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Zirkus Charles Knie - Tour 2007
www.zirkus-charles-knie.de ; 50 Showfotos ; Fototagebuch: CK in Marl

Detmold, 17. März 2007: Im Zirkus Charles Knie hat über die Winterpause nicht nur die Direktion gewechselt. Eigentlich ist es eher so, dass der neue Eigentümer Sascha Melnjak und sein Team einen ganz neuen Circus geschaffen haben, der aber einen wohlbekannten Namen trägt. Nun mutet das Unternehmen – Stichworte: ausgeklügeltes Marketing, gehobeneres Ambiente in Vorzelt und Chapiteau... – stärker als früher nach „Großcircus“ an. Sehr gut besuchte Vorstellungen und zufriedenes Publikum (nach allem, was man hört, liest und wir selbst gesehen haben) sollten Beweis genug sein: Das Konzept geht auf!


Marek Jama

Zum Beginn des Programms tauchen sechs weiße Araber aus Nebelschwaden auf und werden von Marek Jama elegant und glamourös in einer klassischen Freiheitsdressur präsentiert. Dann hat Bauchredner Kenneth Huesca seinen ersten Auftritt. „Wir feiern jetzt eine große Party im neuen Zirkus Charles Knie“, ruft er ins Publikum – eigentlich eine Ankündigung, nach der man ein buntes Opening, ein Charivari mit allen Artisten erwarten könnte. Stattdessen aber stürmt Evelyn Marinof in die Manege und zeigt ihre Hula Hoop-Nummer. Bis zu vier Reifen lässt sie in unterschiedlichsten Varianten um ihren Körper kreisen. Ihr wirkungsvoller Schlusstrick: Evelyn hält drei brennende Reifen in der Luft. Noch im ersten Programmteil ist sie außerdem mit ihrem Mann in ihrer eigentlichen Paradedisziplin zu sehen, einer anspruchsvollen Schleuderbrett-Darbietung. Beide Marinof-Nummern wurden in Detmold zu Musik präsentiert, die nach Nachbesserung ruft: Techno-Sound und „Die another day“ beim Hula Hoop, „Mambo Nr. 5“ beim Schleuderbrett. Tatsächlich soll es hier wohl noch Veränderungen geben. Ein Live-Orchester gibt es zwar auch beim neuen Zirkus Charles Knie (noch?) nicht, aber immerhin wurden viele Musikbegleitungen vom Orchester des „Heilbronner Weihnachtscircus“ und zusätzlichen Musikern eigens für das Programm eingespielt. Dies soll letztlich eine musikalische Untermalung „aus einem Guss“ garantieren, wie Sascha Melnjak uns im Dezember selbst erläutert hat.


Sandro Montez, Alex Lacey

Zurück zum Programm: Dessen Stärke liegt vor allem bei den Tiernummern. Die Dressurnummern von Charles Knie wurden weitgehend übernommen und haben nun neue Vorführer gefunden: Marek Jama also dirigiert die Pferde und will künftig auch die Papageien zeigen; Sandra Montez – zuletzt jahrelang Hausdresseur bei „Barum“ – hat in kürzester Zeit die beiden Seelöwen übernommen und präsentiert sich humorvoll als Matrose. Außerdem steht der versierte Tierlehrer mit den Exoten in der Manege: den Zebras und Kamelen, dem Emu und dem Känguru sowie den sechs Lamas. Hinzugekommen sind die drei Elefantendamen von Corty Althoff. Auch diese Tiere hat Sandro Montez nach kurzer Zeit schon gut im Griff – offenbar ein Alleskönner. Was das Programm aber wirklich adelt, das ist die wohl beste Raubtierdressur der Gegenwart, die Gemischte mit jeweils vier Tigern und Löwen von Alex Lacey – weite Sprünge, achtfacher Hochsitzer, Rachentrick und andere spektakuläre Tricks werden mit spielerischer Leichtigkeit, elegant und schnell präsentiert.


Elaine Courtney, Gibadulin

Anthony Wandruschka jongliert mit Bällen, Keulen und plaudert nebenbei humorvoll mit dem Publikum; später präsentiert er ein umfangreiches Trick-Repertoire am hängenden und schwingenden Solotrapez, von dem er sich mit einem Schockeffekt verabschiedet: einem scheinbaren Absturz, bei dem er von Gummibändern sicher gehalten wird. Hübsch choreographiert ist der Auftritt von Elaine Courtney: Sie wird von zwei eleganten Herren im schwarzen Smoking, Alexander Lacey und Marek Jama, zwischen Loge- und Gradinreihen hindurch in die Manege geführt und dabei heftig umworben, zur Musik von „Hello, Dolly!“. Eine Entscheidung für einen der Herren trifft sie natürlich auch , ehe sie ihre bewährte, temporeiche Darbietung am Schwungseil zeigt, die nach wie vor besonders von der tollen Musik getragen wird. Antipodistin Maria Eleky jongliert variantenreich mit den Füßen, die vier Gibadulin tun es mit den Händen – eine Gruppenjonglage mit vielen interessanten, schwierigen Wurfmustern, bei dem die Akteure die Keulen im Liegen, im Zwei-Mann-Hoch oder im Spagat fliegen lassen – zu Recht die umjubelte Schlussnummer im Programm.

Ein besonderer Akzent liegt außerdem auf der Komik: Bauchredner Kenneth Huesca hat die Nummer des großen Willer Nicolodi offenbar ausgiebig studiert und unterhält das Publikum bei seinen Auftritten glänzend; Versace erweist sich als sympathischer und witziger Reprisenclown, ob beim klassischen Seilspringen oder wenn er einen aufblasbaren Riesenwürfel durch die Zuschauerreihen wandern lässt und damit den Käfigabbau überbrückt.


Versace

Der neue Zirkus Charles Knie bietet also vom Start weg ein wirklich sehenswertes, rundes Programm mit Potenzial nach oben: Noch mehr schöne Inszenierungseinfälle wie der „Hello Dolly“-Auftritt von Elaine Courtney, Live Musik, optimierte Licht- und Ton-Technik, noch das eine oder andere artistische Highlight vielleicht – zu feilen und verfeinern gibt es immer etwas, alles auf einmal zu wollen wäre gar nicht möglich. Kurzum: Der Schritt zum Ganzjahres-Zirkusdirektor ist Sascha Melnjak gut geglückt, und nun freuen wir uns auf den weiteren Weg nach vorn des jungen Unternehmens.

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Text: Markus Moll; Fotos: Sven Rindfleisch