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Affoltern,
9. April
2007: Ein Besuch im Schweizer Circus Medrano mutet an wie eine Zeitreise in eine längst vergessene
Circuszeit. Ein Lichtregie, die nur hell und dunkel kennt,
Artisten, die in überdrehten Glitzerkostümen arbeiten und eine
4-Mann-Kapelle, die mit schwungvollen Melodien zum Mitklatschen
animiert. Und doch: Medrano 2007 hat einen ganz besonderen,
verschrobenen, irgendwie einmaligen Charme. |
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Los Alamos, Familie Vasilenko
Man nehme nur die russische
Artistenfamilie Vasilenko. Ihre ansprechende Kunstraddarbietung
absolviert sie in Tiger-Kostümen, mit Kunsthaarperücken und
zwischendrin eingestreuten Katzenfauchen. Abgedreht! Noch besser
wird es, wenn Vladimir Vasilenko das Publikum während der
Antipoden-Nummer seiner Frau zum Mitklatschen auffordert.
Herrlich alte Schule! Eher gewöhnlich dagegen die
Diabolo-Darbietung von Tochter Victoria Vasilenko. Highlight:
Jonglage eines brennenden Diabolos. Gleich zwei Mal zu sehen
sind auch die Los Alamos (Patrick und Ramona Brumbach): am
Messerbrett und als Feuerschlucker. Komödiantisch aber gut!
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Olli & Co.
Das sympathische Gesicht der Show
ist aber Oliver Häberle alias Clown Olli. Gemeinsam mit Partner
François, der auch als stilsicherer Tempo-Jongleur zu erleben
ist, spinnt er mit bekannten (Messerbrett, Zeitlupe,
Musical-Entree) und neuen Reprisen (komisch gearbeitete
freistehende Leiter) den roten Faden. Wie Olli und Co. aus der
2005er-Saison des Circus Romanza bekannt, ist die rumänischen
Luft-Artistin Giuliana, die wegen eines Kreuzbandriss zurzeit
leider pausieren muss und deshalb nur als Vorführerin der
voltigierenden Medrano-Ziegen in Erscheinung tritt. |
Barbara Schnegg, Urs Strasser |
Die übrigen Tiernummern (Groß und
Klein, Exotenzug) werden, mit Ausnahme von Barbara Schneggs
Hundedressur, von Medrano-Chef Urs Strasser höchst persönlich
und äußerst gemütlich präsentiert. Aber insbesondere beim großen
Exotenzug (je zwei Kamele, Lamas und Esel) wird deutlich, dass
Strasser ein Händchen für Tiere hat. Nicht umsonst sind
Strassers Dressuren wahre Exportschlager (Arlette Gruss,
Landauer Weihnachtscircus). Ein paar mehr Tiere, insbesondere
Pferde hätten es angesichts des Medrano-Werbeslogans „Der Circus
mit den vielen Tieren“ dann aber doch sein können. |
Trotzdem:
Wie bereits eingangs erwähnt, ist Medrano 2007 herrlich
altmodischer Circus, der mit verschrobenem Charme und heimeliger
Atmosphäre punktet. Wir jedenfalls verließen am Ostermontag
beschwingt und amüsiert das grün-weiße Medrano-Chapiteau. |
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Text und Fotos: Sven Rindfleisch
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