschland deutlich im Vorteil, denn das Chaos-Theater Oropax kommt ebenfalls aus diesem Land und spricht somit Hochdeutsch. Die aus den Vorjahren gewohnten „Sprachbarrieren“ zum Schwyzerdütsch (Ursus & Nadeschkin, Duo Fischbach, Viktor Giacobbo etc.) entfallen somit. Was die beiden Komiker zeigen ist äußerst sehens- aber eben auch hörenswert. Hauptsächlich setzen sie auf Wortwitz. Ein Mönch ist dabei meistens im Spiel. Mit einem gewissen Hang zur Übertreibung kann man ihre letzte Einlage gar als „Sensationsnummer“ bezeichnen. Einer der beiden Brüder aus Freiburg hängt dabei kopfüber in einem mit Wasser gefüllten Aquarium – und das ziemlich lange. Ruhig und liebevoll sind hingegen die beiden Geschichten, die Clown Pavel Boyarinov erzählt. In der einen spielt er mit einem Schmetterling, in der anderen mit einem Spielzeugelefanten, der sich als Hund entpuppt. Er bildet somit den leisen Gegenpol zu den Sketchen des Duo Oropax. Im Gegensatz zu seinem ersten Knie-Gastspiel tritt er 2008 ohne Partner auf.

Stark vertreten ist bei „Bellissimo“ die achtköpfige Compagnie. Immer wieder sind die sechs Damen und zwei Herren im Verlauf des Programms zu sehen, sowohl im Ensemble als auch solistisch. Natürlich haben sie auch im Finale ihren Part, bei dem sowohl die Mitwirkenden als auch das Publikum noch einmal Alles geben. Will heißen, es gibt zig Zugaben in der Manege und Standing Ovations von den Rängen. Ganz so wie man das eben von Knie gewohnt ist. In den donnernden Schlussapplaus mischt sich die Vorfreude auf den nächstjährigen Besuch im Schweizer Nationalcircus. Knie 2009: Erneut typisch Knie oder vielleicht doch mal wieder eine Überraschung?

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Text: Stefan Gierisch; Fotos: Stefan Gierisch, Sven Rindfleisch