Les Saits,
Anatoli Joukov
Weniger schön anzusehen ist die Darbietung Anatoli Joukovs. Gewiss:
Der stämmige, ältere Herr mit der spindeldürren Assistentin zeigt eine
extreme Leistung: Vor seinem Auftritt trinkt er – O-Ton-Pressesprecher
Fuhrmann: „je nach Tagesform vier bis sechs Liter“ – Wasser und speit
dieses in der Manege wieder aus. Zwei Schalen auf Ständern nutzt er
dabei nur als unverbindliche Zielvorgabe; das meiste Wasser landet auf
dem Teppich. Anschließend legt er sich rücklings auf den Boden, die
Assistentin stellt sich auf seine ausgestreckten Hände und lässt
haushaltsübliche Küchenmesser – mit der Spitze nach unten! – auf seine
angespannte Bauchdecke fallen. Der Mann überlebt unverletzt.
Schließlich pumpt er drei Liter Petroleum in seinen Magen und tritt
dann nicht als gewöhnlicher Feuerspucker, sondern als eine Art
menschliche Fackel auf, wobei er seine Feuerbälle unerhört lange in
der Luft halten kann. Kein Zweifel: eine leistungsstarke Nummer, wie
wir sie noch nicht gesehen haben, die Gesprächsstoff liefert und wohl
die meisten Heimwegs-Gespräche nach dem Barum-Besuch beherrscht,
gewiss auch ein stets dankbares Presse-Thema abgibt. Aber: Das Ganze
ist nur schaurig und gar nicht schön. Uns gefiel die Nummer nicht.
Eine positive Überraschung bei Barum 2006 sind dagegen die
Comedy-Illusionen von „Les Saits“. Gerd Siemoneits Sohn Maximilian
gibt den seriösen Illusionisten, David Paschke – Spross von
Tourneeleiter Wolfgang Paschke – seinen schusseligen Gegenpart, und
beide buhlen in schwarzen Fräcken und mit Zylinder um die hübsche
Assistenten im goldenen Kleid – im echten Leben übrigens Max
Siemoneits Freundin, Rosita Berossini. Vor einem Jahr assistierte sie
noch ihrem Schwager Jarda Ross in dessen Magic-Show, ebenfalls im
Barum-Zelt. „Les Saits“ entführen in die Goldenen 20er, tanzen den
Charleston, haben den Swing – und das fabelhafte Barum-Orchester
swingt kräftig mit. „Les Saits“ lassen ihr Publikum staunen, wenn
Rosita der säbel-durchbohrten Kiste unversehrt entsteigt, und sie sind
herrlich komisch, wenn das weiße Kaninchen zum falschen Zeitpunkt am
falschen Ort auftaucht – ein wahrlich zauberhafter Circus-Spaß. Der
Name „Les Saits“ soll sich übrigens an das tschechische Wort für Hase
anlehnen – der tragenden Rolle des weißen Kaninchens wegen.
Elaine Courtney,
Alexander Lacey, Truppe Ignatov
Das
Weitere ist bekannt: Rebecca Siemoneit-Barum präsentiert eine witzige,
kleine Dressur mit einem Pony und drei Hunden; ihr Mann Pierre Bauer
repariert weiterhin zweimal am Tag die Notbeleuchtung unter dem
Zeltdach, ehe er seine Artistik am schwankenden Mast zeigt; Elaine
Courtney stürzt sich am Schwungseil kopfüber in die Tiefe, das
Clownsduo Grigorescu erfreut mit seiner harmlos-amüsanten
Musikalkomödie, Mirko und Krzysztof zeigen das übliche Repertoire
einer Todesrad-Darbietung und Alexander Lacey die wohl beste gemischte
Raubtierdressur, die es derzeit gibt. Den Schlusspunkt setzt die
Truppe Ignatov mit ihren Salti von Pferd zu Pferd. |