Victor Giaccobo
Im
Gegenteil: er gibt dem Programm Kontur. Hinreißend gibt er den
liebenswerten Kiffer Fredi Hinz, der im Circus Arbeit findet und sich
in den Kopf setzt, eine Wal-Nummer einzustudieren. Daraus wird
selbstredend nichts, aber immerhin schafft er es, dem Kamel Suleika
die „klassische Hohe Schule des Trampeltiers“ beizubringen.
Zwischendurch findet Fredi noch Zeit, das Publikum zu einer
urkomischen La-Ola anzustacheln, gemeinsam mit
den Requisiteuren eine Revolution anzuzetteln und
mit einem nie enden wollenden Repertoire an
witzigen Sprüchen die Lachmuskeln der Zuschauer
zu reizen. Kein Wunder, dass er zum Ende des
Programms von der Familie Knie adoptiert wird.
Franco jun. und Franco,
Géraldine Katharina und Mary-José Knie
Selbige sorgt ein mal mehr für
erlesene Tierdressuren. Mary-Jose Knie führt je
fünf Guanakos und fünf weiße Lamas in die
Manege. Assistiert von Klaus-Dieter Schuknecht
formiert sie die Kleinkameliden zu wunderschönen
Figuren, wirkt aber leider etwas überfordert.
Franco und Franco Knie jr. präsentieren ihre
Elefanten dagegen souverän wie immer. Mein
tierisches Highlight: die zum Niederknieen
schönen Pferdedressuren von Fredy Knie jr. Je
fünf Friesen und fünf Palominos laufen schier
unglaubliche Figuren, denen selbst das geübte
Auge nur schwer folgen kann, formieren sich zu
Steigern und liegen ab. Wobei ein Pferd erst dann
bereit ist, sich vollends hinzulegen, als ihm der
kleine Ivan-Frederic ein Kissen hinlegt. Ebenso
wunderbar anzusehen, ist die Hohe Schule
geritten auf dem pechschwarzen Schulpferd Nino -
von Geraldine Knie, die von einem Geiger
eingeleitet wird.
Duo Jaster, Gvozdetskaya,
Sam und Sandra
Aber auch artistisch hat Knie
heuer einiges zu bieten: Schlicht perfekt
Musik, Kostüme & Choreographie - ist das
eindrucksvolle Diabolo-Ballett der sieben
freundlich lächelnden Chinesinnen aus Beijing.
Geradezu unglaublich sind die Ikarischen
Antipoden eines ebenfalls chinesischen Duos aus
Zhenjiang. Da genügt es nicht, dass der
männliche Part im Handstand befindlich -
seine Partnerin auf seinen Füßen balanciert,
nein, gleichzeitig balanciert sie mit Händen und
Füßen nach Art der Antipodisten - vier
Regenschirme. Wahnsinn!! Ebenfalls von
beeindruckender Perfektion ist die ambitionierte
Arbeit von Sam und Sandra am chinesischen Mast
wunderbar ausdrucksstark als
Vertical Tango vorgetragen und vom
Publikum frenetisch gefeiert. Die ebenfalls hochklassige
Armbrust- und Messerwerf-Show der Jasters wirkt
vergleichsweise bieder dagegen. Irritiert war ich
von der Stangenwurf Darbietung der Gvozdetskaya.
Im Programmheft als Hommage an Shakespeares
Romeo & Julia angekündigt,
arbeiteten sie statt dessen zu Techno-Musik in
sehr futuristischen Kostümen. Nur gut, dass die
Velez Brothers zum Schluss mit ihren furiosen
Todesradsprüngen noch mal für Stimmung sorgten. |