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American Circus - Tour 2006
www.american-circus.com

Mailand, 29. Dezember 2005: „Bellissimo“ heißt die neue Show des American Circus der Familie Togni, mit der sie seit November 2005 durch Norditalien reist und über den Jahreswechsel in Milano gastierte. Nun ist so eine Titelwahl immer gewagt, doch um es vorwegzunehmen: diese Show in drei Manegen ist einfach „bellissimo“. Statt der üblichen Anfangsparade begann die Vorstellung heuer mit einer kleinen Geschichte: Ein Mädchen betrat die dunkle, scheinbar leere Manege und entdeckte nach und nach zwei- und vierbeinige Artisten.

Die so zum Leben erweckten Artisten werden daraufhin Teil einer wirkungsvollen Eröffnungsnummer, bei der Artisten und Ballett alle drei Manegen füllten. Die erste Hälfte der Show stand ganz im Zeichen der Pferde: Nach einer kurzen Voltigiernummer mit Dayana Togni zeigte Flavio Togni eine Ponydressur, die von der Reitergruppe Alex mit ihrer Menschenpyramide zu Pferd und anderen Jockeytricks abgelöst wurde. Auch die bekannten Freiheitsdressuren (wenn auch nur mit jeweils fünf, bzw. sieben Tieren) in drei Manegen mit Flavio, Daniele und Cristina Togni wurden im ersten Teil gezeigt. Großen Eindruck machten dabei vor allem Cristinas Schimmel, die von Nebelschwaden umhüllt in der Manege auftauchten und scheinbar frei miteinander agierten, bis Cristina die Manege betrat und die Dressur begann. Noch spektakulärer wirkte die Inszenierung von Flavio Tognis elf ‚mythologischen’ Elefanten mit teilweise über zwanzig Tänzerinnen in der Manege und auf den Dickhäutern, bei der Flavio zeitweilig die Manege verließ und vom Parkett aus seine Elefanten dirigierte.


Truppe Alex


David Vassallo, Tonya Cararelli und Equilibrist

Der zweite Teil des Programms begann mit fünf von Flavio Tognis verschiedenfarbigen Tigern, bevor die vier Gibadulins mit ihrer perfekten und sympathisch präsentierten Jonglage auftraten. Wie auch die Schleuderbretttruppe Palazovi sind sie schon längere Zeit bei Americano engagiert. Die Hohe Schule der Familie Togni wurde zu sechst präsentiert: perfekt wie immer und sehr effektvoll vorgeführt in dem offenen Manegenoval; begleitet von Flamenco-Rhythmen und Tänzern. Eines der stimmungsvollsten Bilder der Show war die abschließende Handstandequilibristik-Nummer in einem manegengroßen Springbrunnen, die unter dem Gesang Tonya Cardarellis in das große, wirklich eindrucksvolle Finale überleitete. Auf die traditionellen Reprisenclowns wurde verzichtet und statt dessen die Familie Vassallo mit drei guten Clownnummern engagiert. Clown Davis entpuppte sich schnell als Publikumsliebling. Wirklich neu schienen mir zudem vor allem die Eröffnungs- und Schlussnummern, sowie die Zwischeneinlagen des Balletts. Gerade hier schafft es Americano, die wichtigen „ersten“ und „letzten“ Eindrücke optimal für sich zu nutzen und zeigt mit seinem Ballett, dass man dieses sehr wohl modern und eindrucksvoll zum Füllen aller drei Manegen einsetzen kann, ohne dass das Publikum dabei gelangweilt abdriftet.

Bei aller Hochwertigkeit der einzelnen Tiernummern und artistischen Darbietungen ist es die Sorgfalt mit der Artistik, Zwischennummern, Schaubilder und Kostüme zu einem überzeugenden Gesamteindruck kombiniert werden und die diese Produktion wirklich eindrucksvoll machen. Einziges Manko war das fehlende Orchester, was bei dem sonstigen Personalaufwand einerseits und der moderaten, familienfreundlichen Preispolitik dieses Circus andererseits aber durchaus verziehen werden kann. So bleibt nur noch zu hoffen, dass auch die deutschen Circusbesucher irgendwann diese wunderschöne Show zu Gesicht bekommen.

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Text: R. I.; Fotos:
American Circus