Den
Besuchern verspricht er „saubere Schuhe“ auch nach dem Tierschaubesuch
(„Wir haben Wege für Sie gebaut“). Dann erklärt er sein
Unternehmen zum „zweitgrößten Circus in Deutschland“ mit dem „höchsten
Circuszelt der Welt“ – wobei in der Riesenkuppel aber nichts passiert:
Luftartistik gibt es zurzeit bei Barelli nicht, und das Bühnenpodest,
das sonst für die Tiernummern unters Zeltdach gezogen wird, stand
wegen der schwierigen Platzverhältnisse draußen auf dem Tieflader.
Damit fehlte in Crailsheim ausgerechnet jenes Requisit, das den ganz
speziellen Pomp Marke Spindler symbolisiert.
Timmy Barelli
Aus
gesundheitlichen Gründen beschränkte sich zudem Komiker Timmy Barelli
auf einen Auftritt, und zwar in seiner Version von „Musizieren ist
hier verboten“. Er hat bei Starclown Fumagalli offenbar gut studiert,
wie man Lacherfolge erzielt, aber auch seinen eigen Stil gefunden,
gibt also einen ziemlich arroganten und flegelhaften Kerl mit Schalk
im Nacken und kommt damit bestens an. Als Ersatzkomiker eröffnete
übrigens der Gitarrist des Barelli-Orchesters die Vorstellung mit dem
Glockenspiel und zeigte später noch eine Reprise; die
Kraftakrobaten-Comedy „Alte Kameraden“ fiel aus. Trotz aller
Widrigkeiten: Das Publikum der Crailsheimer Abendpremiere im fast
vollen Zelt war begeistert und später, beim kurz gehaltenen Finale
ohne die früheren Inszenierungseinfälle und -anleihen, entlud sich die
gute Stimmung in donnerndem Applaus, Jubel und Fußgetrampel.
Franz Barelli, Ramona Barelli mit
Tänzerin
Dabei ist Barelli mit etwas ganz
Klassischem erfolgreich: Pferdetheater in allen
Variationen. Den Auftakt macht Salima Folco mit
Stehendreiterei und einer Art Ungarischer Post,
bei der sie aber keine Bänder von den
Pferderücken aufnimmt. Die Nummer hat sich stark
verbessert: Nun laufen vier weiße Araber unter
Salima Folco durch, während diese auf zwei
schwarzen Friesen stehend reitet, und weiter vor
der Reiterin her. Die Nummer ist nicht mehr im
Herr der Ringe-Stil inszeniert,
sondern zur bekannten Winnetou-Musik tanzen
Indianer durch die Manege, und Salima Folco gibt
die Squaw. Später hat Rolina Barelli erhebliche
Mühe, den Achterzug weißer und brauner Araber
in geordnete Bahnen zu lenken. Schön inszeniert
ist die Hohe Schule von Ramona Barelli, die von
einer Flamencotänzerin begleitet wird.
Höhepunkt der hauseigenen Tiernummern ist aber
der große Pferdeblock im zweiten Teil, den an
diesem Abend Junior Franz Barelli präsentierte:
zunächst die Freiheit mit zwölf (!) Friesen,
dann ein Groß und Klein und mehrere Da Capos mit
vier Steigern und anderen interessanten Tricks.
Hier wuchert Barelli am effektvollsten mit seinem
größten Pfund: dem Orchester (auch wenn es auf
acht Musiker verkleinert wurde und die beiden
Sänger nicht mehr dabei sind). Die Musiker
sorgen für die Tempo- und Stimmungswechsel
zwischen Ruhe und Eleganz sowie Feuer und
fiebernder Rasanz, deretwegen die Nummer so
umjubelt wird. Das Tierprogramm komplettieren
Franz Barelli mit einem temporeichen Achterzug
Dromedare und Altmeister Karoly Donnert mit
seinen Tigern, in den zwei besuchten
Vorstellungen in Künzelsau und Crailsheim aber
ohne seinen Tiger zu Pferd.
Gina
Giovannis, Kathy Donnert
Nur drei Künstler bestreiten bei
Barelli zurzeit das artistische Angebot
aber dafür sind diese umso besser. Gina
Giovannis glänzt auf dem Drahtseil unter anderem
mit dem Sprung durch einen papierbespannten
Reifen und später im Hand- und Kopfstand auf dem
schwarzen Zylinder. Ein Glanzlicht
ist die Antipoden-Nummer von Kathy Donnert, die
bis zu fünf weiße Bälle mit Händen und
Füßen jongliert. Der Clou und ein witziger
Effekt: Unter dem Requisit versteckt sich ein
Partner hinter weißen Stoffstreifen und reicht,
stets im richtigen Augenblick, die benötigten
Bälle. Nur seine Arme sind zu sehen. Für die
Schlussnummer sorgt der Ungar Lajos Nereus.
Elegant mit Krawatte und Weste, mit viel
Ausstrahlung und noch mehr Können jongliert er
Bälle, Ringe, Keulen mit hohem Tempo und
ungewöhnlich vielen Requisiten, zum Beispiel bis
zu zehn Ringen. |