CHPITEAU.DE

Cirkus Arena - Tour 2006
www.arena.dk ; 35 Showfotos

Nijmegen, 15. Oktober 2006: „Nordens störste Cirkus“ prangt auf den schmucken, gelb-rot gestrichenen Wagen des dänischen Cirkus Arena. Betrachtet man zunächst nur das Material, ist man geneigt zuzustimmen: Fuhrpark, Zeltanlagen und technisches Equipment sind wirklich auf allerhöchstem Niveau. Die Zusammenstellung des aktuellen Programms „Circus unter Wasser“, mit dem Arena zurzeit durch Holland tourt, kann dieses Niveau dann aber leider nicht ganz halten. Es ist vor allem der artistische Teil, der enttäuscht. Lediglich der Bulgare Encho Karyzov mit kraftstrotzender Equilibristik ragt wirklich hervor.


Encho Keryazov, Merrylu Casselly, Sandros

Überzeugt hat mich auch Merrylu Casselly: Ausdrucksstark und voller Charme präsentiert sie als Meerjungfrau eine ansprechende Kontorsionsnummer, die sie mit einem einarmigen Handstand krönt. Die Sandros mit Rola-Rola und Rollschuhartistik arbeiten zwar sehr solide, das gewisse Etwas fehlt ihnen aber genauso wie Jorge Cardinali auf der freistehenden Leiter. Für ein Unternehmen dieser Größenordnung, das Zelt fasst immerhin 1700 Zuschauer, ist es außerdem enttäuschend, dass weder eine größere Truppe noch eine Luftnummer das Programm verstärkt. Und so ist es Magier Peter Valance vorbehalten, mit seinem Entfesslungstrick unter Wasser wenigstens für etwas Nervenkitzel zu sorgen.


René und Alexia Casselly, Cardinali

Absoluter Höhepunkt des Programms ist aber zweifelsfrei die kombinierte Elefanten- und Pferdedressur von Alexia und Rene Casselly. Vier weiße Araberhengste und vier afrikanische Elefanten bilden unter der Peitschenführung von Rene Casselly eine verblüffend harmonische Einheit, deren Trickfolge zurzeit einzigartig sein dürfte. Besonders beeindruckend, wenn Pferde und Elefanten parallel steigen bzw. hoch sitzen. Weitere Pferdestärken gibt es bereits zu Beginn der Show. In einem wunderbaren Schaubild präsentiert Direktionstochter Suzanne Berdino gemeinsam mit ihren Kindern und der Familie Casselly hippologische Kostbarkeiten aus dem Arena-Marstall (dreifache Hohe Schule, Sechserzug Friesen, drei Da capo-Araber). Als Highlight lässt Alexia Casselly gar ein Pferd Seilspringen. Höchst liebenswert ist auch die Seelöwennummer der Cardinalis im zweiten Programmteil „unter Wasser“.


Clown Bonbon, Duett Blues

Insgesamt bleibt aber auch die Inszenierung der Wassershow leicht hinter den Erwartungen zurück. Trotz technisch perfekter Umsetzung und einiger witziger Einfälle (Taucher als Nummerngirl) bleibt die Wassermanege ohne wirkliche Bindung zum Programm und kommt so nicht über den Status einer technischen Spielerei hinaus. Wie überhaupt das gesamte Programm – trotz Livemusik - etwas distanziert wirkt, was aber daran liegen mag, dass das Publikum in der von mir besuchten Vorstellung außerordentlich dröge war. Und so gelang es nicht mal Clown Bonbon eine Verbindung zum Publikum herzustellen. Dabei sind seine Reprisen, allen voran das Badminton-Spiel sowie der originelle Schildkröten-Rap, wirklich witzig. Nicht besser erging es an jenem Nachmittag den russischen Komikern „Duett Blues“, deren Reprisen zwar verdächtig an Jigalov und Szaba erinnern, aber trotzdem Spaß machen.

Bei aller Kritik: Arena zeigt niveauvollen, traditionellen Circus, der in Sachen Licht, Ton und Material in der Moderne angekommen ist. Auffällig ist allerdings die Diskrepanz von top-modernem Material und bloß solidem Programm.

__________________________________________________________________________
Text: Sven Rindfleisch; Fotos: Sven Rindfleisch und Cirkus Arena