Barum wurde
seiner eigenen Maxime immer weniger gerecht. Vor einem Jahr
verließ ich zum ersten Mal richtig enttäuscht das weiße
Chapiteau. Für 2007 nun kündigte das Haus Siemoneit an, mehr
Wert auf Inszenierung zu legen, im zweiten Teil gar eine
durchgehende Show zu bieten und mit Petit GouGou einen "Star" im
Programm zu haben. In der Hoffnung, wieder einen Barum zu
erleben, wie ich ihn die ganzen Jahre geschätzt habe, fuhr ich
Ende April nach Fulda.
Der erste
Eindruck passt. Das neue strahlend weiße Chapiteau macht einen
blendenden Eindruck, wenngleich ein Vorzelt fehlt. Viele
Circusbesucher aller Altersklassen bahnen sich ihren Weg ins
Zeltinnere, um auf den Schalensitzen des neuen Gradins Platz zu
nehmen. In der Manege sind Petit GouGou und Maximilian
Siemoneit-Barum bereits im warm up-Dialog mit dem Publikum. Wie
von Barum gewohnt, gehört der eigentliche Auftakt dem Orchester
unter der Leitung von Kazmierz Bilan, welches jetzt wieder aus
zwölf Personen besteht. Rebecca Siemoneit-Barum erscheint, um
ihr "großes und kleines Publikum zu begrüßen" und die Manege für
die erste Tierdarbietung freizugeben. Ignat Ignatov hat seine
Jockey-Pferde abgegeben, ist dem Circus aber als neuer
Hausdresseur erhalten geblieben. Wie im Vorjahr Sandro Montez,
präsentiert Ignatov zunächst vier Lamas sowie anschließend den
12er Zug brauner und weißer Araber. Der Tierlehrer versteht es,
sich und die Tiere gut zu verkaufen.
Duo Grigorescu,
Les Saits
Nachdem Petit
GouGou das Thema Pferdedressur auf seine Weise aufgegriffen hat,
gibt es Probleme mit dem Licht, die sodann Pierre Bauer per auf
den Pick up montierten schwankenden Masten beseitigt. Das Duo
Grigorescu überzeugt mehr durch Musikalität als durch Witz. Die
Fülle an unterschiedlichen Instrumenten, die Consuella aus ihrem
Umhang holt um auf Ihnen zu spielen verblüfft. Die Art der
Präsentation könnte lebendiger sein. Weitaus spritziger kommen
Les Saits mit ihrer gegenüber dem Vorjahr veränderten
Comedy-Magie rüber. Zu Charleston-Melodien zeigen die drei
Nachwuchszauberer zwar keine Star-Illusionen, doch bringen sie
ihre Tricks sympathisch rüber, nie ohne ein Augenzwinkern.
Herrlich, wenn Maximilian Siemoneit-Barum und David Paschke ihre
Partnerin Rosita in vier Kisten "verpacken" und sich partout
nicht mehr an die richtige "Zusammensetzung" erinnern können.
Mittels "trial and error" kommen sie schließlich zum Ziel. Die
Minipferde werden jetzt von Rebecca Siemoneit-Barum vorgeführt.
Diese Dressur geht über in ihre Hunderevue - eine sinnvolle
Zusammenstellung.
Petit GouGou,
Andrea Ayala, Mirko und Krzysztof
Petit GouGou
und David gehen sodann auf Schmetterlingsjagd. Als sich Petit
GouGou nach deren Ende auf der Piste niederlässt schwebt ein
Prachtexemplar dieser Spezies durch die Luft. Andrea Ayala lässt
sich, ein wehendes Tuch in den Händen, an den Haaren unter die
Kuppel ziehen. Während ihrer Zopfhang -Kür erleben wir sie als
Jongleuse mit Ringen und Fackeln. Nach einer weiteren Reprise
bringt Ignat Ignatov vier Zebras in einer Freiheit und einem
8er-Zug Kamele in die Manege. Ein Guanako überspringt die
liegenden Kamele und natürlich hat auch Barum-Maskottchen Tsavo
seinen Auftritt. Selbstverständlich lässt es sich Jockeyreiter
Ignatov nicht nehmen, eine Runde auf dem Nashorn zu drehen. Die
Nummer vor der Pause gehört den Polen Mirko und Krzysztof auf
dem Todesrad. Das Trickrepertoire ist beachtlich, die Art ihrer
Präsentation - insbesondere die Kostüme - allerdings von
gestern.
Dainel Raffo,
Ensemble
Erwartungsgemäß
eröffnet eine Raubtierdarbietung den zweiten Teil. Mit Daniel
Raffo als neuem Mann im Zentralkäfig hat die Direktion einen
guten Griff gemacht. Neun Tiger zeigen ein abwechslungsreiches
Repertoire u.a. mit Hochsitzern, einem Fächer und diversen
Steigern. Schon während des Abbaus beginnt der Programmteil
"Zwischen Balkan und Orient". Der Käfig wird in einen
Schwertkampf einbezogen, Petit GouGou unterhält das Publikum auf
dem Gradin mit kleinen Kabinettstückchen. In der Manege
versuchen er und seine Partner sich als Schlangenbeschwörer.
Sodann erscheint Ignat Ignatov zu Pferd um anschließend kurz
einige Dromedare vorzuführen. Im folgenden Umzug reitet Rosita
Berosini stehend auf einem Kamel, auf einem Wagen zeigt eine
Artistin Kunststücke am Reck. Außerdem dabei, diverse
Figuranten, wie etwa die gesamte Familie Siemoneit-Barum junior.
Anatoli Zhukov,
Alle
Mitwirkenden sind in orientalische Gewänder gekleidet, die Musik
ist passend dazu ausgewählt. Die Idee, mit einem übergeordneten
Thema ein zusammenhängendes Schaubild zu gestalten, ist
sicherlich reizvoll. Die Umsetzung ist in diesem Fall leider
wenig überzeugend. Es gibt einzelne Ideen, ein durchgehendes
Konzept wird hingegen vermisst. Es geschieht wenig, das das
Hinschauen wirklich lohnt. Die Kostüme sind zwar thematisch
passend, aber recht konventionell. Schwächen bei der Beleuchtung
tun ihr Übriges. Wirklich faszinierend sind die Künste von
Anatoli Zhukov. Ganz gleich, ob der Fakir Unmengen von Wasser
speit, sich seiner Fesseln aus Ketten entledigt oder riesige
Feuersäulen spuckt, diese Darbietung lässt Staunen.
Rebecca
Simoneit-Barum, Finale
Vor dem Finale
singt Rebecca Siemoneit-Barum Ausschnitte aus zwei Circusliedern,
bevor das gesamte Ensemble zum originell gestalteten Finale in
die Manege kommt. Darin wird das orientalische Motiv beim
gemeinsamen Tanz aller Mitwirkenden wieder aufgegriffen. Der
endgültige Abschied gehört Petit GouGou, wenn er mit gepacktem
Koffer von dannen zieht. |