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Darmstadt,
24. Oktober 2008: Tierdressur, Clownerie und Artistik – Alles
was zu einem guten klassischen Circusprogramm gehört,
präsentiert der Circus Carl Busch in seiner aktuellen
Produktion für den Herbst 2008. Und das auf durchweg
erfreulichem Niveau. Die Akteure in der Manege sind mit Spaß
bei der Sache und beherrschen ihr Metier. Sie schaffen es, ihr
Publikum über zwei Stunden lang bestens zu unterhalten.
Unterstützt wird die überaus positive Gesamtstimmung von einem
guten Lichtdesign, wohingegen die musikalische Begleitung vom
Band nicht immer optimal ist. |
Nistorof, Natascha Wille-Busch,
Ofelia Nistorov |
Den Auftakt macht Salvatore Tonito als stolzer Torero auf
dem vergleichsweise schlaff gespannten Drahtseil. Darauf zeigt
er neben dem Seilspringen auch Vorwärts- und Rückwärtssalto.
Begleitet wird er von einer rassigen Spanierin, die die
klassische Assistentin gibt. Die beiden Damen und der Herr des
jugendlichen Trio Nistorov aus Italien sind keine Unbekannten in
der Manege des Circus Carl Busch. Als erste ihrer drei
Darbietungen zeigen die Geschwister aus Italien ihre
Gruppenjonglage, die rasant beginnt und im wahrsten Sinne des
Wortes feurig endet. Charmant präsentiert Natascha Wille die
ruhig laufende Freiheitsdressur des Hauses. Ihre Vorführung von
sechs Friesen ist eine wahre Augenweide. Einem ideenreichen
„Groß und Klein“ bildet das da capo, bei dem sich ein schwarzes
Pony zu einem der Friesen gesellt. Im knappen Neon-Kostüm lässt
Orfelia (Nistorov) Hula Hoop-Reifen um ihren Körper kreisen. Die
moderne Aufmachung wird durch den Einsatz eines beleuchteten
Podests und die entsprechend fetzige Musik unterstützt. Sie hält
ihre Reifen auch im Spagat in Bewegung und zeigt natürlich die
Aufnahme einer Vielzahl von zugeworfenen Ringen.
Flying Tonitos,
Catwoman, Clown Freddy
Ein fliegendes Trapez haben hierzulande leider nur noch
wenige Circusse im Programm. Carl Busch ist einer davon. Die
Flying Tonitos betreten die Manege standesgemäß in prächtigen
Umhängen, um anschließend unter der Kuppel in schicken Trikots
ihre Tricks zu zeigen. Zu den Highlights des Auftritts der
fünfköpfigen Truppe gehören die Passage und ein weiter Sprung
von der russischen Schaukel zum Fänger. Auch der Dreifache ist
im Repertoire, wurde aber in keiner der drei von uns besuchten
Vorstellungen gefangen. Beschlossen wird der viel zu schnell zu
Ende gehende erste Teil mit der Verknotung von vier Zuschauern
unter der Anleitung des sympathischen Clowns Freddy. Er ist im
Laufe des Programms mit verschiedenen bekannten Reprisen zu
sehen, die er professionell, wenn auch weitgehend ohne eigene
Ideen rüberbringt. Besonders zu erwähnen hier die Jonglage von
Tennisschlägern verschiedener Größen. Im Januarprogramm des
Circus Krone wurde ihre Darbietung noch als Dressurschule
angekündigt. Das war damals schon leicht untertrieben.
Inzwischen läuft die Tigerdressur von Carmen Zander flüssig ab
und das Trickrepertoire ist beachtlich. Die fünf schönen
Großkatzen scheinen die Schulzeit erfolgreich beendet zu haben.
Bei einer solch attraktiven Lehrerin muss das Lernen aber auch
einfach leicht fallen. Nach den vierbeinigen Katzen hat Catwoman
ihren Auftritt. Im heißen Outfit zeigt diese, personifiziert von
einem weiblichen Mitglied der Tonitos, ihre Kür am Vertikalseil.
Mit seinem längsten Auftritt übernimmt anschließend Clown Freddy
die Show, wenn er einen mehr oder weniger Freiwilligen aus
dem Publikum ans Messerbrett holt. Unterstützt von Manuel Wille
zeigt er seine Künste als begnadeter Messerwerfer.
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Tonito-Familie |
Nicht nur die Freiheitsdressur, auch die Hohe Schule
beherrscht Natascha Wille. Egal, ob sie im langen Kleid oder im
spanisch angehauchten Reiterdress auftritt – die Darbietung ist
immer ein echter Hingucker. Ihr Bruder Manuel führt die beiden
Elefanten des Hauses vor. Die Tricks sind dem Alter der Tiere
angemessen und werden mit einem Augenzwinkern verkauft.
Mit dem letzten Auftritt der Tonitos auf dem Trampolin
füllt sich noch einmal die komplette Manege. Insgesamt acht
Familienmitglieder schlagen Salti und bilden Türme bis zum
Drei-Personen-Hoch. Ein komischer Requisiteur übernimmt dabei zu
Beginn den komischen Part. Besonderen Applaus erhält die jüngste der
Tonito-Damen, die trotz ihres Kindesalters bereits professionell
ihre Sprünge absolviert. Was diese Familie im Laufe des Programms
zeigt, ist in Punkto Leistung und Verkauf wirklich absolut
sehenswert. Eine Bereicherung für jeden (Groß-)Circus. Damit wäre
eigentlich schon eine legitime Schlussnummer im Programm, doch die
Macher der Show haben eine andere Finaldarbietung gewählt. Mit ihren
riskanten und rasanten Tricks auf Rollschuhen setzen die Nistorovs
das letzte Ausrufezeichen. Im folgenden Finale verabschieden sich
alle Mitwirkenden vom begeistert applaudierenden Publikum. Als
Zugaben gibt es Jonglagen und Carmen Zander führt ihr Tigerbaby an
der Leine spazieren. |
Das
Herbstprogramm des Circus Carl Busch war für mich eine äußerst
angenehme Überraschung kurz vor Saisonschluss. Ein Programm, das
klassischen Circus auf der Höhe der Zeit bietet. Schöne
Tierdressuren, dazu motivierte und ausnahmslos sympathische
Artisten. Besonders auffallend auch die durchweg geschmackvollen
Kostüme. Wenngleich das Chapiteau schon einige Saisons hinter sich
hat, macht das ganze Unternehmen auch von außen einen äußerst
gepflegten Eindruck. Das Gradin mit ausnahmslos Schalensitzen bietet
den Zuschauern einen hohen Komfort. Einfach Circus, wie er rundum
Spaß macht. |
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Text und Fotos: Stefan Gierisch
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